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  • 01.01.2005 | Absehen vom Fahrverbot

    Absehen vom Fahrverbot wegen beruflicher Härte

    1. Will der Tatrichter das Vorliegen eines außergewöhnlichen Härtefalles ablehnen, muss er sich unter Darlegung in den Urteilsgründen mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen näher auseinander setzen und klären, ob diesem überhaupt andere Maßnahmen finanziell möglich sind, wenn sich dies nicht bereits zweifelsfrei aus der beruflichen Stellung des Betroffenen ergibt.  
    2. Würde bei der Verhängung eines Fahrverbots eine außergewöhnliche und nicht mehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang zu bringende Härte eintreten, so muss sich der Tatrichter auch mit der Frage befassen, ob das Fahrverbot auf eine bestimmte Kraftfahrzeugart beschränkt werden kann.  
    (OLG Karlsruhe 27.10.04, 1 Ss 178/04, Abruf-Nr. 043015)

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt und ein Fahrverbot verhängt. Es hat das Vorliegen eines besonderen Härtefalles und einer existenzbedrohenden Lage des Betroffenen (= selbständiger Landschaftsgärtner) verneint, weil dieser die mit einem Fahrverbot verbundenen Beeinträchtigungen seines Gewerbebetriebes durch geeignete Maßnahmen, wie etwa der Einstellung einer weiteren Hilfskraft mit Lkw-Führerschein, kompensieren könne. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte beim OLG Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG geht im Ansatz zu Recht davon aus, dass von der Verhängung eines Fahrverbots wegen beruflicher Härte nur in Ausnahmefällen abgesehen werden kann, wenn dieses zu einer beruflichen Härte ganz außergewöhnlicher Art, wie dem Existenzverlust bei einem Selbständigen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes bei einem Arbeitnehmer, führen würde. Bloße berufliche Folgen selbst von schwerwiegender Art reichen hierfür nicht aus, da sie mit einem Fahrverbot sehr häufig verbunden sind. Daher ist es einem Betroffenen grundsätzlich zuzumuten, diese Nachteile durch Inanspruchnahme von Urlaub oder der vorübergehenden Beschäftigung eines Fahrers, der Aufnahme eines Kredites oder der Kombination dieser Maßnahmen auszugleichen. Dies gilt insbesondere, wenn dem Betroffenen die Viermonatsfrist des § 25 Abs. 2a StVG zur Verfügung steht, er sich auf diese Karenzzeit einrichten und nach Abstimmung mit seinen geschäftlichen oder beruflichen Belangen einen geeigneten Zeitpunkt zur Abgabe seines Führerscheins auswählen kann.  

     

    Der Tatrichter hätte sich allerdings bei der Annahme einer solchen Kompensationsmöglichkeit unter Darlegung in den Urteilsgründen mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen näher auseinandersetzen und klären müssen, ob diesem überhaupt eine derartige Abwendung finanziell möglich ist. Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen.