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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsprüfung (Teil 2)

    Geltendmachung von Praxisbesonderheiten - ohne gute Dokumentation funktioniert das nicht!

    | Nachdem im ersten Teil dieser Beitragsserie Grundlagen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung (Prüfmethoden, Ablauf etc.) dargestellt wurden, geht es heute um Praxisbesonderheiten und die Bedeutung der Dokumentation. Schließlich ist der Zahnarzt im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dafür verantwortlich, der Prüfungsstelle die nötigen Informationen und Unterlagen zukommen zu lassen. Ohne eine gute Dokumentation wird das problematisch. |

    Praxisbesonderheiten

    Praxisbesonderheiten sind solche Gegebenheiten, die ursächlich für einen erhöhten Kostenaufwand sein können. Für das Vorliegen einer Praxisbesonderheit muss sich die betroffene Praxis nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden.

     

    • Praxisbesonderheiten, die regelmäßig anerkannt werden
    • Neuniederlassung oder Anfängerpraxis (gilt jedoch in der Regel nur in den ersten vier Quartalen)
    • Ausrichtung der Praxis auf besondere, wissenschaftlich anerkannte medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
    • Praxisbesonderheiten in der Zusammensetzung der Patientenschaft innerhalb der Praxis, beispielsweise hoher Rentneranteil, hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen, hoher Anteil an Überweisungsfällen
    • Nachgewiesene Behandlungen besonders schwieriger Fälle
     

     

    • Keine Praxisbesonderheiten sind
    • Behauptung, besser, gründlicher und sorgfältiger zu behandeln
    • Hohe Praxiskosten oder hoher Personalaufwand
     

    Die Behandlung vieler Aussiedler bzw. Ausländer kann eine Praxisbesonderheit darstellen, sie tut es aber keineswegs notwendigerweise. Wie die anderen Praxisbesonderheiten auch müssen diese nachweisbar und gegebenenfalls auch in Euro-Beträgen darstellbar sein.

     

    Beispiel für Geltendmachung von Praxisbesonderheiten

    Bei der Praxis Dr. B. wurde im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ein erhöhter Fallwert beanstandet. Dr. B. macht geltend, dass er in den betreffenden Quartalen sehr stark sanierungsbedürftige Patienten behandelt hat. Die Statistik wird bereinigt um die Fälle mit dreifachem Fallwert, danach wird der Fallwert neu berechnet:

     

    Quartal I
    Quartal II
    Quartal III
    Quartal IV

    Patienten gesamt

    450

    463

    422

    521

    Punkte gesamt

    84.600

    80.099

    55.704

    65.125

    Falldurchschnitt

    188

    173

    132

    125

    KZV-Durchschnitt

    91

    82

    80

    72

    Anzahl Patienten mit mehr als vierfachem KZV-Durchschnitt

    54

    63

    48

    41

    Punkte der Patienten mit vierfachem Durchschnitt

    40.608

    43.596

    25.344

    20.500

    Bereinigte Punkte gesamt

    43.992

    36.503

    30.360

    44.625

    Falldurchschnitt nach Bereinigung

    97,8

    78,8

    71,9

    85,7

     

    Hier konnte erfolgreich dargestellt werden, dass die Praxis im Wesentlichen nicht erheblich vom Durchschnitt abweicht.

    Stellen Sie die Weichen richtig durch exakte Dokumentation

    Da zwischen Prüftermin und Behandlungszeitpunkt ein nicht unwesentlicher Zeitraum liegt, sind für die Rekapitulierung des Behandlungsfalls die dokumentierten Behandlungsdaten und Behandlungsereignisse für den geprüften Zahnarzt sehr wichtig. Dabei ist oft festzustellen, dass auch bei Vorliegen sehr schwerer Behandlungsfälle die besonderen Behandlungsumstände aus der Patientenkartei nicht mehr nachvollzogen werden können. Damit läuft der Zahnarzt Gefahr, die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise gegenüber den Prüfungsgremien nicht plausibel darstellen zu können.

     

    Die Dokumentation hat bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung entscheidende Bedeutung. Der Grund: Vom Zahnarzt wird erwartet, dass er in jeder Prüfungssituation stichhaltig erklären (und belegen) kann, warum er an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Zahn die abgerechnete Leistung erbracht hat. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist also eine eingehende Beschäftigung mit den Abrechnungsunterlagen unerlässlich, um mitunter horrende Honorarkürzungen zu vermeiden. Wichtig ist es, in der Stellungnahme die statistischen Werte zu relativieren (siehe oben) oder ansonsten aus den Daten Belege zu ermitteln, die beweisen, dass die Behandlungsweise trotz Abweichens vom Durchschnitt als wirtschaftlich im Sinne der GKV anzusehen ist. Sie sollten die Richtlinien und Abrechnungsbestimmungen der beanstandeten Leistungen kennen, um fundiert argumentieren zu können. Im Zweifel sollte sich der Zahnarzt im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung durch einen erfahrenen Experten beraten lassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Dokumentieren Sie besondere Behandlungsumstände unbedingt in der Patientenkartei. Dabei genügen verständliche Kürzel, zum Beispiel besondere Krankheitsumstände, Notfallbehandlungen etc. Da der geprüfte Zahnarzt unter Umständen behauptete Praxisbesonderheiten nachweisen und belegen muss, kann es sich als hilfreich für ihn erweisen, besondere Statistiken zu erstellen, die es ermöglichen, bestimmte Patientengruppen zu bilden bzw. Häufigkeitswerte zu ermitteln.

     

    Was muss nachvollziehbar dokumentiert werden?

    Um in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wirklich gut argumentieren zu können, sollten aus der Dokumentation folgende Sachverhalte nachvollziehbar sein:

     

    • 1. Die Behandlungsweise entspricht dem Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft.
    • 2. Die Leistungsbeschreibungen der jeweils berechneten BEMA-Leistungen müssen erfüllt sein.
    • 3. Die Dokumentation darf nicht allein eine Abrechnungsdokumentation sein, sondern muss als Behandlungsdokumentation jede abgerechnete Leistung begründen (zum Beispiel in ihrer Indikation und Ausführung), damit die Leistungen für den Ausschuss nachvollziehbar sind.

    Dokumentation einzelner Gebührennummern

    Bei der Abrechnung bestimmter Gebührenziffern stellt sich regelmäßig die Frage der Mindestanforderungen an die Dokumentation. Dazu nachfolgend einige Hinweise zu häufig erbrachten und abgerechneten Leistungen.

     

    Beratung (Ä1)

    Aus der Dokumentation sollte sich der Inhalt des Beratungsgesprächs nachvollziehen lassen. Es ist allgemein bekannt, dass eine Beratung neben der ersten Sonderleistung im Quartal oder als alleinige Leistung abgerechnet werden kann - jedoch nur dann, wenn der Patient tatsächlich beraten wurde. Zumindest in Stichworten sollte die erfolgte Beratung dokumentiert werden.

     

    Eingehende Untersuchung (01)

    Nach der Abrechnungsbestimmung darf die BEMA-Nr. 01 einmal pro Halbjahr abgerechnet werden, wobei zwischen zwei Abrechnungen mindestens vier Monate liegen müssen. Zwingend zur Leistung gehört die Dokumentation des Befundes. Die Abrechnungsbestimmung verlangt die Dokumentation folgender Befunde:

     

    • kariöse Defekte = c
    • fehlende Zähne = f
    • zerstörte Zähne = z
    • Zahnstein, Mundkrankheit, sonstiger Befund (zum Beispiel Fistel)

     

    Röntgenkomplex

    Röntgenaufnahmen können nur abgerechnet werden, wenn sie technisch einwandfrei und diagnostizierbar sind. Deshalb sollte Aufnahmen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung noch einmal einer genauen Prüfung unterzogen werden. Zur Dokumentation verpflichtet schon die Röntgenverordnung, dass eine rechtfertigende Indikation und eine Diagnose aufzuzeichnen sind.

     

    Bis zu drei nebeneinanderstehende Zähne oder das Gebiet ihrer Wurzelspitzen sind - soweit dies nach den individuellen anatomischen Verhältnissen möglich ist - mit einer Aufnahme zu erfassen. Sind an demselben Zahn aufgrund individueller anatomischer Verhältnisse zu diagnostischen Zwecken in der gleichen Sitzung und zur gleichen Zeit mehrere Röntgenaufnahmen notwendig, sollte die Begründung hierfür aufgezeichnet werden. Gründe können anatomische Besonderheiten sein, zum Beispiel

     

    • Wurzelkrümmung
    • Wurzelüberlagerung
    • Zahnverlagerung
    • Enger Zahnbogenradius

     

    Vitalitätsprüfung (Nr. 8)

    Wirtschaftlich ist es, die Vitalität aller Zähne einmal im Quartal zu prüfen. Im Zusammenhang mit direkten oder indirekten Überkappungen kann die Vitalitätsprüfung auch mehrfach in kürzerem zeitlichen Abstand notwendig sein. Laut ZE-Richtlinie C. 11. c sind zu überkronende Zähne auf ihre Sensibilität zu überprüfen.

     

    Behandlung überempfindlicher Zähne (Nr. 10)

    Die Behandlung von überempfindlichen Zähnen ist je Sitzung abrechnungsfähig, das heißt, es sollen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots in einer Sitzung alle notwendigen Zähne behandelt werden. Die Aufteilung in mehrere Sitzungen ist nicht zulässig.

     

    Zur Leistung gehört immer die Dokumentation von Region, Indikation, Maßnahme und Medikament. Zu beachten ist, dass die üZ (Nr. 10) nicht für Fluoridierungen zur Kariesprophylaxe abgerechnet werden darf.

     

    Anästhesien

    Werden in der konservierenden Behandlung Anästhesien zur Anwendung gebracht, sollen nach Möglichkeit alle im Wirkungsbereich liegenden Zähne zumindest soweit behandelt werden, dass ihre weitere Versorgung ohne zusätzliche Anästhesie erfolgen kann (Quadrantenbehandlung). Laut Abrechnungsbestimmung können bei lang dauernden Eingriffen die Anästhesien ein zweites Mal abgerechnet werden. Für die Übertragung der Abrechnungsdaten an die KZV genügt der Hinweis „lange Dauer“. Für die Dokumentation ist diese Aussage nicht ausreichend. Es ist der tatsächliche Zeitaufwand zu dokumentieren.

     

    Aber auch die „kleinen Nebenleistungen“ (Mu, sK) liegen schnell mal über dem Durchschnitt. Ergänzen Sie den Befund „Mundkrankheit“ stets um die Angabe, um welches Problem es sich beim jeweiligen Patienten handelt. Dokumentieren Sie die Befunde in der Karteikarte so, dass Sie sie ohne Einsicht in das Röntgenbild wiedergeben können.

     

    Weiterführender Hinweis

    • In der nächsten Ausgabe wird diese Serie zur Wirtschaftlichkeitsprüfung mit weiteren Praxishinweisen zum Umgang mit solchen Verfahren fortgesetzt.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 9 | ID 42898748