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  • 23.07.2009 | Fahrverbot

    Neue(re) Rechtsprechung zum Fahrverbot

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D. Münster/Augsburg

    Die Verteidigung gegen ein Fahrverbot bzw. das Absehen vom Fahrverbot ist bei der Verteidigung im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren sicherlich der Hauptschwerpunkt der Verteidigertätigkeit. Wir haben daher die aktuelle Rechtsprechung zum Fahrverbot aus der letzten Zeit zusammengestellt. Der Beitrag schließt an den Schwerpunktbeitrag in VA 08, 156 an.  

     

    1. Allgemeines

    Umstände des Einzelfalls  

    Entscheidung  

    Fundstelle  

    Kreditaufnahme zur Abmilderung der durch das Fahrverbot entstehenden Erschwernisse.  

    zumutbar.  

    vgl. zuletzt u.a. OLG Hamm VA 09, 137 m.w.N.; verneinend OLG Hamm [2. Senat] VA 07, 145  

    Langer Zeitraum zwischen Tat und Ahndung.  

    rechtfertigt nicht, von der Frist des § 25 Abs. 2a StVG abzusehen.  

    OLG Düsseldorf DAR 09, 211  

    Vollstreckung mehrerer Fahrverbote.  

    Mehrere Fahrverbote, von denen keines die Ausnahmeregelung des § 25 Abs. 2a StVG enthält, können nebeneinander vollstreckt werden; die Vollstreckung von Fahrverboten, von denen eines die Ausnahmeregelung des § 25 Abs. 2a StVG enthält, hat nacheinander zu erfolgen.  

    AG Velbert DAR 09, 285 (Ls.); zur Problematik VA 08, 162 sowie Burhoff VRR 08, 409  

     

    Praxishinweis:  

    Das gilt auch, wenn die Fahrverbotsentscheidungen gleichzeitig rechtskräftig geworden sind (AG Erlangen und AG Offenbach VA 09, 11; AG Waiblingen VA 08, 177, zur Vollstreckung von Fahrverboten nach § 44 StGB und solcher nach § 25 StVG s. LG Regensburg DAR 08, 403.  

    Es liegen ggf. durch das Fahrverbot verursachte Härten vor, zugleich aber auch ein Fall der Beharrlichkeit vorlag.  

    nein.  

    AG Lüdinghausen VA 09, 103 = VRR 09, 150 = VRR 2009, 205  

    Eine fehlende (einschlägige) Vorbelastung und nur geringfügige Überschreitung der nach der BKatV für die Indizierung eines Fahrverbots maßgeblichen Geschwindigkeitsgrenze.  

    nein, kein Ausnahmefall.  

    OLG Hamm 30.6.08, 5 Ss OWi 387/08, Abruf-Nr. 092333  

    Der Betroffene macht eine notstandsähnliche Lage geltend.  

     

    Ggf. ja, z.B. wenn er von einer Gefahr für seine schwangere Ehefrau ausgeht, aber nicht (mehr), wenn ihm bekannt ist, dass die Frau bereits auf dem Weg zum Krankenhaus ist.  

    OLG Hamm VRR 09, 34  

     

    Praxishinweis: Das Tatgericht darf insoweit den Vortrag des Betroffenen nicht ungeprüft übernehmen.  

    Betroffener hat das Rotlicht zunächst beachtet, dann jedoch aufgrund einer Verwechslung der für ihn maßgeblichen Lichtzeichenanlage seine Fahrt bei anhaltender Rotlichtphase fortgesetzt.  

    Nein, ohne das Hinzutreten sonstiger besonderer Umstände keine Ausnahme vom Fahrverbot wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes, selbst wenn sich dieser zur Nachtzeit ereignet hat.  

    OLG Bamberg VA 08, 196  

    Praxishinweis:  

    Zu den sog. Frühstarterfällen s. aber auch OLG Hamm VA 06, 103  

     

    Verstoß gegen § 24a StVG.  

    Nein, ein Absehen kommt bei einem Verstoß gegen § 24a StVG nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer und innerer Art in Betracht oder wenn das Fahrverbot für den Betroffenen eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.  

    OLG Bamberg VA 09, 48;  

    OLG Hamm VA 08, 156;  

    s.a. OLG Hamm VA 08, 100  

     

     

    Praxishinweis: Sieht der Tatrichter von der Verhängung eines im Bußgeldbescheid vorgesehenen und wegen mehrerer Voreintragungen auf Beharrlichkeit gestützten Fahrverbots nach § 25 StVG, § 4 Abs. 2 BKatV ab, kann seine Entscheidung vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat. Liegt der Entscheidung des Tatrichters keine rechtsfehlerhafte Ermessensabwägung zu Grunde, muss sie als vertretbar hingenommen werden (OLG Bamberg NJW 08, 3155).  

     

     

    2. Beharrlicher Verstoß

    Umstände des Einzelfalls  

    Entscheidung  

    Fundstelle  

    Augenblicksversagen bei der Vor- oder Anlasstat.  

    vom Fahrverbot abgesehen.  

    OLG Schleswig SchlHA 2008, 275 (Dö/Dr)  

    Eine (neuerliche) Geschwindigkeitsüberschreitung erfüllt zwar die Voraussetzungen des Regelfalls nicht, der Verkehrsverstoß ist jedoch wertungsmäßig dem Regelfall eines beharrlichen Pflichtenverstoßes i.S.v. § 25 Abs. 1 S. 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV gleichzusetzen.  

    Fahrverbot ja.  

    OLG Bamberg  

    zfs 08, 470  

     

     

    Praxishinweis: Bei der Verwertung früher Entscheidungen ist darauf zu achten, dass Eintragungen im Verkehrszentralregister, die gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. a i.V.m. Nr. 3 StVG einer Tilgungsfrist von zehn Jahren unterliegen, gemäß § 29 Abs. 8 S. 1 und 2 StVG bereits nach Ablauf einer fünfjährigen Tilgungsfrist in einem Bußgeldverfahren nicht mehr verwertet werden dürfen (KG NJW 09, 1015). Das OLG Frankfurt geht allerdings (insoweit abweichend von der h.M. der übrigen OLG) davon aus, dass der Tatrichter nicht gehindert ist, Voreintragungen zu verwerten, wenn der neue Verstoß vor Ablauf der 2-jährigen Tilgungsfrist der Voreintragungen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 StVG) begangen wird, die neue Verurteilung aber erst innerhalb der sich anschließenden einjährigen Überliegefrist (§ 29 Abs. 7 StVG) erfolgt; die sollen in diesen Fällen keinem Verwertungsverbot unterfallen (OLG Frankfurt VA 09, 108; a.A. u.a. OLG Hamm VA 06; 142; NZV 07, 156; OLG Brandenburg DAR 08, 218; OLG Jena VA 08, 213).