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  • 27.03.2020 · IWW-Abrufnummer 215004

    Landgericht Berlin: Beschluss vom 28.02.2020 – 501 Qs 18/20

    Auch nach der Änderung des § 44 Abs. 1 StGB und unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes besteht keine Veranlassung den Grenzwert für den bedeutenden Fremdschaden von 1.500 € auf 2.500 € anzuheben.


    Landgericht Berlin

    Beschluss

    Geschäftsnummer: 501 Qs 18/20
    293 Gs 4/20 Amtsgericht Tiergarten

    In der Ermittlungssache

    wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort

    hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Berlin am 26. Februar 2020 beschlossen:

    Die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 13. Januar 2020 wird auf ihre Kosten als unbegründet verworfen.

    Gründe:

    Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach § 111a Abs. 1 StPO gerechtfertigt. Es liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass der Beschuldigten die Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB i.V.m. § 142 StGB entzogen werden wird.

    Das Amtsgericht hat den dringenden Tatverdacht des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ¬unter Zugrundelegung eines dem bisherigen Ermittlungsergebnis entsprechenden Sachverhalts, auf den die Kammer Bezug nimmt — zutreffend bejaht. Insbesondere liegen dringende Gründe dafür vor, dass die Beschuldigte zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Der Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass die Beschuldigte sämtliche Umstände — d. h. dass es überhaupt zu einem Unfall gekommen ist, für das ihr Verhalten möglicherweise mitursächlich war, und der dabei entstandene Schaden nicht ganz unerheblich ist — zumindest billigend in Kauf genommen hat. Nach vorläufiger Bewertung sind diese Voraussetzungen erfüllt. So hat der unbeteiligte Zeuge xxx nach Aktenlage bekundet, der Zusammenstoß sei nicht nur sehr deutlich zu hören gewesen, sondern auch durch das Wanken des angestoßenen Fahrzeuges zu erkennen gewesen. Die Beschuldigte habe auch sofort in diese Richtung gesehen und habe auf ihn erschrocken gewirkt. Zudem habe er sich mit erhobenen Armen vor das Fahrzeug der Beschuldigten begeben, um sie zum Anhalten zu bewegen. Er selbst habe schließlich einen Schritt zur Seite gemacht, da die Beschuldigte ihre Fahrt langsam fortgesetzt habe. Vor diesem Hintergrund liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass die Beschuldigte den Zusammenstoß wahrgenommen und zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass hierbei ein über die Bagatellgrenze hinausgehender Schaden entstanden ist. Es sind nach Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der unbeteiligte Zeuge xxx unzutreffende Angaben gemacht oder die Beschuldigte zu Unrecht belastet haben könnte.

    Es liegt nach Aktenlage auch ein bedeutender Fremdschaden i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor. Soweit die Beschwerdebegründung unter Hinweis auf den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth — 5 Qs 23/18 — vom 4. Juni 2018 einwendet, es bestehe insoweit kein dringender Tatverdacht, weil die Grenze für einen bedeutenden Fremdschaden teilweise erst bei 2.500 Euro gesehen werde, vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar trifft es zu, dass bei der Beurteilung, ob ein bedeutender Fremdschaden vorliegt, die allgemeine Geldentwicklung nicht außer Betracht bleiben darf. In Anbetracht des Umstandes, dass sich das Landgericht Nürnberg-Fürth bei der Bestimmung der Wertgrenze lediglich „an einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Entwicklung orientiert" hat (Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 28. August 2018 — 5 Qs 58/18 —, Rn.10, zitiert nach juris) und in der jüngeren Rechtsprechung eine Anpassung der Wertgrenze von 1.300 Euro auf jedenfalls 1.500 Euro (vgl. Landgericht Magdeburg, Beschluss vom 19. Juni 2019 ¬26 Qs 15/19 —; Landgericht Dresden, Beschluss vom 7. Mai 2019 — 3 Qs 29/19 —; Amtsgericht Tiergarten, Beschluss vom 15. Mai 2015 — 288 Gs 48715 —) und vereinzelt auf 1.600 Euro (vgl. Landgericht Hanau, Beschluss vom 26. März 2019 — 4b Qs 26/19 —) vorgenommen wird, sieht die Kammer, die die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB in ihrem Beschluss vom 18. Oktober 2018 — 501 Qs 80/18 — bei einem Fremdschaden von 1.500 Euro bejaht hat, auch nach der Änderung des § 44 Abs. 1 StGB und unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes keine Veranlassung, eine derart großzügige Anpassung der Wertgrenze vorzunehmen. Ausweislich des vorliegenden Haftpflichtgutachtens betragen die Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer 1.615,99 Euro, so dass die Wertgrenze des bedeutenden Schadens in Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB — selbst wenn man eine Wertgrenze von 1.600 Euro zugrund( legt — überschritten ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.