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  • 01.09.2005 | Geschwindigkeitsüberschreitung

    Keine Reduzierung der Geschwindigkeit bei blinkender „Vorampel“

    Ein vor einer Wechsellichtzeichenanlage ortsfest installiertes und mit deren Phasenwechsel gekoppeltes gelbes Blinklicht i.S. des § 38 Abs. 3 S. 1 StVO beinhaltet für den Kraftfahrer keine über § 37 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StVO hinausgehende Verhaltensanforderung, bereits wegen der blinkenden „Vorampel“ seine Geschwindigkeit unter die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu reduzieren. Er darf vielmehr unter Beibehaltung derselben weiter auf die Wechsellichtzeichenanlage zufahren und muss erst bei deren Phasenwechsel auf Gelb und auch nur anhalten, wenn ihm dies bei normaler Betriebsbremsung noch möglich ist (BGH 26.4.05, VI ZR 228/03, Abruf-Nr. 051583, NJW 05, 1940).

     

    Sachverhalt

    Beim Versuch, eine ampelgeregelte Kreuzung mit seinem Fahrrad zu überqueren, war der Kläger von einem Transporter erfasst und schwer verletzt worden. Der erstbeklagte Kraftfahrer war mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von mind. 78 km/h bei Gelb in die Kreuzung eingefahren. In ca. 150 m Entfernung war eine „Vorampel“ installiert, die phasenweise gelb blinkte. Nach der Behauptung des Klägers habe der Beklagte die an der Unfallstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h weit überschritten. Demgegenüber haben die Beklagten vorgebracht, selbst bei Tempo 70 sei ein gefahrloses Anhalten vor der Haltelinie nicht mehr möglich gewesen. Alleinverantwortlich für den Unfall sei der Kläger, weil er bei Rot gefahren sei. LG und OLG haben die Haftung zu je 50 Prozent verteilt. Beide Instanzen sind von einem Rotlichtverstoß des Klägers ausgegangen. Die hälftige Mithaftung der Beklagten wurde damit begründet, dass die Betriebsgefahr des Transporters durch einen schuldhaften Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 37 Abs. 2 StVO erheblich erhöht gewesen sei. Wegen der gelb blinkenden „Vorampel“ könne er sich nicht darauf berufen, er habe an der „Hauptampel“ nicht mehr rechtzeitig anhalten können. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Die Anschlussrevision des Klägers hat der BGH zurückgewiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die blinkende „Vorampel“ – nur Warn- oder Regelungsfunktion? Diese Frage beantwortet der BGH abweichend vom OLG nach Maßgabe des oben mitgeteilten amtlichen Leitsatzes. Damit war der Vorwurf des OLG, der Beklagte zu 1) habe gegen das Gebot verstoßen, bei Gelb vor Rot anzuhalten, nicht mehr tragfähig.  

     

    Beanstandet hat der BGH ferner, dass das OLG die Geschwindigkeit des Transporters als Gefahr erhöhenden Umstand berücksichtigt hat, ohne die Unfallursächlichkeit festgestellt zu haben. In diesem Zusammenhang geht er auf das Thema „Vermeidbarkeit“ ein und weist erneut darauf hin, dass Unfallursächlichkeit selbst bei (räumlicher wie zeitlicher) Unvermeidbarkeit bejaht werden kann, nämlich dann, wenn die Unfallverletzungen bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit deutlich geringer ausgefallen wären.