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  • 29.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123630

    Amtsgericht Dillenburg: Beschluss vom 09.11.2012 – 3 OWi - 2 Js 60458/11

    Mehrere Fahrverbote, auf die nicht die Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG Anwendung findet, werden parallel vollstreckt.


    Amtsgericht Dillenburg 3 OWi - 2 Js 60458/11
    09.11,2012
    Beschluss
    In der Bußgeldsache gegen pp.
    wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
    hat das Amtsgericht Dillenburg am 09.11.2012 beschlossen:
    Es wird festgestellt, dass das durch Urteil des Amtsgerichts Dillenburg vom 24.05.2012 angeordnete Fahrverbot mit Ablauf des 10.11.2012 erledigt ist.
    Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse,
    Gründe:
    Durch Urteil des Amtsgerichts Dillenburg vorn 24.05.2012 wurde der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 43 km/h zu einer Geldbuße von 160,00 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Eine Entscheidung gemäß § 25 Abs. 2 a StVG wurde nicht getroffen, da gegen den Betroffenen bereits durch einen Bußgeldbescheid der Stadt Hagen ein einmonatiges Fahrverbot verhängt worden war, welches am 13.11.2010 rechtskräftig geworden war.
    Gegen das Urteil des Amtsgerichts Dillenburg legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein. Mit Schriftsatz vom 08.10.2012, beim OLG Frankfurt eingegangen, am 09.10.2012 hat der Betroffene seine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil vom 24.05.2012 zurückgenommen. Damit war das Urteil des Amtsgerichts Dillenburg am 09.10.2012 rechtskräftig geworden. Gleichzeitig wurde das Fahrverbot wirksam.
    Mit Bußgeldbescheid vom 29.03,2012 verhängte die Stadt Dortmund ebenfalls ein einmonatiges Fahrverbot. Nachdem der Betroffene zunächst rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, hat er gegenüber dem Amtsgericht Dortmund mit Fax vom 09.10.2012 den Einspruch auch in dieser Sache zurückgenommen. Da in dem Bußgeldbescheid der Stadt Dortmund ebenfalls ein einmonatiges Fahrverbot ohne Einräumung der Viermonatsfrist verhängt worden war, wurde auch in diesem Fall das Fahrverbot mit Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam, also ebenfalls am 09.10.2012.
    Der Betroffene hat seinen Führerschein mit Einwurfschreiben vom 08.10.2012 zur Vollstreckung des Fahrverbots an die Stadt Dortmund übersandt. Der Führschein ist bei der Stadt Dortmund am 10.10.2012 eingegangen. Mit Schreiben vom 31.10.2012 hat der Betroffene sich an die Staatsanwaltschaft Wetzlar gewandt und um eine Bestätigung gebeten, dass das durch das Amtsgericht Dillenburg verhängte Fahrverbot parallel mit dem Fahrverbot aus dem Bußgeldbescheid der Stadt Dortmund durch die Stadt Dortmund vollstreckt wird.
    Die Staatsanwaltschaft in Wetzlar lehnt die Anerkennung einer Parallelvollstreckung jedoch ab und vertritt die Auffassung, dass das hiesige Fahrverbot im Anschluss bis zum 9.12.2012 zu vollstrecken ist.
    Der Betroffenen stellt Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Ablehnung der Parallelvollstreckung durch die Staatsanwaltschaft und beantragt festzustellen, dass das durch Urteil des Amtsgerichts Dillenburg vom 24,5.2012 angeordnete Fahrverbot bereits am 9.10.2012 begonnen und mit Ablauf des 9.11.2012 erledigt ist.
    Der Antrag ist zulässig gemäß §§ 103, 104 OwiG und das Amtsgericht Dillenburg ist zuständig.
    Der Antrag ist auch ( überwiegend) begründet. Beide Fahrverbote wurden auf der Grundlage des § 25 Abs. 2 StVG im Rahmen eines Bußgeldverfahrens verhängt. Der Wortlaut des § 25 Abs. 2 StVG ist eindeutig. Danach wird das Fahrverbot mit Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Im Straßenverkehrsgesetz hat der Gesetzgeber mit § 25 Abs. 2 a StVO nur in besonderen Fällen ausdrücklich geregelt, dass Fahrverbotsfristen nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen sind, soweit -- und nur dann- die Voraussetzung des § 25 Abs. 2 a Satz 1 StVG vorliegen. Eine dem § 25 Abs. 2 a StVG entsprechende Regel hat der Gesetzgeber in § 25 Abs. 2 StVG ausdrücklich nicht aufgenommen. Demzufolge sind mehrere Fahrverbote nach § 25 Abs. 2 StVG in der Regel nebeneinander zu vollstrecken. Es war dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 25 Abs.2 a StVG auch bewusst, dass nach der bis dahin gütigen Gesetzeslage zwei Fahrverbote parallel zu vollstrecken waren. Noch im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vom 7.2.1997( Bt.DRs.13/6914) sollte eine umfassende Regelung geschaffen werden mit folgendem Wortlaut eines § 25 Abs. 5 Satz 2 StVO: "Sind gegen den Betroffenen mehrere Fahrverbote wirksam, so laufen die Verbotsfristen nacheinander, Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist aufgrund der früher angeordneten Fahrverbotes zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend."
    Zur Begründung wurde im Gesetzesentwurf angeführt, dass es sowohl aus verkehrserzieherischen als auch aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend notwendig sei, Fahrverbotsfristen mehrerer Verbote nicht gleichzeitig zu berechnen, sondern nacheinander wirken und gegebenenfalls vollstrecken zu lassen. Das Fahrverbot habe die Funktion eines deutlichen Denkzettels. Es könne nicht im Interesse der Verkehrssicherheit sein, wenn ein hartnäckiger Täter die Möglichkeit habe, nach Begehen eines schwerwiegenden, in der Regel mit Fahrverbot bedrohten Verkehrsverstosses weitere Verstöße von gleichem Gewicht zu begehen, ohne das Risiko, für einen zusätzlichen Zeitraum auf den Führerschein verzichten zu müssen.
    Dass letztlich nur die heutige Regelung in § 25 Abs. 2 a StVG Gesetzeskraft erlangt hat, zeigt, dass der Gesetzgeber die Parallelvollstreckung in den Ausnahmefällen, in denen eine Parallelvollstreckung durch gleichzeitige Rechtskraft gemäß § 25 Abs. 2 StVO entsteht, tolerieren wollte. Denn hierbei ist zu bedenken, dass solche Fälle in der Regel nur als seltenen Ausnahmen entstehen können, wenn durch taktisches Verhalten in beiden Verfahren ein gleichzeitiger Eintritt der Rechtskraft erreicht werden kann.
    An den eindeutigen Willen des Gesetzgebers muss man sich halten, auch wenn diese Regelung nicht sinnvoll erscheint, zumindest kann man den gesetzgeberischen Willen nicht durch erweiternde Auslegung ignorieren.
    Da der Führerschein am 10.10.2012 in amtliche Verwahrung gelangt ist, lief die einmonatige Frist § 59 a V, 37 Abs. 4 Satz 2 StVollStrO entsprechend mit Ablauf des 10.1 1,2012 und nicht des 9.11.2012 ab.
    Da der Betroffene überwiegend obsiegt hat, sind ihm seine notwendigen Auslagen zu ersetzen, §§ 46 OwiG, 467,473 StPO entsprechend.

    RechtsgebietStGBVorschriften§ 25 Abs. 1 StGB § 44 StGB § 316 Abs. 2 StGB