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  • · Fachbeitrag · Abrechnungswissen

    Abrechnung von Leistungen der Kinder- und Jugendzahnheilkunde: Kennen Sie alle Details?

    | Die Behandlung von Kindern stellt nicht nur besondere fachliche und persönliche Anforderungen an den behandelnden Zahnarzt, sondern auch an die Organisation des Praxisablaufs, die Ausstattung der Praxis (zum Beispiel Spielzeug im Wartezimmer) und die Einstellung der Mitarbeiterinnen bezüglich der Kinderbehandlung. Auch wirft die Kinderbehandlung besondere juristische und abrechnungstechnische Probleme auf. Dieser Beitrag gibt Tipps zur Vermeidung von Ärger und informiert über Leistungsansprüche der Kinder und die abrechnungstechnischen Möglichkeiten bei GKV-Patienten. |

    Zustandekommen des Behandlungsvertrags

    Die zahnärztliche Behandlung von Minderjährigen stellt unter rechtlichen Gesichtspunkten besondere Anforderungen an das Zustandekommen des Behandlungsvertrags sowie bezüglich der Adressaten der Aufklärung und der Rechtswirksamkeit der Einwilligung in die Behandlung:

     

    • Zum einen sind die Vorgaben des neuen Patientenrechtegesetzes zu beachten. Danach führt eine unvollständige Information und Aufklärung des Patienten dazu, dass er nicht wirksam in den Behandlungsvertrag einwilligen kann. Die fehlende Einwilligung bewirkt wiederum, dass der Behandlungsvertrag nicht zustande kommt.

     

    • Zum anderen können Kinder unter 7 Jahren aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit (§§ 104, 105 BGB) einen Behandlungsvertrag gar nicht selbst abschließen, sondern dieser muss unmittelbar mit den gesetzlichen Vertretern (normalerweise die Eltern) geschlossen werden. Ab dem 7. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres besteht eine beschränkte Geschäftsfähigkeit (§ 106 BGB). Der mit einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen geschlossene Behandlungsvertrag ist nur bei (vorher gegebener) Einwilligung oder (nachträglich erteilter) Genehmigung der gesetzlichen Vertreter wirksam.

     

    Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Forensische Odonto-Stomatologie (AK FOS) hat in einer wissenschaftlichen Mitteilung hierzu die wichtigsten Informationen zusammengestellt. Diese Mitteilung ist über die DGZMK im Internet und auf aaz.iww.de unter „Downloads“ (Arbeitshilfen) verfügbar. Danach bewegt sich der Zahnarzt auf der rechtlich sicheren Seite, wenn er - insbesondere vor schwereren Eingriffen oder aufwendigeren Maßnahmen - sich Klarheit darüber verschafft, mit wem der Behandlungsvertrag zustande kommen soll bzw. wer Adressat der Aufklärung und Träger der Einwilligungsbefugnis ist. Das Vorgenannte gilt ebenso für Leistungen, die über den Sachleistungsanspruch hinausgehen und für die eine Mehrkosten- oder Privatvereinbarung abgeschlossen werden soll (siehe auch Beitrag zu Mehrkostenleistungen ab Seite 6 in diesem Heft).

    Besondere Leistungsansprüche

    Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und der Einheitliche Bewertungsmaßstab (BEMA) sehen einige Leistungen vor, die nur in bestimmten Altersgruppen Sachleistung bzw. der pädiatrischen Zahnheilkunde zugeordnet sind. Einige Besonderheiten und die Möglichkeiten der Vereinbarung von Zusatzleistungen werden nachfolgend dargestellt.

     

    1. Früherkennungsuntersuchungen

    Nach den Richtlinien des G-BA über zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung und Verhütung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Die Abrechnungsbestimmungen der BEMA-Nr. FU konkretisieren, dass im Zeitraum vom 30. bis zum 72. Lebensmonat drei zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen mit einem Abstand von mindestens 12 Monaten erfolgen können. Aus der Beschreibung des Leistungsinhalts wird klar, dass neben einer eingehenden Untersuchung im Wesentlichen die Erhebung des dmf(t)-Index erfolgen muss, um das Vorliegen eines hohen Kariesrisikos beurteilen zu können. Gegebenenfalls kann bereits in diesem Alter die lokale Fluoridierung der Zähne im Sinne der BEMA-Nr. IP4 zweimal je Kalenderhalbjahr als Vertragsleistung abgerechnet werden.

     

    Eine Beratung - so die fünfte Abrechnungsbestimmung zur FU - kann nicht im Zusammenhang mit den Früherkennungsuntersuchungen und einer IP4 abgerechnet werden. Das wird oft fehlinterpretiert und auf den zeitlichen Zusammenhang abgestellt. Richtig ist aber, dass eine BEMA-Nr. Ä1 dann neben der FU abgerechnet werden kann, wenn sie aus anderem Anlass erbracht wird. Geht es also bei dem Gespräch mit den Eltern nicht um Fluoridierungen, sondern beispielsweise um geschädigte Zähne nach einem Sturz auf dem Spielplatz, kann diese Beratung abgerechnet werden.

     

    Vor dem 30. Lebensmonat stellt die FU in der Regel keine Vertragsleistung dar. Hier können nur die eingehende Untersuchung oder die Beratung abgerechnet werden. Die Erhebung des dmf(t)-Index wäre gegebenenfalls privat zu vereinbaren.

     

    PRAXISHINWEISE | Es gibt einige Kostenträger (zum Beispiel DAK, Barmer), die auf regionaler Ebene mit KZVen Früherkennungsuntersuchungen und lokale Fluoridierungen ab dem 6. Lebensmonat vereinbart haben. Hierzu gibt es inzwischen eine Anfrage an den G-BA, ob diese Leistungen als Vertragsleistungen in den BEMA aufgenommen werden sollen. Die DAK setzt bereits bei der Schwangeren an und bietet erstmals eine Zahnvorsorgeuntersuchung während der Schwangerschaft an.

     

    2. Individualprophylaxe

    Nach den Richtlinien des G-BA über Individualprophylaxe gemäß § 22 Abs. 2 SGB V haben Versicherte, die das 6., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, Anspruch auf zahnärztliche Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe). In Abhängigkeit vom Alter des Kindes muss der Zahnarzt anhand des dmf(t)-Index oder des DMF(S)- oder D(S)-Index entscheiden, ob alle Prophylaxemaßnahmen nach dem BEMA angeboten werden können. Denn sie sollen insbesondere den Versicherten mit hohem Kariesrisiko helfen, die Mundgesundheit zu verbessern.

     

    3. Vereinbarung von privaten Zusatzleistungen im Rahmen der IP

    Auf die Leistungsinhalte der IP-Positionen im BEMA soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden; diese werden als bekannt vorausgesetzt. Interessanter ist die Betrachtung der Leistungen, die gegebenenfalls zusätzlich vereinbart werden müssen.

     

    Reicht der übliche halbjährliche Turnus nicht aus, weil ein junger Patient ein sehr hohes Kariesrisiko aufweist, kann nur die lokale Fluoridierung nach der BEMA-Nr. IP4 ab dem 6. Lebensjahr zweimal je Kalenderhalbjahr erbracht und abgerechnet werden. Häufigere Mundhygiene-Indizes oder Übungssitzungen müssen privat vereinbart werden. Hierzu bietet die GOZ die Nrn. 1000 (Mundhygienestatus) und 1010 (Kontrolle des Übungserfolgs) an.

     

    Für die Fissurenversiegelung der bleibenden Zähne 6 und 7 steht die BEMA-Nr. IP5 zur Verfügung, ohne zeitliche Einschränkung. Werden allerdings Milchmolaren, Prämolaren oder 8er-Zähne versiegelt, muss diese Leistung nach GOZ-Nr. 2000 auf privater Basis abgerechnet werden.

     

    Grundsätzlich können als zusätzliche Leistungen die professionelle Zahnreinigung nach GOZ-Nr. 1040 und die Anwendung einer individuellen Fluoridierungsschiene nach der GOZ-Nr. 1030 abgerechnet werden. Beachten Sie, dass mit der BEMA-Nr. IP4 lediglich die Anwendung konfektionierter Masken für die Fluoridierung abgegolten ist. Individuelle Schienen übersteigen das Maß des Ausreichenden und Zweckmäßigen und müssen privat vereinbart werden. Für die Herstellung dieser Schiene als Medikamententräger sind sowohl zahnärztliche Leistungen (gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog) als auch zahntechnische Leistungen gesondert abrechenbar. Weitere Leistungsbestandteile, die in diesem Zusammenhang anfallen können und keine Vertragsleistung darstellen, sind:

     

    • Weitere mögliche Privatleistungen im Rahmen der IP
    • Subgingivale Reinigung (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
    • Subgingivale medikamentöse antibakterielle Lokalapplikation (GOZ-Nr. 4025), zum Beispiel Perio-Chip
    • „Full-Mouth-Desinfektion“ - Reinigen der Zunge und der Wangenschleimhaut (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
    • Anwendung bakterienreduzierender Lacke (Cervitec) als präventives Therapiekonzept (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
    • Speicheldiagnostik - Biochemischer Schnelltest zur Kariesfrüherkennung (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
    • Laserfluoreszenz-Kariesdiagnostik (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
     

    Weiterführende Hinweise

    • Der Beitrag wird fortgesetzt. In Folgebeiträgen werden spezielle Leistungen im Rahmen der Kinderzahnheilkunde unter anderem zur Schmerzbeseitigung (Narkosebehandlung, Sedierung), bei endodontischen Maßnahmen, Unfallverletzungen oder prothetische Leistungen im Milch- oder Wechselgebiss Thema sein.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 3 | ID 43329796