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  • 06.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145663

    Landgericht Ingolstadt: Beschluss vom 30.09.2015 – 2 Qs 48/15

    Sind vom Betroffenen gegen die Verwertbarkeit einer Messung keine konkreten Einwände erhoben, wird aber dennoch vom Amtsgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt, handelt es sich i.d.R. um eine unrichtige Sachbehandlung, die zur Niederschlagung der Sachverständigenkosten nach § 21 GKG führt.


    Landgericht Ingolstadt
    Az.: 2 Qs 48/15
    Rechtsanwalt XXX, Scheibenstraße 49, 40479 Düsseldorf, Gz.: 2014/00014
    wegen OWi StVO
    hier: Beschwerde XXX
    erlässt das Landgericht Ingolstadt - 2. Strafkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 30.09.2015 folgenden
    Beschluss
    1. Auf die Beschwerde des Betroffenen wird die Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft Ingolstadt vom 23.10.2014 insoweit aufgehoben, als dem Betroffenen die Zahlung von 2.054,54 € Gutachterkosten auferlegt worden sind.
    2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Gebühren werden nicht erstattet.
    Gründe:
    Die gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte Beschwerde des Betroffenen vom 04.05.2015 gegen die Erinnerung des Amtsgerichts Ingolstadt vom 19.12.2014 hat in der Sache vollumfänglich Erfolg und führt in tenoriertem Umfang zur Abänderung der Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft Ingolstadt vom 23.10.2014.
    Von der Erhebung der Gutachterkosten i. H. v. 2.054,54 € ist gem. § 21 GKG abzusehen, da sie durch unrichtige Sachbehandlung entstanden sind.
    Der Beweisbeschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 21.05.2014, mit dem die Erholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Ordnungsgemäßheit der Geschwindigkeitsmessung angeordnet worden ist, hätte der Sache nach nicht ergehen dürfen, so dass eine objektiv unrichtige Sachbehandlung vorliegt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1998, 321 m. w. N.; BGH NJW 1993, 3081) entspricht es gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Köln, Beschluss vom 04.09.2015 - 1 RBs 276/15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2015 - IV - 3 RBs 15/15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.10.2014 - 2 (7) SsBs 454/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2014 - IV - 1 RBs 50/14; KG, Beschluss vorn 15.05.2014 - 3 Ws (B) 249/14 - 122 Ss 73/14; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.04.2013 - 2 Ss OWi 349/13; OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2013 - III - 1 RBs 63/13), dass der Tatrichter bei standardisierten Geschwindigkeitsmessverfahren wie dem Vorliegenden nur dann gehalten ist, die Zuverlässigkeit von Messungen zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen.
    Derartige konkrete Anhaltspunkte für Messfehler waren im Verfahren nicht dargetan. Der Betroffene hat vielmehr mit Schriftsatz vom 19.05.2014 lediglich die Übersendung der Messdatei nebst Beweisfoto beantragt, um diese von einem durch den Betroffenen zu beauftragenden Sachverständigen überprüfen zu lassen.
    Der Antrag des Betroffenen vom 19.05.2014 konnte auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Betroffene hiermit die Richtigkeit der Messung in einer Art und Weise angezweifelt hätte, dass die Erholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen wäre. Denn konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler waren, was Voraussetzung für die Erholung eines Sachverständigengutachtens gewesen wäre, seitens des Betroffenen gerade noch nicht aufgezeigt worden.
    Vorstehendes hat der Betroffene unmittelbar im Nachgang zum Beweisbeschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 22.05.2014 mit Schriftsatz vom 02.06.2014 unter näherer Darlegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nochmals ausdrücklich klargestellt und mitgeteilt, dass zum damaligen Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler weder bestünden noch dass ein solcher seitens des Betroffenen konkret behauptet würde. Dem Betroffenen gehe es lediglich darum, die Messung von einem eigenen Sachverständigen überprüfen zu lassen, um ggf. im Anschluss hieran konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlbedienung oder Fehlmessung vorzutragen.
    Spätestens im Anschluss an den klarstellenden Schriftsatz vom 02.06.2014 wäre der Tatrichter zur Vermeidung unnötiger Verfahrenskosten gehalten gewesen, den Beweisbeschluss auf entsprechenden Antrag des Betroffenen aufzuheben.
    Da angesichts der dargestellten gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung letztlich eine Beweisaufnahme über erkennbar nicht erhebliche Tatsachen stattgefunden hat (vgl. Binz/Dörndorfer/Petzold/ Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage 2014, § 21 Rn 7 m. w. N.; OLG München NJW-RR 2003, 1294), ist es vorliegend geboten, gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Erhebung der Gutachterkosten i. H. v. 2.054,54 € abzusehen.
    Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.