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  • 25.01.2011 | Unfallschadensregulierung

    Wichtiges BGH-Urteil zum Anscheinsbeweis beim Auffahrunfall

    Steht fest, dass sich der Auffahrunfall in zeitlichem und räumlichen Zusammenhang mit einem Überholvorgang kurz vor der Ausfahrt einer Autobahn ereignet hat, an der beide Verkehrsteilnehmer die Autobahn verlassen haben, liegt eine Verkehrssituation vor, die sich von derjenigen, die den Schluss auf ein Verschulden des Auffahrenden zulässt, grundlegend unterscheidet. Der Beweis des ersten Anscheins für ein Auffahrverschulden greift schon mangels eines typischen Geschehensablaufs nicht ein (BGH 30.11.10, VI ZR 15/10, Abruf-Nr. 110105).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Bekl. wechselte mit seinem Opel auf den Verzögerungsstreifen, um die A 4 zu verlassen. Das Fahrzeug der Kl., ein VW-Bus, fuhr zunächst hinter dem Opel. Im weiteren Verlauf überholte der VW-Bus den Opel. Der konkrete zeitliche Ablauf des Überholens ist strittig. In der lang gezogenen Ausfahrt bremste der VW-Fahrer plötzlich bis zum Stillstand ab. Der Opel-Fahrer konnte, wie es im Tatbestand heißt, nicht mehr rechtzeitig reagieren. Bei der Kollision wurde der VW-Bus hinten rechts und der Opel vorne links beschädigt. Die Kl./Widerbekl. behaupten: Überholvorgang bereits 300 m vor der Ausfahrt, kein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Auffahren; abruptes Abbremsen sei verkehrsbedingt nötig gewesen. Dagegen die Bekl./Widerkl.: Der VW-Bus ist unvermittelt wieder auf die rechte Spur vor den Opel gewechselt.  

     

    Das AG hat die Haftung 50:50 verteilt. Das LG (SP 10, 245) hat die Berufung der Kl./Widerbekl. in der Hauptsache zurückgewiesen. Ein Auffahrverschulden nach Anscheinsgrundsätzen hat es mangels eines typischen Geschehensablaufs verneint. Nach den bindenden Feststellungen des AG sei der behauptete Spurwechsel ebenso wahrscheinlich wie der von der Gegenseite behauptete Hergang.  

     

    Die Revision blieb erfolglos. Nach Darstellung der Kontroverse in Rspr. und Lit. stellt der BGH fest, dass ein typischer Geschehensablauf als Basis für einen Anscheinsbeweis zulasten des Opel-Fahrers nicht feststehe: