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  • · Fachbeitrag · Mieterhöhung

    Mieter muss Wohnflächenangabe des Vermieters substanziiert bestreiten

    | Maßgebend für die nach § 558 BGB zu beurteilende Mieterhöhung ist nach der Rechtsprechung des BGH ( MK 16, 25 , Abruf-Nr. 145948 ) nicht die im Mietvertrag angegebene, sondern die tatsächliche Größe der Wohnung. Streiten die Parteien hierüber, trifft den Vermieter grundsätzlich die Beweislast. Der VIII. Senat hat geklärt, wann über die behauptete Wohnungsgröße Beweis zu erheben ist. Ein schlichtes Bestreiten genügt nicht, der Mieter muss qualifiziert bestreiten. |

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Die Wohnung weist Dachschrägen auf und verfügt über eine Loggia. Die Klägerin verlangt von der Mieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung. Im Mietvertrag ist keine bestimmte Wohnfläche vereinbart. Die von der Klägerin in dem Mieterhöhungsverlangen angegebene Wohnfläche von 92,54 m2 ist den bisherigen Nebenkostenabrechnungen zugrunde gelegt worden. Die Beklagte bezweifelt die angegebene Wohnfläche; sie verlangt geeignete Nachweise zur Größe der Wohnung von der Klägerin. Einen verfügbaren Wohnflächennachweis hat die Klägerin der Beklagten trotz deren Bitte nicht vorgelegt. Die Mieterhöhungsklage scheitert in beiden Instanzen. Auf Revision der Klägerin hebt der BGH das Berufungsurteil auf und verweist die Sache an das LG zurück.

     

    Ein einfaches Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Wohnfläche der gemieteten Wohnung ohne eigene positive Angaben genügt im Mieterhöhungsverfahren nicht den Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten des Mieters (Abruf-Nr. 194724).

     

    Entscheidungsgründe

    Der Vermieter, der eine Mieterhöhung verlangt, trägt nach allgemeinen Grundsätzen zwar die Darlegungs- und Beweislast für die in Ansatz zu bringende tatsächliche Wohnfläche. Wenn er jedoch ‒ wie hier ‒ eine bestimmte Wohnfläche vorträgt, genügt dies den Anforderungen an eine substanziierte Darlegung. Der sodann erklärungsbelastete Mieter muss ‒ soll sein Vortrag beachtlich sein ‒ auf die Behauptung des Vermieters grundsätzlich ebenfalls substanziiert (d. h. mit näheren positiven Angaben) erwidern. Er muss erläutern, von welchen tatsächlichen Umständen er ausgeht. Mit bloßem Bestreiten darf er sich nur bei pauschalem Vorbringen des Vermieters begnügen.

     

    Die erklärungsbelastete Partei ist allerdings zu einem substanziierten Gegenvortrag nur verpflichtet, wenn ihr ein solches Vorbringen möglich und zumutbar ist. Dies ist in der Regel jedoch der Fall, wenn sich die behaupteten Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich verwirklicht haben. Unabhängig davon, ob die Größe der gemieteten Wohnung in der Mietvertragsurkunde angegeben ist oder nicht, ist es dem Mieter in aller Regel selbst möglich, die Wohnfläche der gemieteten Wohnung überschlägig zu vermessen und seinerseits einen bestimmten abweichenden Flächenwert vorzutragen.

     

    Entgegen der Auffassung des LG ist es auch dem Mieter einer Wohnung mit Dachschrägen und ‒ wie hier ‒ einer Loggia möglich, diese zu vermessen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der dem Mieterhöhungsverlangen seitens des Vermieters zugrunde gelegten Wohnfläche.

     

    In gleicher Weise hat der BGH (MK 15, 24, Abruf-Nr. 173258) bereits für eine im Urkundenverfahren geltend gemachte Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung entschieden. Er stellt klar, dass dies weder auf den Besonderheiten des Urkundenprozesses, noch auf den Eigenheiten einer Betriebskostenabrechnung beruht. Er sieht vielmehr einen allgemeinen Grundsatz, der auch auf das Bestreiten der Wohnfläche im Verfahren nach §§ 558 ff. BGB anzuwenden ist. Das heißt: Der Mieter muss seinerseits positive Angaben zu einer abweichenden Wohnfläche machen.

     

    Wichtig | Dieses substanziierte Bestreiten verlangt jedoch nicht, dass der Mieter sich an einer bestimmten Berechnungsmethode (z. B. den Vorgaben der Wohnflächenverordnung) orientiert. Insbesondere, da die Berechnung ‒ wie hier ‒ aufgrund von Schrägen und Winkeln diffizil sein kann. Um die vom Vermieter behauptete Quadratmeterzahl wirksam zu bestreiten, genügt es, wenn ihr der Mieter das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung entgegenhält. Das ist in der Regel auch einem Mieter zumutbar, wenn sich die behaupteten Umstände in seinem Wahrnehmungsbereich ‒ sprich in seiner Wohnung ‒ verwirklicht haben.

     

    Liegt in diesem Sinn ein substanziierter Gegenvortrag des Mieters vor, muss ‒ einen entsprechenden Beweisantritt des Vermieters vorausgesetzt ‒ Beweis über die Größe der Wohnung erhoben werden.

     

    Beachten Sie | Beschränkt sich der Mieter dagegen ‒ wie hier ‒ darauf, die im Mieterhöhungsbegehren angegebene Wohnfläche lediglich sprachlich „zu bezweifeln“ oder einfach zu bestreiten, gilt die vermieterseits behauptete Größe der Wohnung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

     

    Auch ein vom Mieter angebotenes Sachverständigengutachten macht sein Vorbringen nicht zu einem substanziierten Bestreiten. Hierbei handelt es sich aus Sicht des BGH nicht um einen konkreten Sachvortrag, sondern allein um ein (unbeachtliches) Beweisangebot einer nicht beweisbelasteten Partei.

     

    Wichtig | Der Vermieter, der ‒ wie hier die Klägerin ‒ einen nach eigenen Angaben verfügbaren Wohnflächennachweis dem Mieter trotz dessen Bitte nicht vorgelegt hat, verstößt weder gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO, noch verhält er sich treuwidrig (§ 242 BGB).

     

    Musterformulierung / Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung

    Klage

    des .... Kläger

    gegen

    .... Beklagten

     

    wegen Zustimmung zu einer Mieterhöhung gem. § 558 BGB

     

    Streitwert: (Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete)

     

    Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde beantragen:

     

    • Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung ... in ... Etage ... von bisher monatlich ... auf ... EUR ab dem ... zuzustimmen.

    Begründung:

     

    Der Kläger hat dem Beklagten mit unbefristetem Mietvertrag vom ... die im Rubrum bezeichnete Wohnung vermietet. Es gelten keine Preisbindungsvorschriften. Es wurde weder eine Staffelmiete noch eine Preisbindung vereinbart.

     

    Beweis: Vorlage des Mietvertrags vom ... in Kopie anbei

     

    Die Miete beträgt seit dem ... ... EUR. Mit Schreiben des Klägers vom ... zugegangen am ... wurde der Beklagte zur Zustimmung zur Mieterhöhung auf ... EUR ab dem ... aufgefordert.

     

    Beweis: Vorlage des Schreibens des Klägers vom ... in Kopie anbei

     

    Begründet wird das Mieterhöhungsverlangen mit dem Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ... vom ... Dieses war als Anlage dem Erhöhungsschreiben beigefügt.

     

    Beweis: Vorlage des Gutachtens, in Kopie anbei

     

    Da die Zustimmung nicht erteilt wurde, ist nunmehr Klage geboten.

     

    Der Vollständigkeit halber wird mitgeteilt, dass der Beklagte im Zusammenhang mit dem Mieterhöhungsbegehren schriftlich erklärt hat, die der Mieterhöhung zugrunde gelegte Wohnungsgröße sei falsch.

     

    Beweis: Vorlage des Schreibens des Beklagten vom ....

     

    Der Kläger hat dies mit Schreiben vom ... zurückgewiesen:

     

    Beweis: Vorlage des Schreibens des Klägers vom ....

     

    Der Beklagte hat einfach ins Blaue hinein behauptet, die Wohnungsgröße würde nicht stimmen. Eine eigene Berechnung der Wohnungsgröße hat er nicht vorgelegt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Berechnungsgrundlage bei der Wohnungsfläche, MK 16, 25
    • Zu den geringen Anforderungen an ein Sachverständigengutachten zur Begründung der Mieterhöhung, MK 16, 40
    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 129 | ID 44758564