Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 22.12.2010 | Unfallschadensregulierung

    Mischen erlaubt: MWSt. aus Ersatzbeschaffung bei Abrechnung fiktiver Reparaturkosten

    Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, steht ihm dennoch ein Anspruch auf Ersatz von Mehrwertsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung Mehrwertsteuer tatsächlich angefallen ist, begrenzt auf den MWSt.-Betrag aus der Reparaturkostenkalkulation (LG Arnsberg 30.3.10, 5 S 114/09, Abruf-Nr. 103544).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach den Zahlen im Schadensgutachten war es ein Reparaturschaden, kein wirtschaftlicher Totalschaden. Die kalkulierten Reparaturkosten beliefen sich auf 4.837,66 EUR netto und 5.756,82 EUR brutto. Um den Differenzbetrag von 919,16 EUR ging der Streit. Der bekl. Haftpflicht-VR lehnte eine Erstattung mit dem Argument ab, der Kl. könne nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur auf Reparaturkostenbasis abrechnen und auf diesem Weg sei MWSt. nicht angefallen. Sie aus der regelbesteuerten Ersatzbeschaffung (vermutlich bei Inzahlunggabe des unreparierten Pkw) „herüberzuziehen“, verstoße gegen das Kombinationsverbot. Dem sind AG und LG nicht gefolgt. In beiden Instanzen wurde dem Kl. der eingeklagte MWSt.-Betrag zugesprochen.  

     

    Das LG sieht keinen Grund, die im Rahmen der Ersatzbeschaffung konkret angefallene MWSt. von 3.113,45 EUR anteilig, nämlich in Höhe von 916,16 EUR, nicht als erstattungsfähig anzuerkennen. Dass der Kl. nicht auf Totalschadensbasis abrechnen dürfe, er vielmehr nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot auf eine Abrechnung der Reparaturkosten beschränkt sei, spräche nicht gegen einen MWSt.-Ersatz. Zu einer Bereicherung führe das nicht, weil der Kl. nicht mehr als die Brutto-Reparaturkosten erhalte. Im Gegenteil würde ohne den Ersatz anteiliger MWSt. eine Deckungslücke bestehen bleiben. Auch deshalb liege kein Fall einer unzulässigen Kombination von fiktiv und konkret vor. Schließlich sieht das LG auch in der Regelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB keinen Ausschlussgrund. Für den Ersatz der MWSt. komme es nur darauf an, ob sie zur Herstellung des ursprünglichen Zustands angefallen sei (so hier), nicht aber, welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten habe.  

     

    Praxishinweis

    Wie das LG richtig erkennt, hat der BGH diese Kombinationsfrage noch nicht eindeutig entschieden. BGH VA 09, 200, ist nicht einschlägig, weil Ersatzkauf von Privat. Ob die zugelassene Revision eingelegt und wenn ja, auch durchgeführt wird, bleibt abzuwarten. Da die besseren Argumente und die klar überwiegende Judikatur der Instanzgerichte (s. VA 09, 96, 97) auf Seiten des Kl. sind, könnte die Versicherungswirtschaft ein Interesse daran haben, es zu einer BGH-Entscheidung nicht kommen zu lassen. Zur Rspr.übersicht VA 09, 97 Mitte nachzutragen ist AG Medebach VA 09, 184.