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  • 24.02.2011 | Unfallschadensregulierung

    Reparaturkostenersatz: Zur Fälligkeit des Anspruchs in einem Unter-Hundert-Fall

    Ein Geschädigter, der sein Fahrzeug kostengünstiger als vom Sachverständigen geschätzt fachgerecht reparieren lässt, kann Ersatz der Netto-Reparaturkosten auf Gutachtenbasis verlangen, ohne die Sechsmonatsfrist abwarten zu müssen. Mit Durchführung der Reparatur ist der Anspruch fällig. Lehnt der Haftpflichtversicherer eine über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehende Regulierung trotz nachgewiesener Instandsetzung unter Hinweis auf die noch laufende Sechsmonatsfrist ab, tritt mit diesem Schreiben Verzug ein (AG Lübeck 13.1.11, 22 C 2797/10, rkr., Abruf-Nr. 110290).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Mit 5.710 EUR lagen die kalkulierten Brutto-Reparaturkosten knapp unter dem Wiederbeschaffungswert von 5.800 EUR. Der Kl. ließ sein Fahrzeug fachgerecht instand setzen, was sein Sachverständiger mit Nachtragsgutachten bestätigte. Belege zum Nachweis seines Reparaturaufwands wie die Werkstattrechnung legte er dem bekl. VR nicht vor. Vielmehr rechnete der Kl. die Netto-Reparaturkosten auf Gutachtenbasis ab. Der VR zahlte nur den Wiederbeschaffungsaufwand von 3.500 EUR. Eine weitere Zahlung lehnte er trotz ihm nachgewiesener Reparatur unter Hinweis auf die noch laufende Sechsmonatsfrist ab. Nach deren Ablauf erkannte er die inzwischen eingeklagte Restforderung an und beantragte wegen der Zinsen und der Anwaltskosten Klageabweisung. Aus den Gründen der obigen redaktionellen Leitsätze sprach das AG die geltend gemachten Verzugszinsen auf den anerkannten Klagebetrag voll zu. Bei der Kostenentscheidung lehnte es die Anwendung des § 93 ZPO ab.  

     

    Praxishinweis

    Das AG löst diesen Unter-Hundert-Fall (UHU) auf der Basis von BGH 18.11.08, VA 09, 19, ergangen in einem Über-Hundert-Fall (ÜHU oder 130-Prozent-Fall) mit konkreter Abrechnung (etwas anderes geht hier auch nicht). Nach Ansicht des BGH tritt in einem 130-Prozent-Fall Fälligkeit nicht erst nach Ablauf von sechs Monaten ein. Seine Begründung kann man mit dem AG dahin verstehen, dass er die Fälligkeitsfrage bei einer fiktiven Abrechnung in einem Unter-Hundert-Fall nicht anders beurteilen wird (so auch LG Landshut 15.7.09, 13 S 1170/09, Abruf-Nr. 092472). Dem wäre zuzustimmen (zur Problematik Ch. Huber DAR 09, 252 ff.; Ch. Hirsch VersR 09, 756 ff.).  

     

    Ist die Abrechnung des Kl. aber überhaupt eine fiktive (mit Weiternutzungserfordernis) oder eine konkrete ohne Haltegebot? Immerhin hat der Kl. sein Fahrzeug fachgerecht und umfassend reparieren lassen, vermutlich in einer Fremdwerkstatt. Solange er die dabei angefallenen Kosten nicht ersetzt haben will, etwa unter Vorlage der Rechnung, sondern stattdessen auf der Basis der (höheren) geschätzten Reparaturkosten unter Verzicht auf die MwSt. (fiktiv) abrechnet, muss er zur Wahrung des „kleinen“ Integritätsinteresses (UHU) und zur Vermeidung des Restwertabzugs die Sechsmonatsfrist beachten, siehe die BGH-Entscheidung auf S. 38.