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  • 01.10.2007 | Unfallschadensregulierung

    Unfall mit Leasingwagen: Wichtiges BGH-Urteil

    Ein Leasinggeber, der Eigentümer aber nicht Halter des Leasing-Kfz ist, muss sich im Rahmen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 823 BGB wegen Verletzung seines Eigentums am Leasingfahrzeug bei einem Verkehrsunfall weder ein Mitverschulden des Leasingnehmers oder des Fahrers des Leasingfahrzeugs noch dessen Betriebsgefahr anspruchsmindernd zurechnen lassen (BGH 10.7.07, VI ZR 199/06, Abruf-Nr. 072887).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin nimmt nach einem Unfall als Leasinggeberin und Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs die Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs und deren Haftpflichtversicherer aus unerlaubter Handlung auf Ersatz ihres gesamten Schadens in Anspruch. Die Beklagten haben die Forderung zu 50 % beglichen. Eine weitergehende Haftung lehnen sie mit dem Argument ab, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Leasingnehmerin bzw. von deren Fahrer anrechnen lassen. LG und OLG haben zugunsten der Klägerin entschieden. Die zugelassene Revision der Beklagten war erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht des BGH ist der Klägerin ein etwaiges Mitverschulden des Fahrers des Leasingfahrzeugs oder dessen Betriebsgefahr im Rahmen der deliktischen Haftung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzurechnen. Ausgehend von seiner st. Rspr., wonach nicht der Leasinggeber, sondern der Leasingnehmer Fahrzeughalter ist, sieht der BGH keinen Raum für einen Haftungsausgleich nach § 17 StVG. Die Regelungen in Abs. 1 und 2 seien auf den nicht haltenden Eigentümer weder direkt noch entsprechend anwendbar. Dieser sei zwar seit dem 1.8.02 in den § 17 StVG einbezogen; indes nur partiell, nämlich nur mit Blick auf den Ausschlussgrund „unabwendbares Ereignis“ (Abs. 3 S. 3). Eine weitergehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Sodann prüft der BGH die Möglichkeit einer Zurechnung nach § 9 StVG. Eine unmittelbare Anwendung auf deliktische Schadensersatzansprüche wird ebenso verneint wie eine Analogie. Schließlich lehnt der VI. ZS auch eine Zurechnung über § 254 BGB ab. Es fehle an der erforderlichen Sonderverbindung zwischen der Klägerin, der Leasingnehmerin und deren Fahrer. Die mitwirkende Betriebsgefahr analog § 254 BGB zuzurechnen, scheitere daran, dass die Klägerin als Nicht-Halterin für die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs nicht einzustehen habe.  

     

    Praxishinweis

    Das mit Spannung erwartete Urteil beendet einen langjährigen Meinungsstreit, der durch die Neufassung des § 17 StVG per 1.8.02 mit der Aufnahme des Nur-Eigentümers (Prototyp der Leasinggeber) neu entbrannt war. Den Befürwortern einer durchgehenden, haftungsübergreifenden Gleichstellung des nicht haltenden (Nur-)Eigentümers mit dem Halter (aus der Rspr.: LG Halle NZV 03, 34) hat der BGH eine klare Absage erteilt. Das bedeutet für die Praxis: Haftet der Schädiger ausschließlich nach Deliktsrecht, entfällt eine Zurechnung von Mitverschulden und Betriebsgefahr; ebenso im Rahmen seiner Deliktshaftung, wenn er daneben aus Gefährdungshaftung ersatzpflichtig ist (wie jetzt BGH schon LG Dessau VersR 07, 1005). Nur bei seiner StVG/HPflG-Haftung kommt nach §§ 9 StVG, 4 HPflG die Zurechnung eines Fahrerverschuldens in Betracht, freilich nicht eines nur vermuteten (a.A. LG Nürnberg-Fürth DAR 02, 517). Ob zusätzlich zum Fahrerverschulden (aber auch unabhängig davon) die allgemeine Betriebsgefahr nach § 9 StVG anspruchsmindernd ins Gewicht fällt (dafür OLG Celle 27.9.01, 14 U 296/00, Abruf-Nr. 072898), ist weiterhin strittig. Anwälte von Leasinggesellschaften und anderen nicht haltenden Fahrzeugeigentümern (z.B. Banken als Sicherungseigentümer) sind also gut beraten, auf die Karte „Deliktshaftung“ zu setzen. Bei parallel laufender Gefährdungshaftung müssen sie ein etwaiges Fahrerverschulden herausstellen (§§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB) oder § 831 BGB geltend machen. Demgegenüber bleibt der Schädigerseite die Möglichkeit des Regresses gegen den mitschuldigen Sachinhaber (z.B. den Leasingnehmer) nach § 426 Abs. 1 BGB.