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  • 02.10.2013 · IWW-Abrufnummer 133115

    Landgericht Wuppertal: Urteil vom 22.03.2010 – 17 O 241/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    1.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 652,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.628,56 EUR vom 09.06.2009 bis 08.12.2009 und aus 652,46 EUR seit dem 09.12.2009 zu zahlen.

    2.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von noch 86,63 EUR freizustellen.

    3.

    Im Übrigen wird die Klage, soweit nicht durch Zahlung erledigt, abgewiesen.

    4.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 4/5, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/5.

    5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheits-leistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung durch die Beklagten darf die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis vom 10.05.2009.

    Die Klägerin parkte ihren erst fünf Tage alten und zum Neupreis von 20.530,00 EUR erworbenen Pkw XXX mit einer Laufleistung von 210 km, amtliches Kennzeichen ####, ordnungsgemäß in einer Parktasche an der V Talsperre. Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem Pkw, amtliches Kennzeichen………, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2), beim Ausparken infolge Unaufmerksamkeit rückwärts in die Fahrerseite des Pkw der Klägerin hinein.

    Gemäß Schadensgutachten des Sachverständigenbüros Dd vom 13.05.2009 betragen die Wiederherstellungskosten des Klägerfahrzeugs einschließlich MwSt. 2.555,05 EUR, der Wiederbeschaffungspreis einschließlich Mehrwertsteuer 18.500,00 EUR, der Restwert einschließlich Mehrwertsteuer 14.000,00 EUR, der Minderwert 800,00 EUR.

    Die Klägerin hat das Fahrzeug inzwischen bei der Firma T GmbH & Co. KG in S reparieren lassen.

    Die Klägerin beansprucht von den Beklagten eine Abrechnung des Schadens auf Neuwagenbasis. Sie trägt hierzu vor, dass Richtarbeiten an ihrem Fahrzeug an der A-Säule und am Unterholm nötig seien. Im Übrigen müsse die Fahrertür ausgetauscht werden. Es sei zu einem nicht unerheblichen merkantilen Minderwert gekommen. Aufgrund der Erheblichkeit des eingetretenen Schadens sei ihr nicht zumutbar, auf lediglich eine Reparatur des Pkws verwiesen zu werden.

    Hilfsweise stützt die Klägerin die Klageforderung auf den angefallenen Reparaturaufwand nebst Nutzungsausfall, Kostenpauschale und Wertminderung sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.

    Die Beklagte zu 2) hat auf die Schadenspositionen am 08.12.2009 2.972,10 EUR und 359,50 EUR überwiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    1.

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 20.530,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw XXXVI Comfortline, Fahrgestellnummer

    -------.

    2.

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlich entstandenen und nach RVG nicht anzurechnenden Rechtsanwaltsgebühren freizustellen in Höhe von 1.023,16 EUR.

    Die Beklagten beantragen,

    die Klage abzuweisen.

    Sie sind der Auffassung, dass die Klägerin eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht beanspruchen könne. Richtarbeiten an dem Fahrzeug der Klägerin seien nicht erforderlich. Von daher fehle es an einer erheblichen Beschädigung des Klägerfahrzeugs. Es handele sich nur um oberflächliche Lack- oder Blechschäden, die spurenlos beseitigt werden könnten.

    Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zum Teil begründet.

    Die Klägerin kann von den Beklagten aus dem Unfallgeschehen vom 10.05.2009 Erstattung der Unfallschäden in Höhe von noch 652,46 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von noch 86,63 EUR beanspruchen. Im Übrigen ist das Klagebegehren, soweit nicht durch Zahlung der Beklagten zu 2) erledigt, unbegründet.

    Die Klägerin kann eine Abrechnung des eingetretenen Schadens auf Neuwagenbasis nicht beanspruchen.

    Gemäß § 249 BGB hat der zum Schadensersatz verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Für die Berechnung von Fahrzeugschäden stehen dem Geschädigten regelmäßig zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Reparatur des Unfallfahrzeugs oder Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs. Zwischen diesen Wegen kann der Geschädigte grundsätzlich frei wählen. Allerdings hat der Geschädigte auch das in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitspostulat zu beachten. Dieses gebietet dem Geschädigten, den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandsteil in einen den früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen. Verursacht von mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt.

    Für den Fall der Beschädigung von Neufahrzeugen wird in der Rechtsprechung als Faustregel gebilligt, Fahrzeuge mit einer Fahrleistung von nicht mehr als 1.000 km im Regelfall als fabrikneu anzusehen. Von daher unterfällt das erst 5 Tage zugelassenen Fahrzeug der Klägerin mit einer Laufleistung von 210 km hier einem Neufahrzeug.

    Weitere Voraussetzung für die Zubilligung einer Abrechnung des Fahrzeugschadens auf Neuwagenbasis ist jedoch, dass das Fahrzeug bei dem Unfall erheblich beschädigt worden ist. Die Erheblichkeit einer Beschädigung ist anhand des Zustands zu beurteilen, in dem sich das Fahrzeug nach einer fachgerechten Reparatur befinden würde. Eine erhebliche Beschädigung wird in aller Regel anzunehmen sein, wenn beim Unfall tragende oder sicherheitsrelevante Teile, insbesondere das Fahrzeugchassis, beschädigt wurden und die fachgerechte Instandsetzung nicht völlig unerhebliche Richt- oder Schweißarbeiten am Fahrzeug erfordert. Durch derartige Arbeiten wird in erheblicher Weise in das Gefüge des Fahrzeugs eingegriffen. Sind dagegen lediglich Fahrzeugteile betroffen, die im Rahmen einer fachgerecht durchgeführten Reparatur spurenlos ausgewechselt werden können und sind die Funktionstüchtigkeit und die Sicherheitseigenschaften des Fahrzeugs, insbesondere die Karosseriesteifigkeit und das Deformationsverhalten, nicht beeinträchtigt, ist eine erhebliche Beschädigung zu verneinen (BGH NJW 09, 3022; OLG Hamm NZV 01, 478).

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich eine erhebliche Beschädigung des Fahrzeugs der Klägerin durch das Unfallgeschehen hier nicht hinreichend feststellen.

    Ausweislich der überreichten Reparaturrechnung der Firma T GmbH & Co. KG aus S vom 16.12.2009 handelte es sich bei den eingetretenen Beschädigungen ganz überwiegend um Blechschäden, die nahezu vollständig durch Austausch der Teile (Tür/Türscharniere) regelgerecht beseitigt worden sind. An Instandsetzungsarbeiten sind lediglich geringfügige Arbeiten an der A-Säule/Unterholm des Fahrzeugs mit einem Aufwand von 115,00 EUR netto aufgeführt. Richtarbeiten an tragenden Teilen des Fahrzeugs sind nicht durchgeführt worden. Die Arbeiten entsprechen den Ausführungen des Gutachtens des Sachverständigenbüros Dd vom 13.05.2009. Der eingetretene Schaden an dem Klägerfahrzeug ist danach ohne nennenswerte Folgen ordnungsgemäß beseitigt.

    Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis kann die Klägerin danach nicht beanspruchen.

    Der Schaden beziffert sich danach wie folgt:

    Reparaturkosten 2.553,56 EUR

    Unkostenpauschale 25,00 EUR

    Nutzungsausfall (5 Tage á 50,00 EUR) 250,00 EUR

    Wertminderung 800,00 EUR

    Gesamt 3.628,56 EUR

    abzüglich Zahlung Beklagte zu 2) ./. 2.972,10 EUR

    verbleiben 652,46 EUR

    Die Gutachterkosten in Höhe von 520,15 EUR sind bereits von der Beklagten zu 2) unmittelbar gegenüber dem Gutachter reguliert worden.

    Die Klägerin kann danach von den Beklagten Schadensersatz aus dem Unfallgeschehen in Höhe von noch 652,46 EUR erstattet verlangen.

    Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286,288 BGB.

    An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind unter Berücksichtigung eines Gegenstandswerts von 4.148,71 EUR Kosten in Höhe von 446,13 EUR entstanden. Abzüglich der von der Beklagten zu 2) bereits gezahlten 359,50 EUR verbleibt ein Restbetrag von 86,63 EUR, für den die Klägerin noch Freistellung von den Beklagten beanspruchen kann.

    Der Klage war danach dem Tenor entsprechend unter Abweisung im Übrigen stattzugeben.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.