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  • · Fachbeitrag · Verwerfungsurteil

    Erkundigungspflicht des Tatrichters

    Aufgrund seiner Fürsorge- und Aufklärungspflicht muss der Tatrichter vor Erlass eines Verwerfungsurteils grundsätzlich bei der Geschäftsstelle nachfragen, ob eine Mitteilung über die Verhinderung des Betroffenen vorliegt (KG 28.8.14, 3 Ws (B) 460/14, Abruf-Nr. 143079).

     

    Praxishinweis

    Das KG hat eine der in der Praxis häufigen Verwerfungsentscheidungen nach § 74 Abs. 2 OWiG aufgehoben und das mit einem Verstoß gegen die gerichtliche Fürsorgepflicht begründet. Hier war der Hauptverhandlungstermin am 5.6.14, 9.15 Uhr. Der Verteidiger hatte mit Schriftsatz vom 4.6.14 unter der Überschrift „Eilt sehr! Vorab per Fax! Bitte sofort vorlegen! Termin am 5.6.14, 9.15 Uhr!“ beantragt, den Termin aufzuheben, weil der Betroffene verhandlungs- und reiseunfähig erkrankt sei. Der Schriftsatz war auf der Geschäftsstelle der zuständigen Abteilung am 4.6.14 um 15.32 Uhr eingegangen. Dem Richter war das bei seiner Verwerfungsentscheidung nicht bekannt. Das war für das KG ohne Bedeutung. Erfahrungsgemäß werde die Geschäftsstelle häufig auch noch kurz vor einem Termin davon verständigt, dass der Betroffene verhindert sei. Deshalb müsse sich der Tatrichter, wenn überraschend weder der Betroffene noch sein Verteidiger zum Termin erschienen sind, aufgrund seiner Fürsorge- und Aufklärungspflicht vor Erlass eines Verwerfungsurteils nach § 74 Abs. 2 OWiG bei der Geschäftsstelle vergewissern, ob eine Mitteilung über die Verhinderung des Betroffenen eingegangen ist (vgl. KG VRS 116, 454; VRR 12, 195; BayObLG VRS 83, 56; OLG Köln VRS 102, 382; OLG Stuttgart Justiz 981, 288). Der Verteidiger muss die Nichterfüllung dieser Pflicht später mit der Verfahrensrüge geltend machen.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 213 | ID 43016782