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  • 24.03.2010 | Unfallschadensregulierung

    Wichtiges Restwert-Urteil

    1. Es ist zweifelhaft, ob ein Geschädigter verpflichtet ist, das Restwertangebot eines ihm völlig unbekannten Anbieters anzunehmen, wenn dieses, wie üblich, den regional erzielbaren Restwert um ein Vielfaches übersteigt. Wenn die Realisierung solcher Werte selbst Fachleuten nicht nachvollziehbar ist und illegale Verhaltensweisen nicht auszuschließen sind, erscheint es dem Geschädigten nicht zumutbar, mit solchen Personen geschäftliche Verbindungen einzugehen.  
    2. In jedem Fall ist der Geschädigte zur Annahme eines Restwertangebots nur verpflichtet, wenn auf diesem klar und deutlich die kostenfreie Abholung gegen Barzahlung vermerkt ist und er ohnehin bereit ist, das Fahrzeug sofort zu verkaufen. Benötigt der Geschädigte noch Zeit, über eine anderweitige Verwertung zu entscheiden, muss er auf ein zeitlich befristetes Angebot nicht eingehen.  
    (OLG Frankfurt a.M. 19.1.10, 22 U 49/08, Abruf-Nr. 100791).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Noch am Unfalltag (29.11.05) erhielt der Kl. vom gegnerischen VR ein Schreiben, in dem es u.a. hieß: „Ihr Fahrzeug hat vermutlich einen Totalschaden erlitten. Vereinbarungsgemäß verkaufen Sie das Fahrzeug erst nach Rücksprache mit uns. In vielen Fällen können wir Ihnen ein höheres Restwertangebot (Wert nach Unfall) übermitteln. Das Fahrzeug wird dann für Sie kostenlos abgeholt. Wir werden Sie schnellstmöglich informieren.“ Ein vom VR direkt eingeschalteter Sachverständiger kam in seinem Gutachten - nach einer Recherche in einer Restwertbörse - zu einem Restwert von 2.100 EUR. Der Kl. erhielt das Gutachten mit VR-Schreiben vom 2.12.05. Dem Gutachten, nicht dem Begleitschreiben, konnte der Kl. die Adresse des Aufkäufers mit Telefon- und Faxnummer entnehmen, auch die Befristung des Angebots auf 22 Tage. Der Hinweis auf kostenloses Abholen und Barzahlung wurde nicht wiederholt. Der Kl. erwarb am 5.12.05 ein neues Fahrzeug. Den Unfallwagen veräußerte er erst am 8.2.06 für 800 EUR. Diesen Betrag hatte ein von ihm beauftragter Sachverständiger als Restwert ermittelt.  

     

    Während das LG den Restwert mit 2.100 EUR ansetzte, hat das OLG nur 800 EUR abgezogen. Aus den Gründen der obigen Leitsätze verneint der Senat einen Verstoß des Kl. gegen seine Schadensminderungspflicht.  

     

    Praxishinweis

    Der VR war zwar schnell, aber schlecht organisiert. Zudem hatte er es mit einem Geschädigten zu tun, der im Wettlauf mit der Zeit geschickt gekontert hat: Verkauf des Wracks unbestritten (!) erst nach Ablauf der Angebotsfrist, deutlich abgekoppelt vom Ersatzkauf. Das OLG formuliert vier Voraussetzungen, unter denen der Geschädigte ausnahmsweise verpflichtet ist, sich auf ein Restwertangebot von VR-Seite einzulassen: