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  • · Fachbeitrag · Unfallhaftpflichtprozess

    Stundenverrechnungssätze: Bei Verweis erst im Prozess Erledigung der Hauptsache?

    Auf Antrag des Klägers ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, wenn der beklagte Haftpflichtversicherer dem Kläger erst mit der Klageerwiderung die günstigeren Stundenverrechnungssätze des Referenzbetriebs der Höhe nach mitteilt (AG Mannheim 30.8.13, 9 C 107/13, Abruf-Nr. 142872).

     

    Praxishinweis

    Der prozessuale Mut des Klägervertreters wurde belohnt, obwohl einiges gegen die Annahme eines erledigenden Ereignisses spricht. Streng genommen enthält die Klageerwiderung mit der Mitteilung der Höhe der Stundensätze lediglich konkretisierenden Sachvortrag zu § 254 Abs. 2 BGB; nach jüngster BGH-Rspr. wohl auch ein substanziiertes Bestreiten der „Erforderlichkeit“ i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Wo ist das erledigende Ereignis?

     

    Manche Gerichte setzen sich über die dogmatischen Bedenken hinweg und gewähren den Geschädigten wenigstens Kostenschutz, wo sie Dispositionsschutz seit BGH VA 13, 110 und VA 14, 150 nicht mehr gewähren können. Der Ex-BGH-Richter Zoll stimmt dem zu, vgl. Wussow/Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 41 Rn. 38. Für den Fall eines erstmaligen Verweises oder einer gebotenen Komplettierung vor Klagezustellung weist er auf die Möglichkeit einer Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO mit Ermessensentscheidung pro Kl. hin.

     

    Nach Rechtshängigkeit kann die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung, nicht etwa durch eine Klagerücknahme, eine für sie günstige Kostenentscheidung erwirken. Voraussetzung ist, dass der späte, prozessual aber nicht verspätete „Verweis“ inhaltlich nicht aus den Angeln zu heben ist (auch nicht per Schriftsatznachlass). Da die Gegenseite der Erledigungserklärung im Zweifel nicht zustimmen dürfte, bleibt es - wie im Fall AG Mannheim - bei einer einseitigen Erledigungserklärung.

     

    Unter Hinweis auf AG Flensburg 8.1.13, 82 C 131/12, juris, SVR 13, 231, hat das AG der geänderten Klage stattgegeben und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt. Die Kosten liegen voll bei dem Beklagten.

     

    Einsender | Rechtsanwalt Dieter Horstmann, Dossenheim

    Weiterführende Hinweise

    • Zum Gesamtkomplex Stundenverrechnungssätze auf der Grundlage der aktuellen BGH-Rechtsprechung siehe Eggert, VA 12, 186.

     

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 186 | ID 42966185