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  • 01.07.2005 | Unfallschadensregulierung

    BGH-Rspr. zum Mietwagenkostenersatz abgelehnt

    1. Ein durchschnittlicher Unfallgeschädigter darf davon ausgehen, dass sich auch im Mietwagengeschäft marktgerechte Preise entwickelt haben. Deshalb besteht für ihn grundsätzlich keine Verpflichtung zu Preiserkundigungen bei anderen Anbietern.  
    2. Die Annahme, dass ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall in der Lage ist, ein Fahrzeug zum Normaltarif zu mieten, ist lebensfremd.  
    3. Entgegen der aktuellen Rspr. des BGH kann von einem Geschädigten nicht verlangt werden, zu den kalkulatorischen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen des Unfallersatztarifs vorzutragen.  
    (AG Chemnitz 12.5.05, 21 C 5078/04, Abruf-Nr. 051627)  

     

    Sachverhalt

    Nach einem Unfall des Klägers am 22.6.04 fiel sein Fahrzeug bis zum 9.8.04 aus. Für die Dauer der 13-tägigen Reparatur mietete der Kläger bei einem örtlichen Autovermieter einen Audi A 6 für 2.120 EUR (Unfallersatztarif). Die beklagte Versicherung zahlte unter Hinweis auf einen günstigeren Normaltarif ca. 1.000 EUR. Der Restbetrag war Gegenstand der Klage. Sie hatte im wesentlichen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Anerkannt hat das AG lediglich 11 statt 13 Tage Ausfallzeit. Es sei dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, den trotz des Unfalls fahrbereiten Wagen zu Wochenbeginn und nicht an einem Mittwoch in die Werkstatt zu bringen. Dann wäre die Ausfallzeit um ein Wochenende kürzer gewesen. Im Streit um den erstattungsfähigen Tarif hat das Gericht die Einwände der Beklagten zurückgewiesen; auch soweit sie auf die aktuelle BGH-Rspr. gestützt sind. Dass der Kläger als Unfallgeschädigter zum Normaltarif hätte anmieten können und sollen, sei „völlig abwegig“. Ein Autovermieter mit Kenntnis vom Anlass der Miete (Unfall) werde keinesfalls zu Normaltarifen kontrahieren.  

     

    Soweit der BGH eine betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des teureren Unfallersatztarifs zur Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit mache und insoweit dem Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast auferlege, sei ihm „aus vielerlei Gründen“ nicht zu folgen. Zunächst sei nicht nachvollziehbar, wieso es schadensrechtlich auf den Gesichtspunkt der Preisentwicklung nach Angebot und Nachfrage ankomme. Eine Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Mechanismen sei im Übrigen nach den Erfahrungen des Gerichts auch im Unfallersatzwagengeschäft nicht von der Hand zu weisen. Keinesfalls gehe es jedoch an, von Geschädigten einen Sachvortrag zu den betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen der Gestaltung und Berechnung des Unfallersatztarifs zu verlangen. Damit werde Unmögliches gefordert und der Rechtsschutz verfassungswidrig erschwert.