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  • · Kassenabrechnung

    Parodontaler Screening-Index im Milchgebiss ‒ ist er abrechenbar?

    Bild: ©puhhha - stock.adobe.com

    | Zahnarztpraxen erhalten gelegentlich Berichtigungsanträge von Krankenkassen, die sich auf die Abrechnung der BEMA-Nr. 04 ‒ Parodontaler Screening Index (PSI) ‒ bei Kindern unter sechs Jahren beziehen. Daher stellt sich die Frage, wie die Abrechnungsmöglichkeiten der BEMA-Nr. 04 gerade im Zusammenhang mit Kleinkindern ‒ also auch im Milchzahngebiss ‒ sind. Antworten auf diese Frage gibt dieser Beitrag. |

    Leistungsinhalt und vertragliche Vorgaben zum PSI

    Der Parodontale Screening-Index ist im BEMA unter der Nr. 04 beschrieben. Der Leistungsinhalt lautet kurz und knapp: „Erhebung des PSI-Code“. Aus dieser Leistungsbeschreibung selbst ergeben sich zu der Frage der Abrechnungsfähigkeit im Milchzahngebiss keine Anhaltspunkte. Abrechnungsbestimmungen sind zur BEMA-Nr. 04 nicht vereinbart.

     

    In diesem Zusammenhang ist aber ein Blick in die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ‒ hier in die „Anlage zu den Allgemeinen Behandlungsrichtlinien“ ‒ zum PSI sehr hilfreich. Dort liest man:

     

    • Zitat zum PSI aus der Anlage zu den Behandlungsrichtlinien

    „Der PSI bietet einen orientierenden Überblick über das Vorliegen und/oder die Schwere einer parodontalen Erkrankung und den Behandlungsbedarf. Er ist auch geeignet, Erkrankungsrezidive aufzudecken.

     

    Die Messung des PSI erfolgt bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr an den Parodontien der Indexzähne 11, 16, 26, 31, 36, 46 bzw. bei deren Fehlen ersatzweise an den daneben stehenden Zähnen. …“

     

    Die Erhebung des PSI ist also grundsätzlich auch bei Kindern abrechnungsfähig, aber die dort genannten Zähne sind bleibende Zähne. Und die Messung ist zudem auf bestimmte Inzisivi und die ersten Molaren beschränkt. Die Messung an Milchzähnen ist nach dieser Vorgabe nicht vorgesehen.

     

    Der PSI zielt auf die Feststellung, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung der Ginigiva oder des Parodontiums vorliegt. Das kann ausnahmsweise auch bei Kindern der Fall sein. Mit dem PSI wird eine Frühdiagnostik der marginalen Parodontitis möglich. Wird bei der Erhebung des PSI ein Wert 3 oder 4 festgestellt, ist dies eine mögliche Voraussetzung für die Durchführung einer systematischen Parodontitistherapie.

     

    Natürlich sind auch Fälle von Parodontalerkrankungen im Kindesalter bekannt. Gerade im Zeitraum der Pubertät können diese Erkrankungen wegen hormoneller Umstellungen auftreten. Diese beginnt bei Mädchen mit etwa zehn Jahren und bei Jungen mit etwa zwölf Jahren. Auch bestimmte Erkrankungen wie z. B. Trisomie 21, Diabetes und einige andere Syndrome können für einen früheren Behandlungsbeginn sprechen. Dann ist auch die Familienanamnese wichtig für eventuelle Hinweise in diese Richtung.

     

    Ggf. kann der PSI-Code dann direkt nach dem Durchtritt der Sechs-Jahres-Molaren und der Zähne 11 bzw. 31 erhoben werden. Aber selbst bei Vorliegen entsprechender Vorerkrankungen bzw. einer aggressiven Parodontitis bei nahen Familienangehörigen stellt dies eine absolute Ausnahme dar.

     

    Ist ein solcher Ausnahmefall gegeben, empfiehlt sich eine sehr gute Dokumentation. Denn auch hier spielt das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V eine wichtige Rolle. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

    Abrechnungsfall als Auslöser für Berichtigungsantrag

    Zur Erläuterung folgt ein Abrechnungsbeispiel zum PSI bei einem Kleinkind, der einen Berichtigungsantrag der Krankenkasse nach sich zog. Eine Praxis hatte die Behandlung eines vierjährigen Patienten wie folgt abgerechnet:

     

    • Abrechnung des Falls ‒ fehlerbehaftet
    Datum
    Zahn/regio
    Leistung
    BEMA
    Anzahl

    15.01.

    Eingehende Untersuchung

    01

    1

    Parodontaler Screening Index

    04

    1

    75, 85

    Röntgendiagnostik, Bissflügelaufnahmen

    Ä925a

    1

    74, 75, 85, 84

    Schmelzätzung und Versiegelung der Milchzähne

    privat

    OK, UK

    Fluoridlackanwendung zur Zahnschmelzhärtung

    FLA

    2

    Weitere Leistungen …

     

    Da das Kind vier Jahre alt war, hätte die Praxis anstelle der eingehenden Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 die Früherkennungsuntersuchung ‒ hier also die BEMA-Nr. FU2 ‒ abrechnen können bzw. müssen. Denn auf diese Leistung hat der junge Patient einen Leistungsanspruch.

     

    Die FU2 beschreibt die „Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat“. Die Erhebung des parodontalen Screening Index nach der BEMA-Nr. 04 ist aufgrund der oben beschriebenen Vorgaben hier nicht die richtige Leistung. Die Abrechnungsmodule in der Zahnarztpraxis und der KZV sehen allerdings keine Feststellungscodes für die Abrechnung der BEMA-Nr. 04 unter einem bestimmten Alter vor. Deshalb wurde der Fall der Krankenkasse in Rechnung gestellt.

     

    Des Weiteren wurden Bissflügelaufnahmen zur Kariesdiagnostik angefertigt und abgerechnet. Diese werden nach BEMA-Nr. Ä925a abgerechnet und mit der Bemerkung „0“ gekennzeichnet. Das ist hier nicht zu beanstanden.

     

    Auf privater Basis wurde zusätzlich die Versiegelung der Milchzähne vereinbart. Diese Leistung ist im BEMA nicht beschrieben und muss nach GOZ berechnet werden. Hierzu bietet sich die Nr. 2000 GOZ an. Die erforderliche Schmelzätzung ist Bestandteil der Fissurenversiegelung nach Nr. 2000 GOZ.

     

    Die Krankenkasse beanstandete die Abrechnung der BEMA-Nr. 04. Aufgrund des vorliegenden Berichtigungsantrags der Kasse wurde eine Stellungnahme von der Praxis eingeholt. In dieser war sinngemäß zu lesen, die Leistung sei durchgeführt und abgerechnet worden, weil die GKV-Richtlinie doch auch bei Kleinkindern die Feststellung eines eventuellen hohen Kariesrisikos im Milchgebiss fordere.

     

    Das ist grundsätzlich richtig. Allerdings zielt der Parodontale Screening Index nicht auf die Feststellung eines hohen Kariesrisikos, sondern auf die Feststellung des Vorliegens einer Gingivitis oder Parodontitis. Die Beurteilung des Kariesrisikos wird in dieser Altersklasse durch die Erhebung des dmf-t-Index vorgenommen. Dieser Index ist Leistungsinhalt der Früherkennungsuntersuchung im Sinne der BEMA-Nr. FU2, die bei Kindern im Zeitraum vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat erfolgen kann. Gerade in diesem Leistungsbestandteil unterscheidet sich eine Früherkennungsuntersuchung in diesem Zeitraum von einer eingehenden Untersuchung nach BEMA-Nr. 01.

     

    Die Abrechnung der Praxis hätte daher wie folgt aussehen sollen:

     

    • Abrechnung des Falls ‒ korrekt
    Datum
    Zahn/regio
    Leistung
    BEMA
    Anzahl

    15.01.

    Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat

    FU2

    1

    75, 85

    Röntgendiagnostik, Bissflügelaufnahmen

    Ä925a

    1

    74, 75,85, 84

    Schmelzätzung und Versiegelung der Milchzähne

    privat

    OK, UK

    Fluoridlackanwendung zur Zahnschmelzhärtung

    FLA

    2

    Weitere Leistungen …

     

     

    FAZIT | Die Erhebung des PSI-Codes vor dem Durchtritt der Sechs-Jahres-Molaren und der Zähne 11 bzw. 31 ‒ also auch im Milchgebiss ‒ ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Entsprechenden Richtigstellungsanträgen der Krankenkassen wäre demzufolge stattzugeben. Das war auch in dem oben beschriebenen Fall gegeben. Die Zahnarztpraxis musste die Berichtigung über sich ergehen lassen.

     

    Eine Ausnahme hiervon würden persistierende Milchzähne darstellen, die z. B. wegen Nichtanlage der bleibenden Zähne länger im Kiefer verbleiben. Wenn das Kind bereits das sechste Lebensjahr erreicht hat und ein Verdacht auf eine mögliche Gingivitis oder Parodontalerkrankung besteht, könnte die Messung des PSI auch an einem solchen Zahn (in regio 6) stattfinden und im Zusammenhang mit den Messergebnissen an den anderen bleibenden Zähnen als BEMA-Nr. 04 abgerechnet werden.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 3 | ID 46314173