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  • · Nachricht · Aktuelle Rechtsprechung

    Bundessozialgericht: Erstattung auch bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auf Festzuschüsse begrenzt

    | Eine heute 24-jährige Patientin verlangte die Erstattung eines Eigenanteils in Höhe von 4.739 Euro für eine Eingliederung von Zahnersatz. Sie leidet an einer angeborenen doppelseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit Nichtanlage der Zähne 15, 14, 12-22, 25, 48, 44, 34, 38 und Zapfenzähnen 43-33. Der Heil- und Kostenplan sah einen über die Regelversorgung hinausgehenden Zahnersatz mit zwei Brücken, vier Verblendungen sowie vier Vollkeramikkronen mit Verblendungen vor. Die Krankenkasse bewilligte den HKP und einen befundbezogenen Festzuschuss von 1.788 Euro (einschließlich 30 Prozent Bonus). Ihre Klage begündete die Patientin damit, dass der Zahnersatz Teil einer Gesamtbehandlung wegen der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten gewesen sei. |

     

    Kein Anspruch auf Implantate , wenn konventionelle Versorgung ohne Implantate möglich ist

    Das Bundessozialgericht lehnte jedoch mit Urteil vom 2. September 2014 (Az. B 1 KR 12/13 R) in letzter Instanz die Erstattung ab und begründete dies unter anderem wie folgt: Bei der Versorgung mit Zahnersatz handelt es sich um eine komplexe Leistung, die sowohl Elemente rein zahnärztlicher wie auch handwerklicher Tätigkeit enthält. Damit unterfällt auch die Herstellung des Zahnersatzes der Versorgung mit Zahnersatz nach § 55 SGB V und nicht der Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 SGB V.

     

    Ein Gleichheitsverstoß kommt nur innerhalb der Regelungen zum Zahnersatz und gegebenenfalls zu den implantologischen Leistungen in Betracht. Zu Recht hat das Landessozialgericht darauf verwiesen, dass die Patientin keine implantologischen Leistungen erhalten könnte, obwohl grundsätzlich eine Ausnahmeindikation eingreift (angeborene Fehlbildungen des Kiefers, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten etc.). Denn auch bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation besteht kein Anspruch auf Implantate als Sachleistung, wenn - wie hier - eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate möglich ist.

     

    Zahnlosigkeit allein genügt nicht, um eine Entstellung annehmen zu können

    Ohnehin sei der Zusammenhang zwischen einer Entstellung durch die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und zahnprothetischer Versorgung nicht erkennbar. Die Zahnlosigkeit allein genügt nicht, um eine Entstellung annehmen zu können. Es muss sich objektiv um eine erhebliche und außergewöhnliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist.

     

    Behandlung wegen Amalgam-Unverträglichkeit könnte Freistellung vom Eigenanteil auslösen

    Nur wenn die Notwendigkeit des Zahnersatzes auf einer von der gesetzlichen Krankenversicherung gewährten Erstbehandlung beruht, die sich im Nachhinein als gesundheitsschädlich darstellt, ist der Versicherte vom gesetzlichen Eigenanteil freizustellen. Das könnte zum Beispiel die Behandlung wegen einer Amalgam-Unverträglichkeit sein. Ein solcher Fall lag hier nicht vor.

    Quelle: ID 43055702