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  • · Fachbeitrag · Rechtsschutzversicherung

    Zeitpunkt des Versicherungsfalls bei der Abwehr von Gewährleistungsansprüchen

    | Auch im Passivprozess des VN ist bei der zeitlichen Festlegung des Rechtsschutzfalls nur auf denjenigen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften abzustellen, den der VN seinem Gegner im Ausgangsrechtsstreit anlastet. Das folgt aus einer aktuellen BGH-Entscheidung. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Kläger (VN) unterhält seit dem 1.6.15 eine Rechtsschutzversicherung (ARB 2012). Mit Kaufvertrag vom 18.6.14 hatte er einen gebrauchten Mercedes verkauft. Dabei hatte er zugesichert, bestimmte Unfallschäden seien behoben. Mit Anwaltsschreiben vom 9.10.15 machte die Käuferin Gewährleistungsrechte geltend. Sie warf dem Kläger vor, die Unfallschäden seien in Wirklichkeit nicht behoben. Der Rechtsschutz-VR des Klägers meint, der Versicherungsfall sei vor Beginn der Versicherung eingetreten. Ziel der Klage ist die Freistellung von Anwaltskosten, die auf Klägerseite angefallen sind.

     

    Was für die Vorinstanzen eine klare Sache war ‒ kein Deckungsschutz wegen Vorvertraglichkeit ‒, hat der BGH anders gesehen (3.7.19, IV ZR 195/18, Abruf-Nr. 210034). Nach seiner Ansicht ist der Versicherungsfall in versicherter Zeit eingetreten. Maßgeblicher Verstoß i. S. v. § 4 Abs. 1 S. 1 Buchst. d ARB 2012 sei allein das nach dem Vorbringen des Klägers ungerechtfertigte Geltendmachen von Gewährleistungsansprüchen durch die Käuferin (9.10.15). Auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags und der Übergabe des Fahrzeugs komme es nicht an.

     

    Relevanz für die Praxis

    In Rspr. und Lit. war bisher umstritten, ob und inwieweit die neuere Judikatur des IV. ZS des BGH zur Rechtslage bei Aktivprozessen auf Passivprozesse übertragbar ist. Der BGH hat nun klargestellt, dass dies der Fall ist.

     

    Abzustellen ist demnach auf die angeblich unberechtigte Ausübung von Gewährleistungsrechten durch die Käuferin mit Anwaltsschreiben in versicherter Zeit (9.10.15). Ob die Käuferin bereits zuvor persönlich beim Kläger reklamiert hat, womöglich vor dem 1.6.15, ist nicht bekannt. Üblicherweise haben Anwaltsschreiben von Autokäufern einen persönlichen Vorlauf. In der Logik der jetzigen BGH-Entscheidung liegt es, auf die erstmalige ‒ angeblich grundlose ‒ Ausübung eines Gewährleistungsrechts abzustellen. Das kann auch ein Nacherfüllungsanspruch sein. Entscheidend ist der Zeitpunkt der angeblich unberechtigten Geltendmachung, nicht der früher liegende Zeitpunkt der vom Käufer behaupteten Pflichtverletzung.

     

    Dem rechtsschutzversicherten Verkäufer muss daran gelegen sein, nachvertragliche Kontakte mit dem Käufer, die in die nicht versicherte Zeit fallen, als bloße konfliktfreie Kulanz-Kontakte darzustellen. Der Vorwurf an die Adresse des Käufers, unberechtigterweise (pflichtwidrig) etwas gefordert zu haben, sollte so spät wie möglich, nämlich in die versicherte Zeit, datiert werden.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2019 | Seite 210 | ID 46218966