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  • 09.06.2011 | Gesellschaftsrecht

    § 64 GmbHG: Geschäftsführerhaftung bei Zahlungen nach Insolvenzreife

    von RA Dr. Jochen Blöse, MBA, Mediator (CfM), FA für Handels- und Gesellschaftsrecht, Köln

    In einer wirtschaftlichen Krise stellen sich für die Geschäftsführer von Unternehmen viele Herausforderungen. Hat sich die Krise bis zur Insolvenzreife entwickelt, drohen neben einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht (§ 15a Abs. 4 InsO) auch zivilrechtliche Inanspruchnahmen auf unterschiedlicher rechtlicher Grundlage. Als besonders scharfes Schwert erweist sich die Norm des § 64 GmbHG. Die Praxis zeigt, dass dies eines der wichtigsten Instrumente für Insolvenzverwalter ist, Ansprüche gegenüber Geschäftsführern zu begründen.  

    1. Grundlegendes zur Haftung nach § 64 GmbHG

    Die Vorschrift des § 64 GmbHG ist eine der Normen, die der Erhaltung der Insolvenzmasse und damit dem Schutz der Insolvenzgläubiger dienen. Das Ziel des Insolvenzverfahrens ist nach § 1 InsO die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners. Um das der Gesamtheit der Gläubiger zur Verfügung stehende Vermögen - die Insolvenzmasse - vom Zeitpunkt der Insolvenzreife an möglichst ungeschmälert zu erhalten, begründet § 64 GmbHG eine Haftung des Geschäftsführers, wenn dieser in der Insolvenzsituation noch Zahlungen vornimmt. Ein weiterer Zweck der Norm liegt darin, den Geschäftsführer durch die Haftungsandrohung zu einer möglichst frühzeitigen Insolvenzantragstellung zu veranlassen.  

     

    Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG, 23.10.08, BGBl I 08, 2026) ist § 64 GmbHG neu gefasst worden. Die früher in § 64 Abs. 2 GmbHG enthaltene Haftungsregelung findet sich seitdem in § 64 S. 1 GmbHG. Ergänzt wurde die Vorschrift in § 64 S. 3 GmbHG um eine Bestimmung, die an Zahlungsunfähigkeit auslösende Zahlungen an Gesellschafter anknüpft.  

    2. Haftung bei Zahlungen an Dritte

    2.1 Der Begriff der Zahlungen i.S. des § 64 GmbHG

    Die Schärfe der Haftungsnorm ergibt sich insbesondere daraus, dass der Begriff der Zahlung nicht im Wortsinn verstanden werden darf, sondern weit auszulegen ist. Von ihm erfasst werden nicht nur Geldzahlungen, sondern alle Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen, die die Insolvenzmasse schmälern (BGH 6.6.94, II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 194). Als die Haftung auslösende Zahlungen können insbesondere in Betracht kommen:  

     

    • Bare und unbare Geldleistungen,
    • Leistungen an Zahlungs statt oder zahlungshalber (z.B. eine Forderungsabtretung),
    • die Übertragung sonstiger Vermögensgegenstände gleich welcher Art (z.B. Verkauf eines Warenlagers),
    • die Leistung von Diensten (streitig, so aber OLG Düsseldorf 19.1.95, 6 U 272/93, GmbHR 96, 616, 619),
    • eine von der Gesellschaft erklärte Aufrechnung oder ein Verrechnungsvertrag,
    • der Scheckeinzug auf ein debitorisch geführtes Bankkonto der Gesellschaft oder sonstige vom Geschäftsführer veranlasste bzw. zugelassene Zahlungen von Gesellschaftsschuldnern auf ein solches Konto (s. Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., 2010, § 64, Rz. 20 und Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 17. Aufl., 2009, § 64, Rz. 7 f.).

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