Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Entbindungsantrag

    Ablehnung eines Entbindungsantrags aus sachfremden Erwägungen

    Die Ablehnung eines Antrags des Betroffenen, von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden zu werden (§ 73 Abs. 2 OWiG), allein mit dem Ziel, den Betroffenen in der Hauptverhandlung schulmeisterlich zu belehren, beruht auf völlig sachfremden Erwägungen und ist unter keinem Gesichtspunkt vertretbar (OLG Frankfurt a.M. 25.7.11, 2 Ss-OWi 375/11, Abruf-Nr. 112913).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Das AG hatte die Entscheidung über die Ablehnung des Entbindungsantrags des Betroffenen nach § 73 Abs. 2 OWiG damit begründet, dass es dem Betroffenen die Funktionsweise des Messgeräts, das bei der dem Verfahren zugrunde gelegten Messung verwendet worden war, erläutern und ihn über Sinn und Zweck von Geschwindigkeitsmessungen belehren wolle. Das OLG hat es als „völlig sachfremd“ angesehen, dass das AG die Anwesenheit des Betroffenen - auch nicht ansatzweise - zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts für erforderlich erachtet habe. Die Anwesenheit des Betroffenen allein mit dem Ziel zu erzwingen, diesen in der Hauptverhandlung schulmeisterhaft zu belehren, stelle sich als Maßnahme dar, die auf einer unsachlichen, sich von den gesetzlichen Maßstäben des § 73 Abs. 2 OWG völlig entfernenden Erwägung beruhe und unter keinem Gesichtspunkt vertretbar erscheine.

     

    Praxishinweis

    Für den Betroffenen sind diese zutreffenden Überlegungen verfahrensrechtlich von Bedeutung, weil sie ihm über § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG auch in den Fällen, in denen der sog. Schwellenwert für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 79 OWiG nicht erreicht ist, die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs eröffnen. Und das ist gerade von Belang, wenn das zuständige OLG - wie z.B. das OLG Frankfurt a.M. (z.B. 14.7.11, 2 Ss-OWi 398/11, Abruf-Nr. 112912) - in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass die rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Entbindungsantrags nach § 73 Abs. 2 OWiG und die anschließende Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid nach § 74. Abs. 2 OWiG nicht immer zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führt. Denn in den Fällen der Willkür nimmt z.B. auch das OLG Frankfurt a.M. in diesen Fällen den Zulassungsgrund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 StPO an. Zutreffend ist es allerdings in der Frage mit der wohl h.M. davon auszugehen, dass es nicht darauf ankommt, ob das AG willkürlich gehandelt hat (vgl. dazu OLG Hamm NZV 10, 214; OLG Köln NZV 09, 52; OLG Naumburg VA 11, 35). So hat das OLG Hamm (13.7.11, III-4 RBs 193/11, Abruf-Nr. 112915) allein in dem Umstand, dass einem Entbindungsantrag objektiv hätte entsprochen werden müssen und somit ein Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht hätte ergehen dürfen, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gesehen.