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  • 01.05.2006 | Unfallschadensregulierung

    BGH: Mietwagenkosten auf „Normaltarif“ beschränkt

    In besonders gelagerten Fällen bedarf es keiner gerichtlichen Prüfung, ob und inwieweit ein Unfallersatztarif i.S.d. § 249 BGB erforderlich ist (BGH 14.2.06, VI ZR 32/05, Abruf-Nr. 060924).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt aus abgetretenem Recht Ersatz restlicher Mietwagenkosten. Nach einem Unfall im August 2003 wandte sich der Geschädigte an die Klägerin. Diese wies ihn mündlich darauf hin, dass er ein Fahrzeug nicht nur zum Unfallersatztarif, sondern wahlweise auch zu einem wesentlich günstigeren Normaltarif anmieten könne. Allerdings seien in diesem Fall die Miete im Voraus zu zahlen und eine Kaution mittels Kreditkarte zu leisten. Der Geschädigte, der wirtschaftlich dazu im Stande gewesen wäre, entschied sich für den deutlich höheren Unfallersatztarif. Auf die Rechnung der Klägerin i.H.v. 1.468,75 EUR zahlte der beklagte Versicherer nur 785 EUR. Während das AG Mettmann der Klage auf den Differenzbetrag stattgab, entschied das LG Wuppertal ohne Klärung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung des Unfallersatztarifs zugunsten des Versicherers (NJW 05, 1437 = SP 05, 133). Die zugelassene Revision blieb erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Ablehnung des Unfallersatztarifs ohne Prüfung seiner Erforderlichkeit nach Maßgabe der neueren BGH-Rspr. hat der VI. Zivilsenat unter den besonderen Umständen des Streitfalls gebilligt. Nach den getroffenen Feststellungen sei dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif bekannt und ohne weiteres zugänglich gewesen. Nach § 254 BGB hätte er zu diesem Tarif anmieten müssen. Zur Frage der Vorfinanzierung und zum Einsatz einer Kreditkarte verweist der Senat auf seine Entscheidung vom 19.4.05, VA 05, 116, Abruf-Nr. 051629 = VersR 05, 850 = DAR 05, 438. Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Vorfinanzierung seien nach den Feststellungen des LG zu bejahen.  

     

    Praxishinweis

    Klagen auf Ersatz des Unfallersatztarifs können auch nach der Verschärfung durch die neuere BGH-Rspr. (Übersicht in VA 05, 115 ff.) nur in Sonderfällen ohne gerichtliche Klärung seiner „Erforderlichkeit“ erste Stufe (betriebswirtschaftliche Rechtfertigung) abgewiesen werden. Die vielfach vermissten Umsetzungshinweise für Gericht und Anwälte geben jetzt BGH VA 06, 19, Abruf-Nr. 053702, und das noch unveröffentlichte Urt. v. 14.2.06, VI ZR 126/05, Abruf-Nr. 060957. Sehr interessant, letztlich aber nur von regionalem Interesse sind die Leitlinien einzelner Gerichte, z.B. der Berufungskammern des LG Karlsruhe (Abruf-Nr. 061062). Die an dieser Stelle vorgestellte Entscheidung des VI. Zivilsenats betrifft einen Sonderfall ohne Notwendigkeit „betriebwirtschaftlicher“ Erforderlichkeitsprüfung. Regelmäßig liegen die Dinge anders. Typischerweise hat der Geschädigte keine Kenntnis von den Tarifunterschieden. Behauptet der Versicherer Kenntnis, etwa durch Aufklärung des Vermieters, muss der Geschrädigte diese Behauptung widerlegen. Seine Unkenntnis gehört zum Thema „Zugänglichkeit“ und die Unzugänglichkeit eines „Normaltarifs“ an Stelle eines ungerechtfertigt überhöhten Unfallersatztarifs hat er darzulegen und notfalls zu beweisen („Erforderlichkeit“ Stufe zwei). Anders ist die Darlegungs- und Beweislast in punkto Vorfinanzierung verteilt. Jetzt ist § 254 BGB einschlägig. Hier ist der Geschädigte zunächst nicht darlegungs- und beweispflichtig. Je nach Inhalt des Beklagtenvortrags kann sich aber eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast ergeben (BGH VA 05, 116, Abruf-Nr. 051629).