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  • 01.03.2007 | Gebrauchtwagenkauf

    BGH klärt wichtige Fragen beim GW-Kauf

    1. Einem Gebrauchtwagen, der bei Gefahrübergang auf den Käufer betriebsfähig und verkehrssicher ist, fehlt nicht deswegen die vereinbarte Beschaffenheit „fahrbereit“, weil der Motor wegen eines fortschreitenden Schadens nach einer Fahrtstrecke von höchstens 2.000 km ausgetauscht werden muss.  
    2. Mit der Angabe in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, dass das Fahrzeug „fahrbereit“ ist, übernimmt der Verkäufer nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (im Anschluss an BGHZ 122, 256).  
    3. Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als Verkäufer vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so richten sich Mängelrechte des Käufers nach § 475 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher.  
    (BGH 22.11.06, VIII ZR 72/06, Abruf-Nr. 070203; ZGS 07, 70)  

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte war geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH. Auf deren Namen war das streitgegenständliche Fahrzeug, ein mehr als neun Jahre alter Pkw, zugelassen. Als Verkäufer trat gegenüber dem Kläger (Verbraucher) nicht die GmbH, sondern der Beklagte auf. Dabei ließ er sich von einem Dritten, einem Gebrauchtwagenhändler, vertreten. Im Vertragsformular ist neben dem vorgedruckten Satz „Das Fahrzeug ist fahrbereit“ das Kästchen „Ja“ angekreuzt. In den AGB ist ein Gewährleistungsausschluss enthalten. Etwa drei Monate nach Erwerb des Fahrzeugs wurde in einer Werkstatt festgestellt, dass der Motor infolge von Defekten „nicht mehr lange mache“. Liegengeblieben war der Kläger mit dem Wagen nicht. Die dennoch verlangte Rückabwicklung des Kaufs lehnte der Beklagte ab. Das LG hat die auf Rückabwicklung und Schadensersatz gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos; ebenso seine Revision.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht des BGH haben die Vertragsparteien etwaige Mängelrechte des Klägers wirksam ausgeschlossen. Der vorformulierte Gewährleistungsausschluss sei zwar unzulässig, weil die Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB nicht beachtet worden seien. Indessen greife der außerdem mündlich vereinbarte Haftungsausschluss durch. Sich darauf zu berufen, sei dem Beklagten nicht nach § 475 Abs. 1 S. 1 BGB verwehrt. Ein Fall des Verbrauchsgüterkaufs liege nicht vor. Ein Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH übe keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit aus. Auch unter dem Gesichtspunkt „Umgehungsgeschäft“ (§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB) könne dem Kläger im Prozess gegen den Beklagten nicht geholfen werden. Selbst wenn die GmbH als die eigentliche Verkäuferin anzusehen wäre, könnte der Kläger etwaige Mängelrechte nur ihr gegenüber, nicht aber gegen den Beklagten, geltend machen. Wie der BGH weiter ausführt, kann der Kläger aus der Zusage „Fahrzeug ist fahrbereit“ keinen Gewinn ziehen. Damit habe der Beklagte keine Haltbarkeitsgarantie übernommen. Eine etwaige Beschaffenheitsgarantie sei eingehalten, weil der Wagen bei Übergabe weder verkehrsunsicher noch in einem Zustand gewesen sei, der wegen technischer Mangelhaftigkeit nur eine minimale Fahrstrecke ermöglicht habe.  

     

    Praxishinweis

    Die für die Amtliche Sammlung bestimmte Entscheidung ist in vielerlei Hinsicht von erheblicher praktischer Bedeutung. Für Käufer-Anwälte wichtig ist zunächst, in Fällen aus der Grauzone „Agentur-/Umgehungsgeschäft“ besonders sorgfältig zu prüfen, wer verklagt werden soll: der eventuell nur vorgeschobene Privatmann oder der Unternehmer im Hintergrund (GmbH wäre hier richtig gewesen) oder gar beide zusammen. Was die AGB-Problematik (§ 309 Nr. 7 aund b BGB) angeht, ist ergänzend auf BGH VA 07, 26, Abruf-Nr. 070017, hinzuweisen. Dass die Klausel „Fahrzeug ist fahrbereit“ für Käufer von nur begrenztem Nutzen ist, war schon bisher eine klare Sache (grundlegend BGHZ 122, 256). Völlig wertlos ist sie indes nicht, wie das jetzige BGH-Urteil deutlich macht. Allerdings sagt der BGH nicht, wie viele Kilometer und/oder welche Zeit ein Gebrauchtwagen „fahrbereit“ sein muss.