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  • 01.08.2005 | Augenblicksversagen

    Berufung auf Augenblicksversagen

    Beruft sich der Betroffene auf ein Augenblicksversagen, muss sich der Tatrichter damit auseinander setzen und sorgfältig prüfen, ob nach den Grundsätzen der BGH-Rspr. ein Fahrverbot ggf. nicht festgesetzt werden kann, weil dem Betroffenen ein auch subjektiv grober Vorwurf nicht gemacht werden kann (OLG Hamm 23.5.05, 2 Ss OWi 295/05; Abruf-Nr. 051646).

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilt. Der Betroffene war beim Einbiegen auf eine Straße dort zunächst relativ langsam gefahren. Dadurch erweckte er bei dem den Fahrvorgang beobachtenden Polizeibeamten den Eindruck, „als ob er etwas suche und als ob er ortsunkundig sei“. Unmittelbar im Anschluss an das Einbiegen missachtete der Betroffene eine Lichtzeichenanlage. Das AG hat nicht zu einem Augenblicksversagen Stellung genommen. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Feststellungen des AG waren „im Zweifel zu Gunsten“ des Betroffenen dahin zu werten, dass er ein Augenblicksversagen geltend gemacht hat. Deshalb hätte sich das AG mit dem Vorbringen des Betroffenen auseinandersetzen und die Frage prüfen müssen, ob nach den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung ein Fahrverbot nicht festgesetzt werden kann, weil dem Betroffenen ein auch subjektiv grober Vorwurf nicht gemacht werden kann. Es bedarf dann näherer Feststellungen zu dem Verkehrsverstoß. Das gilt vor allem auch, wenn der Tatrichter ein Augenblicksversagen verneinen will. Bei einer leichten oder momentanen Unaufmerksamkeit, so z.B., wenn der Betroffene durch Adressensuche abgelenkt ist, muss von einem Fahrverbot abgesehen werden, weil bereits auf der Tatbestandsebene die Voraussetzungen für dessen Verhängung nicht vorliegen. Diese Umstände haben dann aber auch im Rahmen des Augenblicksversagens Bedeutung und sind vom Tatrichter näher aufzuklären.  

     

    Praxishinweis

    Das OLG stellt hier eine verhältnismäßig weite gerichtliche Aufklärungspflicht im Hinblick auf mögliches Augenblicksversagen auf. Darauf müssen sich die Tatrichter in Zukunft einstellen. Der Verteidiger muss demgegenüber darauf achten, dass aus seinem Vortrag deutlich wird, dass sich der Betroffene auf ein Augenblicksversagen berufen will. Dann braucht das OLG gar nicht erst mit der „Krücke“ des „Zweifelssatzes“ zu arbeiten.