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  • · Fachbeitrag · Entziehung der Fahrerlaubnis

    Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auch noch nach längerem Zeitablauf zulässig?

    Der Umstand, dass der vorgeworfene Verkehrsverstoß bereits längere Zeit (hier über 7 Monate) zurückliegt, rechtfertigt in der Regel kein Absehen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO (LG Kleve 21.4.11, 120 Qs 40/11, Abruf-Nr. 112206).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Dem Angeklagten wird eine am 2.9.10 begangene Straßenverkehrsgefährdung mit anschließendem unerlaubtem Entfernen vom Unfallort vorgeworfen. Ihm ist mit Beschluss vom 6.4.11 die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden. Gleichzeitig wurde Hauptverhandlungstermin auf den 3.6.11 bestimmt. Die Beschwerde des Angeklagten hatte keinen Erfolg.

     

    Das AG hat dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu Recht vorläufig entzogen. Daran ändert auch der lange Zeitablauf von sieben Monaten seit dem Tattag bis zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nichts. Der Angeklagte kann sich nicht darauf berufen, dass er durch seine mehrmonatige beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr seit dem Tattag bewiesen hat, dass er zum Führen eines Kfz im Straßenverkehr geeignet ist. Auch eine mehrmonatige unauffällige Fahrweise stellt regelmäßig keinen Grund dar, von einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69a StGB abzusehen. § 111a StPO verfolgt den Zweck, die Allgemeinheit von vornherein, also auch bereits vor einer rechtskräftigen Erkenntnis, vor weiterer Gefährdung durch einen möglicherweise ungeeigneten Kraftfahrzeugführer zu schützen. Ein bloßer Zeitablauf seit der Tat beseitigt die Bedenken gegen seine weitere Teilnahme am Straßenverkehr nicht. Zwar muss bei einer vorläufigen Entziehung längere Zeit nach der Tat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden. Fehlen Hinweise für das Vorliegen eines Ausnahmefalls, gibt es keinen Grund, Vertrauensschutzerwägungen zugunsten des Betroffenen allein wegen des Zeitablaufs und sein seitdem unauffälliges Verhalten im Straßenverkehr höher zu werten als das schutzwürdige Interesse der Allgemeinheit auf Schutz vor einem ungeeigneten Fahrer. Charaktermängel werden nicht allein durch Zeitablauf beseitigt. Dies muss erst Recht gelten, wenn der Betroffene sich schon in der Vergangenheit als ungeeignet zum Führen von Kfz erwiesen hat, ihm die Fahrerlaubnis bereits einmal endgültig entzogen worden ist und sich aus dem Bundeszentralregisterauszug außerdem noch ein Verstoß gegen das BtMG ergibt.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der h.M. in der Rechtsprechung (vgl. u.a. OLG Hamm zfs 02, 199; OLG Koblenz NZV 08, 47; OLG Karlsruhe VRS 68, 360; OLG Düsseldorf NZV 92, 331; a.A. wohl nur LG Trier VRS 63, 210; LG Hagen NZV 94, 334; s. aber auch noch LG Saarbrücken zfs 07, 470 und LG Bonn NZV 10, 214). Es ist Aufgabe des Verteidigers, die Umstände des Einzelfalls, die einen Ausnahmefall begründen können, vorzutragen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2011 | Seite 158 | ID 28255450