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  • 24.05.2011 | Autokauf

    BGH entscheidet umstrittene Erfüllungsort-Frage

    Der Verkäufer einer mangelhaften Sache (hier: Camping-Faltanhänger) hat die zur Mängelbeseitigung geschuldete Nacherfüllung mangels abweichender vertraglicher Bestimmung an seinem Firmensitz vorzunehmen, wenn dies nach den Umständen für den Käufer zumutbar ist (BGH 13.4.11, VIII ZR 220/10, Abruf-Nr. 111373).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die in Frankreich wohnhaften Kläger erwarben bei der in Polch (bei Koblenz) ansässigen Beklagten einen neuen Camping-Faltanhänger. Vereinbart war „Lieferung: ab Polch, Selbstabholer“. Gleichwohl lieferte die Beklagte den Anhänger an den Wohnort der Kläger. In der Folgezeit rügten diese verschiedene Mängel und forderten die Beklagte unter Fristsetzung auf, den Faltanhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Nachdem dies bis Fristablauf nicht geschehen war, erklärten die Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit ihrer Klage haben sie Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers sowie Erstattung von Anwaltskosten begehrt. Das LG Koblenz hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG Koblenz die Klage abgewiesen (Abruf-Nr. 103441, DAR 11, 84 m. Anm. Döll).  

     

    Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger hatte keinen Erfolg. Der VIII. ZS hat entschieden, dass sich der Ort, an dem der Verkäufer die geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, mangels spezieller Regelung im Kaufrecht gem. § 269 Abs. 1 BGB nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt, wenn - wie hier - vorrangige Parteivereinbarungen nicht getroffen worden sind. Zu diesen Umständen gehören die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung sowie das Ausmaß der Unannehmlichkeiten, die die Nacherfüllung für den Käufer mit sich bringt. Letzteres folge aus den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach deren Art. 3 Abs. 3 die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss. Da die Beseitigung der von den Klägern gerügten Mängel den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordere und ein Transport des Anhängers nach Polch oder dessen Organisation für die Kläger zumutbar sei, liege der Erfüllungsort der Nachbesserung am Firmensitz der Beklagten. Die Kläger wären daher gehalten gewesen, den Anhänger zur Durchführung der Nacherfüllung dorthin zu bringen. Solange dies nicht geschehe, bestehe kein Recht zum Rücktritt.  

     

    Praxishinweis

    Mit dem Urteil, das bei Redaktionsschluss noch nicht im Volltext vorlag, ist eine der am heftigsten umstrittenen Fragen des 2002 modernisierten Kaufrechts entschieden. Ohne Anrufung des Großen Senats. Immerhin ist der X. ZS der Ansicht, dass im Zweifel dort nachzubessern sei, wo sich das nachzubessernde Werk (es ging um eine Yacht) vertragsgemäß befinde. Mit dieser Entscheidung im Rücken haben insbesondere Autokäufer ihre Orts- und Kosteninteressen gegen das Interesse der Händler durchgesetzt, dort zu prüfen und zu reparieren, wo sich Diagnosegeräte und Werkzeug befinden. Unter Berufung auf das Yacht-Urteil des X. ZS (NJW-RR 08, 724) haben Instanzgerichte reihenweise Kfz-Händler, die es ablehnten, das angeblich mangelhafte Fahrzeug beim Käufer abzuholen oder vor Ort („momentaner Belegenheitsort“) instandzusetzen, als Nacherfüllungsverweigerer behandelt (z.B. OLG Celle 10.12.09, 11 U 32/09, Abruf-Nr. 100092). Zudem wurde ihnen das Diagnoserisiko auferlegt, indem man sie mit den Kosten einer Prüfung am Belegenheitsort oder den Eigenkosten eines Transports von dort zur Werkstatt belastete; ohne realistische Regresschance, wenn sich die Mängelrüge als objektiv unbegründet herausstellte.