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  • 19.02.2009 | Mietwagenkosten

    BGH: Keine Pflicht zum Umsteigen

    Hat der Gutachter als Dauer der Reparaturzeit lediglich fünf Arbeitstage veranschlagt, darf der Geschädigte von einer entsprechenden Ausfallzeit ausgehen. Ihn trifft nicht die Pflicht, den Mietvertrag zu kündigen und für die restliche Zeit einen Ersatzwagen von einem anderen Vermieter zu (günstigeren) Konditionen zu mieten, die ihm der gegnerische Haftpflichtversicherer nach Abschluss des Mietvertrags mitgeteilt hat (BGH 13.1.09, VI ZR 134/08, Abruf-Nr. 090563; Leitsatz der Red.).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Am 4.7.06 hatte die Klägerin einen unverschuldeten Unfall erlitten. Der von ihr beauftragte Sachverständige veranschlagte die Reparaturdauer auf fünf Arbeitstage. Am 5.7.06 gab die Klägerin den Pkw zur Reparatur und mietete bei einer Autovermietung ein Fahrzeug für 110 EUR netto pro Tag zzgl. Nebenkosten. Später teilte die Beklagte (Versicherer) mit, dass sie einen gleichwertigen Mietwagen zum Preis von 50 EUR pro Tag incl. Nebenkosten vermitteln könne. Die Klägerin ließ sich darauf nicht ein; sie benutzte den Mietwagen bis zum Abschluss der Reparatur am 19.7.06 (!) weiter. Von der Rechnung übernahm die Beklagte nur 350 EUR. Nach Ansicht des LG habe die Klägerin nur für die ersten zwei Tage der Anmietung einen Ersatzanspruch gem. dem berechneten Mietpreis, für die Folgezeit seien andere Konditionen maßgebend. Es sprach daher nur einen geringeren weiteren Betrag zu.  

     

    Während des Revisionsverfahrens zahlte die Beklagte den restlichen Klagebetrag, worauf die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärte. Der BGH hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt (§ 91a ZPO). Ohne die übereinstimmende Erledigung der Hauptsache hätte die Klage Erfolg gehabt; der Anspruch auf Ersatz der restlichen Mietwagenkosten sei in vollem Umfang begründet gewesen. Nach den vom LG getroffenen Feststellungen liege der Mietpreis im Rahmen des „Normaltarifs“. Gegen die Heranziehung des „Schwacke-Spiegels 2006“ bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Offen gelassen hat der BGH, ob im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung auch ein unterhalb des örtlichen „Normaltarifs“ liegender Tarif zu berücksichtigen sei, den der Versicherer mit einem Autovermieter vereinbart habe. Sei dem Geschädigten ein solcher Tarif im Zeitpunkt der Anmietung, wie hier, nicht bekannt, könne die Erforderlichkeit des höheren Mietpreises nur unter der Voraussetzung entfallen, dass dem Geschädigten ein Wechsel zu einem anderen Vermieter zumutbar gewesen sei. Das sei nach den Umständen des Streitfalls zu verneinen. Der mit einem Wechsel des Mietwagens und des Autovermieters verbundene Aufwand sei unverhältnismäßig und der Klägerin nicht zumutbar gewesen.  

     

    Praxishinweis

    In der Wechselfrage fehlte es bisher an höchstrichterlichen Leitlinien. Die daraus folgende Rechtsunsicherheit ist nun ein Stück weit abgebaut. Auch wenn es keine Grundsatzentscheidung ist und das Thema „Einwirkung auf Geschädigte“ außer der schadensrechtlichen (Schwerpunkt § 254 Abs. 2 BGB) zahlreiche weitere Facetten hat (u.a. UWG, RDG, Vertragsrecht), kann dem aktuellen Beschluss doch eine Tendenz entnommen werden: Die Wechselfrage beurteilt der BGH zugunsten der Geschädigten restriktiv.