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  • · Fachbeitrag · Heilmittelverordnung

    Die neue Heilmittel-Richtlinie für Zahnärzte: Antworten auf die häufigsten Fragen

    | Am 01.07.2017 ist die neue „Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte“ in Kraft getreten (siehe auch Beiträge in AAZ 06 und 07/2017). Inzwischen wurden der Redaktion zahlreiche Fragen zur Richtlinie gestellt. Die wichtigsten hat AAZ zusammengestellt und beantwortet. |

    Heilmittel-Richtlinien und Wirtschaftlichkeitsgebot

    Frage: „In den Heilmittel-Richtlinien steht etwas vom Wirtschaftlichkeitsgebot. Das ist für uns neu. Was bedeutet das in diesem Zusammenhang?“

     

    Antwort: Das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 SGB V für die Behandlung von GKV-Versicherten gilt auch für die zahnärztliche Heilmittelverordnung: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“

     

    Vor einer Heilmittelverordnung muss deshalb geprüft werden, ob Heilmittel medizinisch erforderlich sind oder ob andere therapeutische Maßnahmen (z. B. Arzneimittel oder zahnärztliche Leistungen) Vorrang haben. Auch ist zu prüfen, ob Maßnahmen, die in der Eigenverantwortung des Versicherten liegen, vorzuziehen sind (z. B. erlernte Eigenübungsprogramme, vorbeugende Maßnahmen oder die Vermeidung von Gewohnheiten, die das Krankheitsbild negativ beeinflussen).

    Verordnungsmenge - wie ist das zu verstehen?

    Frage: „Im Beitrag zur neuen Heilmittel-Richtlinie in AAZ 06/2017, Seite 4 ff., haben Sie in einer Tabelle den Katalog verordnungsfähiger Heilmittel aufgeführt. Handelt es sich bei der ‚Verordnungsmenge‘ um Einheiten pro Jahr oder was ist gemeint?“

     

    ANTWORT: Die Verordnungsmenge ist grundsätzlich nicht an einen bestimmten Zeitraum bzw. an eine bestimmte Frist gebunden. Für die Heilmittelverordnung liegt in der jeweiligen Indikationsgruppe ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht nach der Heilmittel-Richtlinie davon aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann.

     

    Der zweite Teil der Heilmittel-Richtlinie besteht aus dem spezifischen zahnärztlichen Heilmittelkatalog, der einzelnen medizinischen Indikationen das jeweilige verordnungsfähige Heilmittel zuordnet, das Ziel der jeweiligen Therapie beschreibt sowie Verordnungsmengen im Regelfall festlegt.

     

    Die Gesamtverordnungsmenge und die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnungen im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog. Der Heilmittelkatalog bestimmt für jede Indikationsgruppe

     

    • die Verordnungsmenge für die Erstverordnung,
    • die Verordnungsmenge für die Folgeverordnung und
    • die Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls.

     

    Eine neue Regelfallverordnung bei Rezidiven oder neuen Erkrankungsphasen setzt voraus, dass ein zwölfwöchiges behandlungsfreies Intervall eingehalten wurde. Ausnahmen hiervon sind im Rahmen einer Verordnung außerhalb des Regelfalls möglich. Ist das Therapieziel trotz Ausschöpfens der Gesamtverordnungsmenge im Regelfall nicht erreicht worden, kann der Vertragszahnarzt eine Heilmittelverordnung außerhalb des Regelfalls vornehmen. Dazu ist die zahnmedizinische Notwendigkeit - mit einer prognostischen Abschätzung versehen - gesondert zu begründen.

    „Verordnung im Regelfall“ - was bedeutet das genau?

    Frage: „Was ist die genaue Definition der ‚Verordnung im Regelfall‘?“

     

    Antwort: Ein Regelfall im Sinne der Heilmittel-Richtlinie definiert sich dadurch, dass die Therapie mit der im Heilmittelkatalog jeweils vorgesehenen Gesamtverordnungsmenge abgeschlossen werden kann. Jeder Heilmittelverordnung liegt ein Regelfall zugrunde, der in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs definiert wird. Im Katalog wird beschrieben, welche Heilmittel in welchen Mengen bei welchen Indikationen (Indikationsgruppen und Leitsymptomatik) im Regelfall dazu führen, das Therapieziel zu erreichen.

     

    Ein neuer Regelfall tritt nach der Heilmittel-Richtlinie nur dann ein, wenn nach einem festgelegten behandlungsfreien Intervall von zwölf Wochen erneut eine Heilmitteltherapie notwendig ist.

     

    Jeder Regelfall beginnt also mit einer Erstverordnung. Vor der Erstverordnung ist eine Eingangsdiagnostik durch den Vertragszahnarzt notwendig. Nach einer Erstverordnung gilt jede Verordnung zur Behandlung derselben Erkrankung (desselben Regelfalls) als Folgeverordnung.

    „Verordnung außerhalb des Regelfalls“ - was bedeutet das?

    Frage: „Und wie ist eine ‚Verordnung außerhalb des Regelfalls‘ von der ‚Verordnung innerhalb eines Regelfalls‘ abzugrenzen?“

     

    Antwort: Wird das Therapieziel nach Ausschöpfen der Gesamtverordnungsmenge nicht erreicht, kann der Zahnarzt das Heilmittel „außerhalb des Regelfalls“ verordnen. Ein langfristiger Heilmittelbedarf liegt vor, wenn der Zahnarzt feststellt, dass bei dem Patienten schwere und langfristige strukturelle oder funktionelle Schädigungen oder Beeinträchtigungen vorliegen und er somit langfristigen Therapiebedarf hat.

     

    Bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls ist stets eine erneute Diagnostik durchzuführen, um den Therapiebedarf und die Therapiefähigkeit zu beurteilen und die Erfolgsprognose zu stellen. Sodann soll die Heilmitteltherapie bis zum Erreichen des Therapieziels fortgeführt werden.

     

    Verordnungen außerhalb des Regelfalls muss der Zahnarzt auf dem Verordnungsvordruck im Feld „Medizinische Begründung“ besonders begründen. Außerdem muss er dort seine prognostische Einschätzung eintragen. Die Krankenkasse entscheidet sodann auf Antrag des Versicherten, ob sie die auf Grundlage seiner Begründung beantragten Heilmittel langfristig genehmigt.

    Haben Zahnärzte ein Budget für Heilmittel?

    Frage: „Im ärztlichen Bereich gibt es ja Budgets für Arznei- und Heilmittel. Haben die Zahnärzte ein Budget?“

     

    Antwort: Ein vereinbartes Heilmittel-Ausgabevolumen gibt es im zahnärztlichen Bereich nicht. Im Gegensatz zur vertragsärztlichen Versorgung bestehen für die vertragszahnärztliche Heilmittelverordnung in den Bundesmantelverträgen keine Richtgrößenvereinbarungen.

    Muss der Zahnarzt den Patienten zu Eigenübungen anleiten?

    Frage: „Bei einigen Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sind ja Eigenübungen empfehlenswert. Muss ich als Zahnarzt den Patienten dazu anleiten?“

     

    Antwort: Nein. Bei der Therapie z. B. von craniomandibulären Störungen sowie chronifizierten Schmerzsyndromen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sind die Ziele der Krankengymnastik die Funktionserhaltung, Kompensation, Anpassung, Reaktivierung sowie Verbesserung und Überwindung krankheitsbedingter Schädigungen und Funktionsstörungen. Zu diesen Maßnahmen kann ein Eigenübungsprogramm des Patienten einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Behandlung leisten. Dieses Eigenübungsprogramm ist aber durch den Therapeuten zu vermitteln.

    CMD-Verordnung nach 01.07.2017: Erst- oder Folgeverordnung?

    Frage: „Einer meiner Patienten hat in der Vergangenheit schon Verordnungen für CMD erhalten. Ist die Verordnung, die ich ab dem 01.07.2017 ausstelle, eine Erst- oder Folgeverordnung?“

     

    Antwort: Das ist eine Erstverordnung. Seit ihrem Inkrafttreten zum 01.07.2017 ist die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte die verbindliche Rechtsgrundlage für die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Praxis. Die Heilmitteltherapie ab diesem Zeitpunkt wird mit einer Erstverordnung eingeleitet. Reichen die verordneten Therapiemaßnahmen nicht aus, kann unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Folgeverordnung bis zur maximalen Gesamtverordnungsmenge nach den Vorgaben des Heilmittelkatalogs ausgestellt werden.

    Logopädische Maßnahmen: Ist der neue Vordruck zu nehmen?

    Frage: „Werden auch logopädische Maßnahmen über den Vordruck verordnet?“

     

    Antwort: Ja. Voraussetzung für eine richtlinienkonforme Verordnung ist, dass der vereinbarte Vordruck mit Angabe der verpflichtenden Inhalte verwendet wird. Das sind insbesondere das Heilmittel, die Verordnungsmenge und -frequenz sowie die Art der Verordnung. Der Zahnarzt hat die Möglichkeit - wie auch auf dem Verordnungsformular vorgesehen -, als Heilmittel „Sprech- und Sprachtherapie“ zu verordnen. Der Heilmittelkatalog benennt als verordnungsfähiges Heilmittel die „Sprech- und Sprachtherapie“, ohne zwischen Sprechtherapie und Sprachtherapie zu differenzieren.

    Logopädie: Leerquartal nach 18 Verordnungen zwingend?

    Frage: „Muss nach 18 Verordnungen (3 × 6) ein Leerquartal erfolgen?“

     

    Antwort: Nein. Wenn weitere Verordnungen notwendig sind, bedarf es keines „Leerquartals“. Wird das Therapieziel nach Ausschöpfen der Gesamtverordnungsmenge nach den Vorgaben des Heilmittelkatalogs nicht erreicht, kann der Zahnarzt das Heilmittel außerhalb des Regelfalls verordnen, wenn er die zahnmedizinische Notwendigkeit - verbunden mit einer prognostischen Abschätzung - begründet.

    Logopädie: Wer entscheidet über die Dauer der Therapie?

    Frage: „Wer entscheidet über die Dauer der Therapie, wenn bei einem Patienten eine Sprech- und Sprachtherapie angezeigt ist?“

     

    Antwort: Der Zahnarzt entscheidet. Er verordnet die Sprech- und Sprachtherapie entsprechend den Vorgaben des Heilmittelkatalogs. In Abhängigkeit von der Schwere des Störungsbildes sowie der Belastbarkeit des Patienten ist eine 30-minütige oder 45-minütige Therapiesitzung angezeigt.

     

    • Innerhalb des Regelfalls ist sowohl bei Erst- als auch bei Folgeverordnungen eine Verordnungsmenge von zehn Heilmittelanwendungen je Verordnung mit einer Frequenz von ein- bis dreimal wöchentlich möglich.
    • Die bei entsprechender medizinischer Indikation mögliche Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls beträgt bedarfsabhängig bis zu 30 Einheiten.
    • Wenn der Zahnarzt keine weiteren Angaben auf dem Verordnungsformular eingetragen hat, wählt der Therapeut die therapeutischen Maßnahmen in Abhängigkeit vom individuellen Störungsbild aus.

     

    Um eine richtlinienkonforme Therapie zu gewährleisten, müssen Zahnarzt und Therapeut eng zusammenwirken.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Lesen Sie zur neuen Heilmittelrichtlinie auch die Beiträge in AAZ 07/2017, Seite 2 ff. („Zahnärztliche Heilmittelverordnung: Was beim Ausfüllen des neuen Vordrucks zu beachten ist“), und in AAZ 06/2017, Seite 4 ff. („Neue Heilmittel-Richtlinie für Zahnärzte ab 01.07.2017 in Kraft - was Sie jetzt wissen müssen“).
    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 3 | ID 44770826