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  • · Abrechnungs-Rahmenbedingungen

    Das Genehmigungsverfahren wird digital ‒ ein Ausblick auf das papierlose Antragsverfahren

    Bild: ©Rawpixel Ltd. - adobe.stock.com

    | Immer wieder liest man vom Wegfall des papiergebundenen Genehmigungsverfahrens für zahnärztliche Behandlungspläne, wie aktuell im Zusammenhang mit der neuen, am 01.07.2021 in Kraft tretenden PAR-Richtlinie ( AAZ 02/2021, Seite 3 ff.). Unabhängig davon weisen die Krankenkassen in unregelmäßigen Abständen darauf hin, dass sie Formulare nur noch einscannen und digital verarbeiten. Wie ist der aktuelle Stand zum Genehmigungsverfahren und wie weit ist die Umstellung auf ein papierloses Verfahren bzw. der Wegfall der Antragsformulare gediehen? AAZ informiert. |

    Irritation durch aktuelle TK-Mitteilung

    Mehrere KZVen berichten aktuell, die Techniker Krankenkasse (TK) habe in einem Schreiben vom März 2021 angekündigt, das Bewilligungsverfahren für kieferorthopädische Behandlungspläne ab dem 12.04.2021 umzustellen. Demnach erfolgt die Kostenübernahmeerklärung künftig auf einem zuvor eingescannten Behandlungsplan mittels eines digitalen Stempels und eingescannter Unterschrift des Sachbearbeiters. Diese Kostenübernahmeerklärung werde dann von der TK ausgedruckt und gemeinsam mit der Leistungszusage an den Vertragszahnarzt per Post geschickt.

     

    In der Vergangenheit gab es auch in anderen Leistungsbereichen immer wieder entsprechende Mitteilungen der Krankenkassen, insbesondere der Ersatzkassen. Was ist der Hintergrund? Insbesondere die Ersatzkassen sind bundesweit organisiert. Die Behandlungsplänen werden zentralisiert an bestimmten Standorten bearbeitet. Um eine schnelle Kommunikation zwischen den Geschäftsstellen vor Ort und den zentralen Bearbeitungsstellen zu ermöglichen, werden die Pläne hausintern elektronisch weitergeleitet.

     

    Das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren ist jedoch noch nicht umgesetzt. Und hierin liegt das Problem. Die Krankenkassen möchten die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung nutzen, ohne dass die technischen Voraussetzungen für die Umstellung, so wie es die bundesmantelvertraglichen Regelungen vorsehen, schon gegeben wären.

    Genehmigungsverfahren: Grundsatzvereinbarung im BMV-Z

    Bereits im Dezember 2019 hatten die Bundesmantelvertragspartner als Anlage 15 zum BMV-Z eine „Grundsatzvereinbarung über ein elektronisches Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für Leistungsanträge nach den BEMA-Teilen 2 bis 5 gemäß § 87 Abs. 1 Satz 8 SGB V“ beschlossen. Diese sollte zum 01.04.2021 in Kraft treten und die Vorgaben des Sozialgesetzbuchs umsetzen. Demnach werden die Vertragspartner im Bundesmantelvertrag die für das elektronische Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen Anpassungen vornehmen. Bei der Digitalisierung der vereinbarten Vordrucke sollen die Datenfelder und die Feldinhalte der im BMV-Z dargestellten Papiervordrucke möglichst inhaltlich identisch übernommen werden.

     

    Grundvoraussetzungen für die Einführung des elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahrens sind der Anschluss des Vertragszahnarztes und der Krankenkasse an die Telematikinfrastruktur (TI) und die Verwendung der TI-Plattform zum Verschlüsseln, Entschlüsseln und Signieren; außerdem die Verwendung der Fachanwendung „Sichere Kommunikation zwischen Leistungserbringern“ (KOM-LE). Der Vertragszahnarzt hat dann die für das Beantragen von Leistungen notwendigen Angaben an die Krankenkassen im Wege elektronischer Datenübertagung zu übermitteln.

     

    In den einzelnen Paragrafen sind Art und Inhalt der Stammdaten von Patient und Zahnarzt sowie für jeden Leistungsbereich Art und Inhalt der Antragsdaten für den jeweiligen Leistungsbereich beschrieben. Die dazugehörige Technische Anlage umfasst nach dem aktuellen Stand vom 11.02.2021 immerhin 83 Seiten. Bei Einleitung eines eventuell erforderlichen Gutachterverfahrens soll dieses bis auf Weiteres papiergebunden mit den bekannten Vordrucken durchgeführt werden.

    Das Ziel: Bürokratieabbau durch Digitalisierung

    Das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren ist eines der zentralen Projekte zum Bürokratieabbau ‒ so stellte es Martin Hendges, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, im Mai 2020 im Rahmen eines Interviews heraus. Das Verfahren soll ohne Medienbruch rein digital ablaufen. Der Zahnarzt werde künftig den elektronischen Datensatz direkt und sicher an die Krankenkasse übermitteln und diese würden einen elektronischen Datensatz wieder an die Zahnarztpraxis zurückspielen. Das Praxisverwaltungssystem könne diesen Datensatz automatisch verarbeiten und die Ergebnisse (genehmigt wie geplant, mit Änderungen genehmigt, abgelehnt) umsetzen, ohne dass der Datensatz noch einmal aktiv von der Praxis aufgerufen werden müsse.

     

    Der Patient selbst bekomme dann nicht mehr den vollständigen Heil- und Kostenplan, den er heute erhält, sondern eine Patienteninformation mit allen für ihn relevanten Inhalten in verständlicher Form. Sie enthalte auch die Vereinbarung, die er unterschreiben muss. Dadurch werde das ganze Verfahren extrem beschleunigt und vereinfacht. Die so entstandenen Vorteile würden eine messbare Bürokratiereduktion für Praxen und zugleich mehr Transparenz für Versicherte mit sich bringen. Davon profitiere auch das Zahnarzt-Patienten-Verhältnis. Laut Hendges geht man davon aus, dass das Verfahren 2022 in die Fläche ausgerollt werde. Die Softwarehersteller würden noch einige Zeit zum Programmieren benötigen; auch solle noch eine Pilotphase mit ausgesuchten Praxen und Krankenkassen vorgeschaltet werden.

     

    Ein zweites zentrales Projekt ist das digitale Bonusheft. Dieses soll im Zusammenhang mit dem elektronischen HKP als sinnvolle Anwendung in die elektronische Patientenakte ePA eingefügt werden. Das Bonusheft soll als „Medizinisches Informationsobjekt“ ‒ kurz MIO ‒ angelegt werden. Berechtigt der Patient den Zahnarzt entsprechend, kann dieser den Bonuseintrag digital vornehmen. Die Krankenkasse überprüft selbstverständlich wie gehabt den Bonussatz.

    Neue PAR-Richtlinie und elektronische Datenübermittlung

    In der neuen PAR-Richtlinie, die zum 01.07.2021 in Kraft treten soll, heißt es in § 5 zum Thema Begutachtung und Genehmigung: „Die Durchführung der systematischen Parodontitistherapie und eine Verlängerung nach § 13 Absatz 4 bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Der Antrag wird der Krankenkasse mittels eines zwischen den Bundesmantelvertragspartnern vereinbarten Datensatzes übermittelt. Die Krankenkasse kann vor der Kostenübernahmeentscheidung die diagnostischen Unterlagen und die Versicherten begutachten lassen.“

     

    Also auch hier wird perspektivisch von einer elektronischen Übermittlung der Antragsdaten ausgegangen. Da die Voraussetzungen noch nicht geschaffen sind, erläutert die KZBV in ihrem aktuellen Mustervortrag zu den PAR-Richtlinien und den Änderungen in der Behandlungsrichtlinie, dass das eHKP-Verfahren erst im Laufe des Jahres 2022 zur Verfügung stehen werde. Anträge seien bis dahin in ausgedruckter Form der Krankenkasse zur Genehmigung vorzulegen.

    Die aktuelle Situation bei Leistungsanträgen

    Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Aktuell sind die Leistungsanträge, also die Behandlungspläne für Kieferbruch oder Kiefergelenkserkrankungen, die kieferorthopädischen Behandlungspläne, der Parodontalstatus oder der Heil- und Kostenplan für Zahnersatz, wie gehabt per Papier zu erstellen und zu genehmigen. Für die einzelnen Leistungsbereiche gibt es folgende Be-sonderheiten:

     

    • Besonderheiten in den Leistungsbereichen

    KBR

    Für Aufbissbehelfe bei Kiefergelenkserkrankungen gibt es in verschiedenen KZV-Bereichen weitreichende Vereinbarungen mit den Krankenkassenverbänden zur Verwaltungsvereinfachung. Demnach sind „Schienen“ in der Regel genehmigungsfrei.

    Das gilt nicht für die Behandlung von „echtem“ Kieferbruch. Da hier in der Regel ein Unfall oder andere traumatische Ereignisse zugrunde liegen, muss stets eine Anzeige bei der Krankenkasse erfolgen. Das ist jedoch nicht Voraussetzung für die Durchführung der Leistungen, da diese in den meisten Fällen im Sinne einer Schmerzbehandlung dringend notwendig sind. Hier gilt also nicht: „Kein Beginn vor Genehmigung!“

    KFO

    Der kieferorthopädische Behandlungsplan ist nach wie vor von der Praxis in zweifacher Ausfertigung an die genehmigende Krankenkasse zu senden. Mit der eigentlichen Behandlung, also in der Regel mit der Herstellung der kieferorthopädische Behandlungsgeräte, darf erst begonnen werden, wenn die Krankenkasse ihre Kostenübernahmeerklärung erteilt hat. Anderenfalls riskiert der Kieferorthopäde seinen Vergütungsanspruch.

    PAR

    Auch der Parodontalstatus ist vom Zahnarzt direkt an die Krankenkasse zu senden. Es empfiehlt sich dringend, die Genehmigung der Krankenkasse abzuwarten, bevor mit dem parodontalchirurgischen Eingriff begonnen wird. Im Zweifelsfall sieht ein eingeschalteter Gutachter, dass mit der PAR-Behandlung bereits begonnen wurde, oder es wird im Nachhinein ein sachlich-rechnerischer Berichtigungsantrag gestellt. Dann wird das Honorar gestrichen.

    ZE

    Der Heil- und Kostenplan für Zahnersatz ist nicht vom Zahnarzt, sondern vom Patienten bei der Krankenkasse vorzulegen. Der Patient holt sich also seine Genehmigung selbst bei der Kasse ab. Daher senden die Krankenkassen den ZE-HKP auch grundsätzlich an den Patienten zurück. Aus diesen Gründen ist insbesondere hier geregelt, dass kein Porto abgerechnet werden darf. In den übrigen Leistungsbereichen sind diesbezüglich die regionalen Auslegungen der KZVen zu beachten.

     

    Für den Entfall der Genehmigung bei Wiederherstellungsmaßnahmen sind die regionalen Vereinbarungen in den KZV-Bereichen zu beachten. Wenn Reparaturen von Zahnersatz zu genehmigen sind, wie regelmäßig bei sonstigen Kostenträgern, erfolgt dies im Nachgang, also nach der Durchführung der Wiederherstellungsmaßnahmen.

    Umgang mit von den Kassen eingescannten Unterlagen

    Wie ist nun mit den Mitteilungen der Kassen umzugehen, dass sie einseitig die Vertragsformulare einscannen und digital weiterverarbeiten? Der Zahnarzt ist doch nach den aktuellen Regelungen nicht nur zum Erstellen derselben, sondern auch zur Aufbewahrung der Formulare im Original verpflichtet. Die Vorgehensweise der Krankenkassen ist aufgrund der o. g. Hintergründe durchaus nachvollziehbar, entspricht jedoch nicht den aktuellen Regelungen.

     

    Es ist jedoch sinnlos, sich dagegen zu sperren oder gegen diese Vorgehensweise vorzugehen. Grund: Mit den Krankenkassen wurde geklärt, dass aus dem Umstand, dass der Zahnarzt nicht das Original vorweisen kann, niemals eine sachlich-rechnerische Richtigstellung abgeleitet wird. Insofern wird dieses Verfahren geduldet. Der Zahnarzt ist zudem nicht verpflichtet, das „abgerechnete“ Formular zu archivieren. Die Abrechnungsdaten müssen also nicht auf die Behandlungspläne aufgedruckt werden, da die Abrechnung selbst inzwischen regelmäßig papierlos erfolgt.

     

    PRAXISTIPP | Die Praxis kann die Abrechnungsdaten im Praxisverwaltungssystem speichern oder z. B. die Rückseite des genehmigten Planes mit den Abrechnungsdaten bedrucken. Auch ein gesondertes Blatt, das mit dem Behandlungsplan zusammengeheftet wird, würde die Forderungen nach einer Dokumentation erfüllen.

     

    Den Praxen kann also nur empfohlen werden, dieses Vorgehen der Krankenkassen gelassen zu akzeptieren.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 11 | ID 47330958