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  • 23.10.2009 | Fahrtenbuchauflage

    Vernehmung des Kfz-Halters auch als Zeugen erforderlich

    Vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage darf sich die Bußgeldbehörde nicht darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, nur als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen (VGH Baden-Württemberg 4.8.09, 10 S 1499/09, Abruf-Nr. 093204).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Mit dem PKW der Antragstellerin war die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten worden. Das Lichtbild zeigte einen Mann als Fahrer. Die Bußgeldstelle hörte die Halterin des Kfz/Antragstellerin gleichwohl ausschließlich als Betroffene an. Im Anhörungsschreiben war davon die Rede, dass ihr eine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird. Der Vordruck enthielt auch einen Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen. Nachdem die Antragstellerin keine Angaben zum Fahrer gemacht hatte und dieser nicht ermittelt werden konnte, wurde sie verpflichtet, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz war in der Beschwerdeinstanz erfolgreich.  

    Die Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) ist voraussichtlich rechtswidrig. Die Behörde kann gegenüber dem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn nach einem Verkehrsverstoß der Fahrzeugführer nicht festgestellt werden konnte. Dies setzt aber voraus, dass die Behörde sämtliche nötigen und möglichen, auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Kfz-Führers unternommen hat, diese aber erfolglos geblieben sind. Hier hätte die Antragstellerin zum Zweck der Klärung der Täterschaft der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als Betroffene, sondern als Zeugin angeschrieben und zur Aussage aufgefordert werden müssen. Aufgrund des Messfotos schied sie von vornherein als Täterin aus. Damit war sie lediglich Zeugin. Als solche ist sie grundsätzlich verpflichtet, bei der Behörde auf eine entsprechende Ladung hin zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Diese generelle Aussagepflicht kann zwar durch Zeugnisverweigerungsrechte, z.B. zugunsten von Angehörigen, eingeschränkt werden. Aus der rechtmäßigen Aussageverweigerung bei der förmlichen Anhörung als Betroffene kann auch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass die Antragstellerin auch als Zeugin entgegen ihrer grundsätzlichen Auskunftspflicht keine Aussage zur Sache gemacht und damit nicht zur Klärung der Täterschaft beigetragen hätte.  

     

    Praxishinweis

    Von Bedeutung ist in dem Zusammenhang die Rechtsprechung des BVerwG (NZV 00, 385). Danach berechtigt ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht nicht, die verwaltungsrechtliche Mitwirkung zu verweigern. Denn im Gegensatz zur Anhörung als Betroffener im OWi-Verfahren wegen des bestehenden Aussageverweigerungsrechts ist der Halter bei der Anhörung als Zeuge im Verwaltungsverfahren grds. zur Aussage und damit zur Mitwirkung an der Aufklärung der Täterschaft verpflichtet. Das bedeutet aber andererseits, dass die Verwaltungsbehörde diesen Weg auch gehen muss, bevor sie eine Fahrtenbuchauflage androhen kann/darf. Zur Fahrtenbuchauflage siehe VA 06, 125.  

    Quelle: Ausgabe 11 / 2009 | Seite 193 | ID 130890