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  • · Fachbeitrag · Buchführung und Bilanzierung

    Wissens-Update zur Anwendung der „neuen“ GoBD mit den Erfahrungen aus der Betriebsprüfung

    von Dipl.-Finw. Tobias Teutemacher, Greven

    | Mittlerweile sind die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (kurz: GoBD) nicht mehr ganz neu. Mit BMF-Schreiben vom 14.11.14 (IV A 4 - S 0316/13/10003 , BStBl I, 1450) wurden diese bekannt gegeben. Seit dem 1.1.15 bzw. für alle steuerlichen Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.14 beginnen, sind die „neuen“ GoBD bereits gültig. In dem folgenden Wissens-Update werden noch einmal die wichtigsten Punkte zusammengefasst und mit Erfahrungen aus der Betriebsprüfung angereichert. |

    1. Hintergrund

    Durch die GoBD tritt keine Änderung der materiellen Rechtslage bzw. der bis dato geltenden Verwaltungsauffassung ein. Die bisherigen BMF-Schreiben zu den „Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS)“ und zu den „Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)“ sowie die FAQ zum Datenzugriff wurden zusammengefasst, aktualisiert und den technischen Entwicklungen entsprechend angepasst. Grundsätzlich sind an BMF-Schreiben nur die Finanzverwaltungen gebunden. Aber in der Praxis sind sie dennoch von Bedeutung, denn gerade bei der Frage, ob eine Buchführung ordnungsgemäß geführt wurde, werden die dort niedergelegten Maßstäbe als verbindlich angesehen.

     

    PRAXISHINWEIS | Gerade nach dem BFH-Urteil vom 25.3.15 (X R 20/13, BStBl II, 743) können Fehler bei der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auch Auswirkungen auf die materielle Ordnungsmäßigkeit haben, was dazu führt, dass die Finanzverwaltung eine Zuschätzungsbefugnis dem Grunde nach erhält.

     

    2. Betroffene und Verantwortliche

    Die GoBD gelten sowohl für Buchführungspflichtige als auch für Unternehmer, die freiwillig Bücher führen und diese Abschlüsse dann der Besteuerung zugrunde legen. Auch Unternehmer, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, sind davon betroffen, den auch für diesen Personenkreis gelten die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsvorschriften der §§ 145 bis 147 AO sowie des § 22 UStG i. V. m. §§ 65 bis 68 UStDV.

     

    PRAXISHINWEIS | Sowohl in der AO als auch in den GoBD spricht man im Zusammenhang mit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG von Aufzeichnungen, die diese Unternehmer führen müssen.

     

    Darüber hinaus gelten die GoBD für alle Betriebsgrößenklassen und für alle Unternehmensbereiche, in denen betriebliche Abläufe durch sogenannte vorgelagerte Systeme (= Datenverarbeitungssysteme) für die Erfassung und Dokumentation von steuerlichen und außersteuerlichen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eingesetzt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Freiwillig geführte Aufzeichnungen bzw. DV-Systeme, in denen keine steuerlich relevanten Sachverhalte aufgezeichnet werden, unterliegen nicht den GoBD.

     

    Für die Einhaltung der Ordnungsmäßigkeit der DV-gestützten/elektronischen Buchführung und sonst erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen, einschließlich der eingesetzten Verfahren, ist allein der Steuerpflichtige (der Unternehmer, der Geschäftsführer bzw. der Vorstand bei KapGes) verantwortlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Buchführungs- und Aufzeichnungsaufgaben auf Dritte (z. B. Steuerberater, Rechenzentrum) teilweise oder vollständig organisatorisch und technisch übertragen werden.

    3. Handelsrechtliche GoBD als Basis

    Die GoBD basieren auf den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Über die „abgeleitete Buchführungspflicht“ (§ 140 AO) gelten die handelsrechtlichen GoBD auch für die steuerliche Buchführung.

     

    Ausgangspunkt einer jeden Buchführung bzw. Aufzeichnung ist immer ein Geschäftsvorfall. Geschäftsvorfälle i. S. der GoBD sind alle rechtlichen und wirtschaftlichen Vorgänge, die innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts den Gewinn bzw. Verlust oder die Vermögenszusammensetzung (z. B. Veränderungen beim Anlage- und Umlaufvermögen sowie beim Eigen- und Fremdkapital) in einem Unternehmen dokumentieren, beeinflussen oder verändern.

     

    Geschäftsvorfälle müssen laufend in einer Grund(buch)aufzeichnung oder in einem Grundbuch erfasst werden, um die Belegsicherung und die Unverlierbarkeit des Geschäftsvorfalls zu sichern.

     

    PRAXISHINWEIS | Führt eine fehlerhafte Organisation und ihre mangelhafte Durchführung dazu, dass Geschäftsvorfälle verloren gehen, führt dies zu einem Verlust des Vertrauensvorschusses i. S. d. § 158 AO (= Beweiskraft der Buchführung), weil Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung nicht mehr gegeben sind!

     

    4. Aufzeichnungs- und Ordnungsvorschriften

    Die seit Jahrzehnten geltenden Ordnungsvorschriften der §§ 145 bis 147 AO sind auch im Zeitalter der DV-Systeme von maßgebender Bedeutung.

    In dem BMF-Scheiben zu den GoBD werden die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der vorgenannten Grundsätze bei Büchern und Aufzeichnungen in elektronischer Form konkret beschrieben.

     

    PRAXISHINWEIS | Niemand kann durch die GoBD gezwungen werden, seine Buchführung digital, mit modernsten DV-Systemen, zu führen.

     

    Beispiel: Ein Betrieb mit überwiegenden Bargeschäften kann weiterhin eine „offene Ladenkasse“ führen. Eine Registrierkassenpflicht ist zurzeit nicht vorgesehen!

     

    Die laufende Erfassung der Geschäftsvorfälle in Grund(buch)aufzeichnungen sorgt dafür, dass diese nicht längere Zeit in der Schwebe gehalten werden. Ansonsten eröffnet sich die Möglichkeit einer unerlaubten Korrektur.

     

    Die Ausgangsfrage, die sich jeder Unternehmer/jedes Unternehmen stellen muss, lautet: „Nach welcher Vorschrift bin ich/sind wir verpflichtet, Bücher oder Aufzeichnungen zu führen?“

     

    Bilanzierer müssen sich an alle Ordnungsvorschriften halten. Bei der Gewinn-ermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gelten nicht alle Aufzeichnungspflichten. Maßgebende Vorschrift ist § 146 AO, denn diese gibt Auskunft darüber, wie Buchführungen und Aufzeichnungen beschaffen sein müssen:

     

    • § 146 AO „Ordnungsvorschriften für die Buchführung und Aufzeichnungen“

    Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden.

     

    4.1 Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit

    Die Buchführung bzw. die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten (insbesondere dem Prüfer des FA) innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln können (§ 145 AO). Die Buchungen und sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen durch einen Beleg nachgewiesen sein bzw. nachgewiesen werden können.

     

    Der Begriff der ordnungsmäßigen Buchführung setzt weiter voraus, dass die geschäftlichen Unterlagen nicht planlos gesammelt und aufbewahrt werden. Denn das würde mit zunehmender Zahl und Verschiedenartigkeit der Geschäftsvorfälle zur Unübersichtlichkeit der Buchführung führen, einen jederzeitigen Abschluss unangemessen erschweren und die Gefahr erhöhen, dass Unterlagen verloren gehen oder später leicht aus dem Buchführungswerk entfernt werden können. Hieraus folgt, dass die Bücher und Aufzeichnungen nach bestimmten Ordnungsprinzipien geführt werden müssen und eine Sammlung und Aufbewahrung der Belege notwendig sind. So ist im Rahmen des Möglichen gewährleistet, dass die Geschäftsvorfälle leicht identifizierbar und für einen die Lage des Vermögens darstellenden Abschluss unverlierbar sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Ist eine Buchführung bzw. sind Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar, verliert/verlieren sie ihre Beweiskraft nach § 158 AO. In diesem Fällen besteht eine Schätzungsbefugnis für das FA.

     

    4.2 Grundsatz der Vollständigkeit

    Die Geschäftsvorfälle sind vollzählig und lückenlos aufzuzeichnen. Dies gilt auch für Bareinnahmen, der Umstand der sofortigen Bezahlung rechtfertigt keine Ausnahme von diesem Grundsatz.

     

    Keine Einzelaufzeichnungspflicht besteht, wenn Waren von geringem Wert (im Centbereich) an eine Vielzahl von unbekannten Kunden verkauft werden und Einzelaufzeichnungen nicht zumutbar sind. In allen anderen Fällen besteht eine Einzelaufzeichnungspflicht, insbesondere beim Vorliegen folgender Voraussetzungen:

     

    • Dienstleistungen,
    • Waren mit Verkaufspreisen über dem „Centbereich“,
    • nur wenige Kunden,
    • bekannte Kunden (Kundendatei),
    • allgemein gegebene Zumutbarkeit
    • geregeltes Nacheinander der Geschäftsvorfälle.

     

    4.2.1 Unbare Geschäftsvorfälle

    Bei unbaren Geschäftsvorfällen ist die Einzelaufzeichnungspflicht in der Regel immer gegeben, da auf den Kontoauszügen der Geschäftskonten alle Geschäftsvorfälle einzeln aufgezeichnet sind und so auch gebucht werden.

     

    4.2.2 Bare Geschäftsvorfälle

    Die Einzelaufzeichnungspflicht ist ab 1.1.17 entsprechend dem BMF-Schreiben vom 26.11.10 (IV A 4 - S 0316/08/10004-0, BStBl I, 1342) nur durch Nutzung von EDV-Registrierkassen mit Einzelaufzeichnungen oder PC-Kassensystemen erfüllbar. Ausnahme: „Offene Ladenkasseg“.

     

    Beachten Sie | Bei der offenen Ladenkasse ist die Befreiung von der Einzelaufzeichnung der baren Geschäftsvorfälle beschränkt. Es besteht kein Wahlrecht. Sind die Einzelaufzeichnungen zumutbar und auch praktikabel, müssen sie auch durchgeführt werden, d. h., nicht jeder, der eine offene Ladenkasse führt (mit retrograd aufgebauten Kassenbericht), ist dazu auch berechtigt.

     

    4.2.3 Identitätsnachweis

    Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Handelsgeschäfts in einem Umfang, der eine Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Das bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens oder der Firma und der Anschrift des Vertragspartners (Identität).

     

    Mit BMF-Schreiben vom 5.4.04 (IV D 2-S 0315-9/04) wurde festgelegt, dass von der Zumutbarkeit von Einzelaufzeichnungen über die Identität bei einer Annahme von Bargeld im Wert von 15.000 EUR und mehr auszugehen ist. Außersteuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bleiben insoweit unberührt.

     

    PRAXISHINWEIS | Vorgenannte Regelung wurde durch BMF-Schreiben zur Anwendung von BMF-Schreiben vom 14.3.16 für Steuertatbestände, die nach dem 31.12.14 verwirklicht werden, aufgehoben, d. h., ab dem 1.1.15 muss die Identität auch bei Beträgen unterhalb von 15.000 EUR angegeben werden!

     

    4.3 Richtigkeit

    Eine Buchführung ist ordnungsgemäß, wenn sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 145 Abs. 1 AO). Die Buchungen und die sonstigen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet sein (§ 146 Abs. 1 S. 1 AO). Dazu gehört die Sammlung von Belegen, mit denen die einzelnen Geschäftsvorfälle dokumentiert werden. Jede Buchung muss zwingend im Zusammenhang mit einem Beleg stehen.

     

    Die Geschäftsvorfälle sind in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften inhaltlich zutreffend durch Belege abzubilden, der Wahrheit entsprechend aufzuzeichnen und bei kontenmäßiger Abbildung zutreffend zu kontieren.

     

    4.4 Grundsatz der Zeitgerechtheit

    Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erfordert, dass der Kaufmann sämtliche Geschäftsvorfälle so zeitnah wie möglich festhält.

     

    Das Handelsrecht und das Steuerrecht schreiben zwar den Zeitraum, innerhalb dessen die laufenden Buchungen vorzunehmen sind, nicht im Sinne einer nach Kalendertagen bemessenen Frist vor. Der Zeitraum zwischen Geschäftsvorfall und seiner Verbuchung ergibt sich aber aus den nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB zu beachtenden „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“. Nach diesen Grundsätzen erfordert eine ordnungsmäßige Buchführung die fortlaufende, unverzügliche Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle in einer Grundaufzeichnung oder in einem Grundbuch (Journal).

     

    4.4.1 Unbare Geschäftsvorfälle

     

    PRAXISHINWEIS | Begriffserläuterung: Wenn in den GoBD von Erfassung geschrieben wird, ist meist die Erfassung in den Grundaufzeichnungen (Aufzeichnung) gemeint. Wenn dort von Erfassung in den Büchern geschrieben wird, ist das Buchen gemeint.

     

    Eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn Tagen ist unbedenklich. Länger als etwa zehn Tage darf ein Geschäftsvorfall jedoch grundsätzlich grundbuchmäßig nicht unerfasst bleiben.

     

    4.4.2 Bare Geschäftsvorfälle

    Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen (faktisch = müssen) täglich festgehalten werden. „Täglich“ ist dabei so zu verstehen, dass nach Geschäftsschluss die Einnahmen zu erfassen sind, d. h., in Grund(buch)aufzeichnungen einzutragen sind.

     

    • Beispiel

    Der Betreiber einer Diskothek, die am Sonntagmorgen um 4:00 Uhr schließt, muss anschließend seine Kasseneinnahmen und Kassenausgaben in einem Kassenbuch (auch in Form aneinandergereihter Kassenberichte) festhalten.

     

    4.4.3 Kontokorrent

    Es ist nicht zu beanstanden, wenn Waren- und Kostenrechnungen, die innerhalb von acht Tagen nach Rechnungseingang oder innerhalb der ihrem gewöhnlichen Durchlauf durch den Betrieb entsprechenden Zeit beglichen werden, kontokorrentmäßig nicht erfasst werden.

     

    4.4.4 Periodische Buchführung

    Werden bei der Erstellung der Bücher Geschäftsvorfälle nicht laufend, sondern nur periodenweise gebucht bzw. den Büchern vergleichbare Aufzeichnungen der Nichtbuchführungspflichtigen nicht laufend, sondern nur periodenweise erstellt, dann ist dies unter folgenden Voraussetzungen nicht zu beanstanden:

     

    • Die Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle eines Monats erfolgt bis zum Ablauf des folgenden Monats in den Büchern bzw. den Büchern vergleichbare Aufzeichnungen der Nichtbuchführungspflichtigen, und

     

    • durch organisatorische Vorkehrungen ist sichergestellt, dass die Unterlagen bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen, z. B. durch laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen, durch Ablage in besonderen Mappen und Ordnern oder durch elektronische Grund(buch)-aufzeichnungen in Kassensystemen, Warenwirtschaftssystemen, Fakturierungssystemen etc.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der §§ 145 bis 147 AO sind nicht mit den Fristen zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung (§ 18 UStG) verknüpft! Die Aufzeichnungspflichten gem. § 22 UStG und §§ 63 ff. UStDV gelten unabhängig von den Regelungen zum Besteuerungsverfahren und zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 UStG)!

     

    Für die Praxis ergibt sich bei USt-Monatszahlern mit Dauerfristverlängerung, Quartalszahlern, Quartalsbuchungen und Jahresbuchungen in der Regel das Problem, dass nicht bis zum Ablauf des Folgemonats die baren und unbaren Geschäftsvorfälle gebucht werden. Dies stellt einen formellen Mangel in der Buchführung dar. Die Finanzverwaltung wird deshalb in der Regel die Buchführung nicht verwerfen, wenn

     

    • ansonsten keinerlei Beanstandungen in der Buchführung/den Aufzeichnungen festgestellt werden,

     

    • bei Bilanzieren zeitnah (bare Geschäftsvorfälle täglich, unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen) die Belegsicherung durch Grund(buch)aufzeichnungen erfolgt, die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit der Geschäftsvorfälle im Einzelfall gewährleistet ist sowie zeitnah eine Zuordnung (Kontierung, mindestens aber Zuordnung betrieblich/privat, Ordnungskriterium für die Ablage) vorgenommen wurde und

     

    • bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung die Erfassung in den Grundaufzeichnungen (bare Geschäftsvorfälle täglich, unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen) zeitnah erfolgt.
     

    4.5 Grundsatz der Unveränderbarkeit

    Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.

     

    Das früher bei der Papierbuchführung geltende Radierverbot und auch Rasierverbot gilt im übertragenen Sinn auch für Datenlöschungen und -veränderungen in DV-Systemen. Veränderungen und Löschungen von und an elektronischen Buchungen oder Aufzeichnungen müssen daher so protokolliert werden, dass die Voraussetzungen des § 146 Abs. 4 AO bzw. § 239 Abs. 3 HGB bzw. erfüllt sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Unveränderbarkeit bedeutet nicht, dass keine Änderungen bzw. Stornierungen mehr zulässig sind, sondern dass diese (in den DV-Systemen) erkennbar sind.

     

    Unzulässige Vorgänge sind:

     

    • Elektronische Grund(buch)aufzeichnungen aus einem Kassen- oder Warenwirtschaftssystem werden über eine Datenschnittstelle in ein Office-Programm exportiert, dort unprotokolliert editiert und anschließend über eine Datenschnittstelle reimportiert.

     

    • Vorerfassungen, Stapelbuchungen werden bis zur Erstellung des Jahresabschlusses und darüber hinaus offengehalten. Alle Eingaben können daher unprotokolliert geändert werden.

     

    Stichwort Festschreibung: Als Zeitpunkt der Buchung ist der Zeitpunkt anzusehen, in dem die Unveränderbarkeit nach § 146 Abs. 4 AO gewährleistet wird. Bei den Buchführungen, die mithilfe eines DV-Systems erstellt werden (z. B. DATEV, Agenda, Lexware etc.), ist dies der Zeitpunkt der Festschreibung, d. h., bei einer nicht festgeschriebenen Buchführung ist somit nie gebucht worden!

     

    PRAXISHINWEIS | Im Rahmen von Betriebsprüfungen erhalten die Prüfer die Daten im Wege der Datenträgerüberlassung (Z3-Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO). Aus diesen Daten lässt sich bei einigen Buchführungssystemen das Datum der Festschreibung erkennen.

     

    5. Belegwesen

    Die Belegfunktion ist Grundvoraussetzung für die Beweiskraft der Buchführung und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen. Dies beinhaltet, dass jeder Geschäftsvorfall durch einen Beleg nachgewiesen werden muss. Fehlt es an einem Fremdbeleg, muss zwingend ein Eigenbeleg erstellt werden, z. B. bei Privatentnahmen und Privateinlagen aus bzw. in die Barkasse.

     

    5.1 Kontierung auf dem Beleg

    In der Praxis wird vielfach die Frage gestellt: Muss auf den Belegen noch kontiert werden? Die GoBD äußern sich hierzu eindeutig. Empfangene und abgesandte Handelsbriefe erhalten erst mit dem Kontierungsvermerk und der Verbuchung die Funktion eines Buchungsbelegs.

     

    Auf Papierbelegen sind zur Erfüllung der Belegfunktion deshalb Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum erforderlich. Bei einem elektronischen Beleg kann dies auch durch die Verbindung mit einem Datensatz mit Angaben zur Kontierung oder durch eine elektronische Verknüpfung (z. B. eindeutiger Index, Barcode, QR-Code etc.) erfolgen. Gerade bei elektronischen Belegen ist es deshalb erforderlich, dass aus der Verfahrensdokumentation eindeutig erkennbar ist, wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.

     

    5.2 Fehlende Angaben auf den Belegen

    Sind keine Angaben auf den Belegen, muss der Steuerpflichtige durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Geschäftsvorfälle auch ohne Angaben auf den Belegen in angemessener Zeit progressiv und retrograd nachprüfbar sind.

     

    Voraussetzungen:

     

    • kein umfangreicher Beleganfall,
    • unbare Geschäftsvorfälle,
    • monatlicher Kontoauszug,
    • Ablage Kontoauszug/Belegablage,
    • keine Ablage nach Buchstaben/Kreditoren und
    • die Belegnummer entspricht der Kontoauszugsnummer (mit Angabe der Blattnummer).

     

    5.3 Geordnete Belegablage

    Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten und übersichtlichen Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen, § 239 Abs. 4 S. 1 HGB, § 145 Abs. 5 AO. Nicht jede Belegablage erfüllt jedoch die Anforderung an eine geordnete und übersichtliche Belegablage im Sinne der BFH-Rechtsprechung.

     

    • Hier einige Beispiele für eine unzureichende Belegablage
    • Die Belege werden zwar hinter die Bankauszüge als möglichen Grundbuchersatz geheftet, die Umsatzzahlen der Kontoauszüge werden aber nicht mit erläuterndem Text und nicht mit einem Beleghinweis versehen (BFH 16.9.64, BStBl III, 654) oder liegen nicht in regelmäßigen Zeitabständen von einem Monat vor (BMF 15.12.81, IV B 4 - S 2163 - 63/814 zur Buchführung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben).

     

    • Ein Kontokorrentbuch wird zwar in Form einer Offene-Posten-Buchhaltung geführt, erfüllt aber nicht die entsprechenden Anforderungen (BFH 2.10.68, I R 8/66, BStBl II 69, 157).
    • Bei einer OHG mit mindestens 3.000 Rechnungen im Monat werden zahlreiche Krediteinkäufe erstmals nach vier Wochen wie Bargeschäfte buchmäßig erfasst (BFH 26.3.68, BStBl II 68, 527).

     

    • Die Belege werden lose und ungeordnet in einem Schuhkarton oder in einem Wäschekorb aufbewahrt und in dieser Form - nach frühestens einem Monat - an den Steuerberater übergeben oder selbst gebucht.

     

    • Die Belege werden durch den Unternehmer zwar täglich in Gitterkörben abgeworfen oder in besonderen Mappen aufbewahrt, aber nicht fortlaufend nummeriert, nicht in handschriftlichen Listen oder auf Additionsstreifen erfasst und nur einmal monatlich gelocht und dann auf einer Heftlasche an den Steuerberater übergeben oder selbst gebucht.

     

    • Die Ausgangsrechnungen werden bei einem Nichtbuchführungspflichtigen, der den Aufzeichnungspflichten gem. § 22 UStG unterliegt, zwar zeitnah und chronologisch nach dem Tag des Geldeingangs in einem Stehordner abgeheftet, aber ohne laufende Nummerierung der Belege und ohne Zusammenstellung (z. B. keine handschriftlichen Listen, keine Additionsstreifen oder sonstigen Zusammenstellungen) (BFH 16.2.06, X B 57/05, BFH/NV 06, 940 und BFH 2.9.08, V B 4/08).
     

    5.4 Belegsicherung

    Papierbelege oder Belege in elektronischer Form sind zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar nach Eingang oder Entstehung, gegen Verlust zu sichern.

     

    Bei Papierbelegen geschieht dies durch

     

    • laufende Nummerierung der ein- und ausgehenden Lieferscheine und Rechnungen,
    • laufende Ablage in besonderen Mappen und Ordnern,
    • zeitgerechte Erfassung in Grund(buch)aufzeichnungen,
    • laufende Vergabe eines Barcodes oder anschließendes Scannen.

     

    Bei elektronischen Belegen kann die laufende Nummerierung auch automatisch vergeben werden (z. B. eindeutige Sequenznummer). Dabei muss jedem Geschäftsvorfall ein Beleg zugrunde liegen, mit folgendem Inhalt:

     

    • eindeutige Belegnummer (z. B. Index, Paginiernummer, fortlaufende Rechnungsausgangsnummer etc.),
    • Belegaussteller und -empfänger,
    • Betrag bzw. Mengen- oder Wertangaben, aus denen sich der zu buchende Betrag ergibt,
    • Währungsangabe und Wechselkurs bei Fremdwährung,
    • hinreichende Erläuterung des Geschäftsvorfalls,
    • Belegdatum und
    • verantwortlicher Aussteller, soweit vorhanden.

     

    Für umsatzsteuerrechtliche Zwecke können weitere Angaben erforderlich sein. Näheres siehe §§ 14, 14 a UStG und § 33 UStDV.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 244 | ID 44167863

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