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  • 12.03.2014 · IWW-Abrufnummer 140735

    Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 31.01.2014 – 14 U 113/13

    Schließen sich die Begehren der Parteien im Berufungsverfahren dergestalt gegenseitig aus, dass der Erfolg des einen Rechtsmittels zwangsläufig den Misserfolg der anderen Berufung zur Folge hat, so ist für die Streitwertbemessung lediglich der höhere der beiden Werte maßgebend. Eine Zusammenrechnung findet nicht statt.


    OLG Celle

    31.01.2014

    14 U 113/13

    Tenor:

    Unter Abänderung des Beschlusses des Senats vom 9. September 2013 wird der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 17.233,59 € festgesetzt.

    Im Übrigen wird die als Gegenvorstellung der Beschwerdeführer auszulegende Eingabe vom 10. Januar 2014 gegen die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands des Berufungsverfahrens gem. Beschluss des Senats vom 9. September 2013 zurückgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
    Gründe

    I.

    Die von den Beschwerdeführern gegen die Wertfestsetzung des Senats durch Beschluss vom 9. September 2013 mit Schriftsatz vom 10. Januar 2014 eingelegte Beschwerde ist bereits unzulässig, da gegen die Wertfestsetzung durch ein Oberlandesgericht ein Rechtsmittel nicht statthaft ist, § 68 Abs. 1 S. 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG. Dementsprechend ist die Eingabe der Beschwerdeführer nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz als Gegenvorstellung auszulegen, da sie mit dieser die nochmalige Überprüfung der gerichtlichen Wertfestsetzung begehren.

    II.

    In der Sache erweist sich die Gegenvorstellung allerdings in überwiegendem Maß als unbegründet.

    Bei der Bemessung des Streitwerts für das Berufungsverfahren ist für den Fall wechselseitig eingelegter Rechtsmittel, soweit sie denselben Gegenstand betreffen, nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Sätze 1 und 3 GKG. Für die Beurteilung, ob derselbe Gegenstand betroffen ist, ist allerdings nicht auf den zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriff abzustellen, sondern allein auf eine wirtschaftliche Betrachtung. Aus diesem Grund vermag der Senat der Auffassung der Beschwerdeführer, das Vorliegen verschiedener Streitgegenstände sei bereits dann anzunehmen, wenn sich die wechselseitig eingelegten Rechtsmittel bzw. Berufung und Anschlussberufung auf verschiedene Teile derselben Forderung, also einerseits auf einen "oberen" Teil, andererseits auf einen "unteren" Teil bezögen, nicht zu folgen. Denn dabei tritt gerade nicht die "wirtschaftliche Werthäufung" ein, auf die es nach Auffassung des BGH für eine Zusammenrechnung der Streitwerte ankommt (Beschluss v. 6. Oktober 2004 - IV ZR 287/03).

    Zweck der Vorschrift des § 45 Abs. 2 und 1 GKG ist, den Gebührenstreitwert niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche Behandlung der Rechtsmittel die Arbeit des Gerichts vereinfacht. Eine Zusammenrechnung der jeweiligen Rechtsmittelwerte hat deswegen nur dann zu erfolgen, wenn durch das Nebeneinander der gegenläufigen Anträge eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, die aber nur dann vorliegt, wenn die gegenseitigen Ansprüche in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann, hingegen nicht, wenn die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht (vgl. RGZ 145, 164, 166; BGHZ 43, 31, 33; BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713 [II.]; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506, juris-Rdnrn. 8 und 9 m. w. N.; Senat, Urteil v. 23. Januar 2008 - 14 U 98/07; Beschlüsse vom 8. Juni 2007 - 14 U 64/07 - und 18. Juni 2007 - 14 U 202/06, Nds. Rpfl. 2008, 20; die gegenteilige Meinung von Norbert Schneider, AGS 2008, 3, sowie von Hartmann in: Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 44 GKG Rdnr. 35 missachtet die einschlägige, eindeutige und unmissverständliche Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs und setzt sich mit der maßgeblichen Norm des § 45 GKG nicht hinreichend auseinander).

    Im vorliegenden Fall hat die Berufung des Klägers - isoliert betrachtet - einen Wert von 16.393,25 Euro (12.000 Euro weitere Schmerzensgeldforderung sowie 4.393,25 Euro weiterer materieller Schaden). Die Anschlussberufung der Beklagten hat bei isolierter Betrachtung, nämlich gemessen an der Höhe der erstgerichtlichen Verurteilung, einen Wert von 9.680,67 Euro.

    In Bezug auf die Quote und das Schmerzensgeld schließen sich die Rechtsmittel gegenseitig aus. Insoweit kann der Senat nämlich nicht sowohl auf die Berufung der Beklagten die Haftungsquote zum Nachteil des Klägers herab- als auch auf die Berufung des Klägers hin zu seinem Vorteil heraufsetzen. Ebenso kann er nicht einerseits auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abweisen und andererseits gleichzeitig auf die Berufung des Klägers weitere Schmerzensgeldansprüche zuerkennen.

    Dies lässt erkennen, dass den wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln insoweit bei wirtschaftlicher Betrachtung gerade keine unterschiedlichen Streitgegenstände zugrunde liegen und deshalb der höhere Wert der Berufung des Klägers für die Festsetzung des Berufungsstreitwerts insofern maßgeblich wäre.

    Anders beurteilt sich die Bewertung der sonstigen, zwischen den Parteien streitigen Schadenspositionen. Bei diesen können die Rechtsmittel gleichzeitig, nämlich in Bezug auf die Quote die Berufung des Klägers, und was die grundsätzlich erstattungsfähige Schadenshöhe betrifft, die Berufung der Beklagten Erfolg haben. Insoweit ist daher das Vorliegen eines identischen Interesses, das die Anwendung von § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 S. 3 GKG gebieten würde, zu verneinen.

    Dies führt im hiesigen Fall allerdings nur zu einer geringfügigen Abänderung der mit Beschluss vom 9. September 2013 durch den Senat erfolgten Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren. Denn da das "überschießende Interesse" der Beklagten auf die Hälfte der vom Landgericht für diese Schadenspositionen zuerkannten Ersatzansprüche begrenzt ist, mithin also 840,34 € beträgt, erhöht sich der bislang festgesetzte Berufungsstreitwert lediglich um diesen Betrag.

    Da durch diese Erhöhung die Streitwertgrenze (bis 19.000 €) nicht überschritten wird, verhält sich diese Erhöhung in Bezug auf die angefallenen Gebühren damit wertneutral.

    Soweit sich die Beschwerdeführer zugleich auch gegen die mit Beschluss vom 7. Januar 2014 erfolgte Wertfestsetzung für den Vergleich wenden, bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen mehr, da diese infolge des mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 erklärten Widerrufs gegenstandslos geworden ist.

    III.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

    RechtsgebietGKGVorschriftenGKG § 45 Abs.1 S. 3; GKG § 45 Abs. 2