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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Verlängerung der Nutzungsausfallzeit wegen Fehlüberweisung des Versicherers

    Um den gegnerischen Haftpflichtversicherer hinsichtlich der Forderungsinhaberschaft bösgläubig zu machen, kann es genügen, dass der Geschädigte bzw. sein Anwalt ihm mitteilt, der Kredit für die Finanzierung des totalbeschädigten Unfallfahrzeugs sei abgelöst worden. Von diesem Zeitpunkt an kann nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an die Bank gezahlt werden, sodass ein verzögerter Geldeingang beim Geschädigten zulasten des Versicherers geht (LG Bielefeld 18.1.12, 21 S 161/11, Abruf-Nr. 120815).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach einem Totalschaden am bankfinanzierten Pkw meldete der Anwalt des Kl. die Ersatzansprüche mit Ausnahme der Mietwagenkosten beim VR an. Er wies darauf hin, dass bis zur Regulierung Nutzungsausfall/Mietwagenkosten geltend gemacht werden. Eine Finanzierung der Ersatzbeschaffung aus eigenen Mitteln oder durch Kreditaufnahme sei nicht möglich. In einem weiteren Schreiben wurde dem VR mitgeteilt, der Autokredit sei abgelöst, um Auszahlung des Schadensbetrags an den Kl. werde gebeten. Dennoch überwies der VR aus ungeklärten Gründen an die Bank. Nachdem diese das Geld an den Kl. weitergeleitet hatte, bezahlte er den inzwischen gekauften Ersatzwagen und gab den Mietwagen zurück. Der VR regulierte Mietwagenkosten nur für 21 Tage, nicht für die gesamte Mietzeit von 39 Tagen, wie vom Kl. geltend gemacht.

     

    Das AG wies die Klage auf den Differenzbetrag zurück. Der verspätete Geldeingang sei sein Risiko. Im Übrigen habe er nicht unter Beweis gestellt, zur Vorfinanzierung nicht in der Lage gewesen zu sein.

     

    Die Berufung hatte im Wesentlichen Erfolg. Das LG hat die gesamte Mietzeit als Ausfall- und Überbrückungszeit anerkannt. An die Bank, für das LG die Altgläubigerin, habe der VR nicht mehr schuldbefreiend zahlen können, weil er bei der Zahlung den Forderungsübergang infolge der Mitteilung des Kl. (= Neugläubigers) gekannt habe. Das genüge hier; eine Anzeige des Altgläubigers sei nicht zwingend. Einen Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB hat das LG unter dem Blickwinkel „Vorfinanzierung“ und „Interimsfahrzeug“ geprüft und verneint.

     

    Praxishinweis

    Immer mehr Fahrzeuge sind bankfinanziert oder geleast, Komplikationen der vorliegenden Art daher nicht ungewöhnlich. Da die VR bei der Ausfallzeit - zumal in Mietwagenfällen - um jeden Tag kämpfen, ist Streit programmiert. Das AG schiebt den Schwarzen Peter dem Geschädigten und seinem Anwalt zu, während das LG es richtigerweise anders sieht. Wissen muss der Anwalt, ob der Anspruch des Mandanten auf Ersatz des Fahrzeugschadens zur Sicherheit abgetreten ist und wenn ja, mit welcher Maßgabe (Rückabtretung oder automatischer Rückfall bei Kreditablösung). Den VR auf eine Finanzierung (mit Abtretung) und ggf. auf eine Kreditablösung (mit Rückabtretung?) ausdrücklich hinzuweisen, ist das Mindeste, sofern nicht ausnahmslos um Zahlung an das Anwaltsbüro gebeten wird.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2012 | Seite 58 | ID 32430780