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  • 24.03.2010 | Unfallschadensregulierung

    Wichtige Klarstellungen des BGH zum Mietwagenkostenersatz

    1. Das Gericht hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO, wenn es den zur Frage der Erforderlichkeit der Mietwagenkosten heranzuziehenden „Normaltarif“ an Hand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ermittelt.  
    2. Das Gericht überspannt die Anforderungen an die Darlegungslast des Geschädigten, wenn es zur betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines „Unfallersatztarifs“ die Darlegung bezifferbarer Beträge bzw. konkreter prozentualer Aufschläge für unfallbedingte Leistungen fordert.  
    3. Im Rahmen des § 254 BGB ist der Geschädigte auch unter Berücksichtigung seiner sekundären Darlegungslast nicht gehalten, von sich aus zu seiner finanziellen Situation vorzutragen.  
    (BGH 19.1.10, VI ZR 112/08, Abruf-Nr. 100699)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Am Mi., 22.3.06, hatte der Kl. mit seinem Transporter Fiat Ducato unverschuldet einen Unfall erlitten. Für die Zeit der Reparatur mietete er bei einem Autovermieter (Streithelferin) einen Transporter Hyundai zum Tagespreis von 172 EUR netto. Für den Kl. unvorhersehbar verlängerte sich die Reparaturzeit von 5 auf 9 Tage. Der bekl. VR zahlte vorgerichtlich für den Mietwagen nur 531 EUR. Das AG hat die Klage auf den Differenzbetrag abgewiesen. Das LG Gera hat lediglich weitere 284,55 EUR zugesprochen. Die Revision des Kl. führte zur Zurückverweisung an das LG.  

     

    Der BGH beanstandet nicht, dass das LG den „Normaltarif“ auf Schwacke-Basis geschätzt hat. Die Alternative „Fraunhofer 2008“ lässt er unerwähnt. Anstoß nimmt der VI. ZS dagegen an den Ausführungen, mit denen das LG von einer Anhebung des „Normaltarifs“ abgesehen hat, etwa in Form eines pauschalen Aufschlags. Entgegen der Ansicht des LG sei der Sachvortrag des Kl./Streithelferin genügend substanziiert. Er enthalte hinreichend allgemeine unfallspezifische Kostenfaktoren, die einen höheren Mietpreis als den „Normaltarif“ rechtfertigen könnten (u.a. Bring- und Abholservice, offene Mietzeit, keinerlei Vorreservierungszeit, keine Vorauszahlung, keine Kaution). Die Vorfinanzierung der Mietwagenkosten durch den Vermieter habe als unfallspezifischer Kostenfaktor nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben dürfen, weil der Kl. zum Unvermögen einer eigenen Vorfinanzierung nicht substanziiert vorgetragen habe. Nur unter dem Blickwinkel des § 254 BGB, nicht für die Erforderlichkeitsfrage (§ 249 Abs. 2 BGB), komme es auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Vorfinanzierung, etwa durch Einsatz einer EC-Karte oder Kreditkarte, an. Von sich aus müsse der Geschädigte zu seiner finanziellen Situation nichts vortragen.  

     

    Nach weiterer LG-Kritik wendet sich der BGH der Frage zu, ob auf die Klärung der (objektiven) Erforderlichkeit des geltend gemachten Unfallersatztarifs verzichtet werden kann. Wann das statthaft ist und wann nicht, wird unter Hinweis auf frühere Rspr. ebenso erläutert wie die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Soweit sie im Rahmen „subjektiver“ Erforderlichkeit den Geschädigten treffe, komme es für eine etwaige Erkundigungspflicht auch auf die Höhe des Mietpreisangebots an, bei einer geplanten Reparaturzeit von nur 5 Tagen allerdings auf die Höhe des Tagespreises.