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  • 27.05.2009 | Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

    Unvorsätzliches Entfernen vom Unfallort

    Nach § 142 Abs. 1 StGB macht sich nicht strafbar, wer erst nach Verlassen des Unfallorts von seiner Beteiligung am Unfall Kenntnis erlangt und sich gleichwohl (weiter) vom Unfallort entfernt (gegen OLG Düsseldorf NStZ-RR 08, 88) (OLG Hamburg 27.3.09, 3-13/09 (Rev), Abruf-Nr. 091289).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Angeklagte hatte unbemerkt mit dem Außenspiegel seines Lkw einen anderen Lkw beschädigt. Er wurde vom Geschädigten verfolgt und 1,5 km vom Ort des Unfallereignisses entfernt auf den Unfall aufmerksam gemacht. Der Angeklagte setzte seine Fahrt fort. Das LG hat ihn wegen eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 1 StGB verurteilt. Zur Begründung hat es sich auf die Beschlüsse des OLG Düsseldorf (VA 08, 64) und BVerfG (VA 07, 107) gestützt. Die Revision des Angeklagten war erfolgreich.  

    Der Täter ist nicht nach § 142 Abs. 1 StGB strafbar, wenn er erst an einem anderen als dem Unfallort vom Unfall erfahren hat. Der Anhalteort wurde nicht dadurch zum Unfallort, dass der Unfall im fließenden Verkehr geschah und der Geschädigte als eine feststellungsbereite Person den Angeklagten verfolgt hatte. Für die Bestimmung der räumlichen Grenze des Unfallorts kommt es auf die Sicht feststellungsbereiter Personen an, die am Ort des Geschehens bleiben und nicht etwa die Verfolgung des Täters aufnehmen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG und des OLG Düsseldorf. Zwar soll danach § 142 Abs. 1 StGB keinen abgeschlossenen Sachverhalt des Sich-Entfernt-Habens voraussetzen. Vielmehr kann ein Entfernensvorsatz grundsätzlich bis zur Beendigung der Tat durch ein erfolgreiches Sich-Entfernt-Haben gebildet werden. Daher könnte § 142 Abs. 1 StGB in Fällen greifen, in denen sich der Täter trotz Hinweises auf den Unfall weiter von der Unfallstelle entfernt. Der Begriff des Unfalls ist nicht davon abhängig, ob der Unfallbeteiligte sogleich Kenntnis vom Unfall hatte oder nicht. Ebenso wenig sind Überlegungen zu einem erst nach Vollendung, aber vor Beendigung gefassten Vorsatz des Täters geeignet, eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 142 Abs. 1 StGB zu begründen.  

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der überwiegenden Auffassung in der Literatur, die die Entscheidung des OLG Düsseldorf überwiegend abgelehnt hat (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 142 Rn. 20, 52; Brüning, ZIS 07, 317; Mitsch, NZV 08, 217; zustimmend Laschewski, NZV 07, 444; Blum, NZV 08, 495). Sie ist zutreffend. Entscheidend für die Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 StGB ist das unerlaubte Entfernen vom „Unfallort“. Das ist aber nur die Stelle, an der der Unfallbeteiligte noch mit feststellungsbereiten Personen rechnen muss. Das bestimmt sich objektiv und kann nicht davon abhängen, ob und wie lange feststellungsbereite Personen dem Unfallbeteiligten folgen. Anderenfalls wäre auch noch eine Stelle, bei der zum eigentlichen Tatgeschehen weder ein örtlicher noch ein räumlicher Zusammenhang mehr besteht, als „Unfallort“ anzusehen. Das würde zu einer ausufernden Strafbarkeit führen.