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  • · Fachbeitrag · Gutachten

    „Ferngutachten“ sind schadenrechtlich unbrauchbar

    | Seit einiger Zeit geistert ein Konzept durch die Schadenwelt, bei dem in einer Zentrale ein sogenanntes Schadengutachten erstellt wird, obwohl der Gutachter das Fahrzeug nie selbst gesehen hat. Der Rechtsprechung gefällt dieses Modell anscheinend nicht - aus guten und nachvollziehbaren Gründen. |

     

    So hat jetzt mit dem AG Dachau ein zweites Gericht entschieden: Für ein schadenrechtlich brauchbares Gutachten über den Fahrzeugschaden ist es zwingend, dass der Schadengutachter das verunfallte Fahrzeug persönlich in Augenschein nimmt (AG Dachau, Urteil vom 30.1.2013, Az. 3 C 1146/10; Abruf-Nr. 131464). Ähnlich hatte das zuvor schon das AG Freudenstadt (Urteil vom 11.10.2012, Az. 4 C 607/11; Abruf-Nr. 123935) gesehen.

     

    Kameramann mit Knopf im Ohr

    Das vor dem AG Dachau überprüfte Schadengutachten wurde in der Weise erstellt, dass ein Werkstattmitarbeiter Bilder vom Schaden „ferngesteuert“ aufnahm und an eine Zentrale übermittelte. Dort wurde anhand des Bildmaterials der Schaden kalkuliert und das Ganze dann in die äußere Form eines Schadengutachtens gegossen.

     

    Ein Gutachten muss immer ein neutrales Produkt sein

    Für die Werkstatt ist das Konzept auf den ersten Blick verführerisch, weil für die Dokumentationsarbeit ein Obolus gezahlt wird, ein Teil des Gutachtenhonorars also der Werkstatt zufließt. Doch schon auf den ersten Blick ist eines der Probleme erkennbar: Einem solchen Gutachten fehlt es an der erforderlichen Neutralität, wenn ein Mitarbeiter der später die Reparatur ausführenden Werkstatt ganz wesentlich an dessen Erstellung mitwirkt.

     

    Auge, Ohr und Nase sind nicht ersetzbar

    Das AG Dachau ergänzte, dass das ihm vorgelegte Bildmaterial wegen mangelnder Qualität und Auflösung ungeeignet sei, den Schaden zu beurteilen. Ein Auge sei zu detaillierteren Wahrnehmungen fähig als eine Kamera. Außerdem komme es immer auch darauf an, dass der Sachverständige mit Ohr und Nase am Objekt sei.

     

    Mindestens hätte Transparenz erwartet werden können

    Im Übrigen sei das Gutachten schon formal unbrauchbar, weil der als Ersteller benannte Sachverständige nicht im Gutachten selbst offengelegt hat, dass er das begutachtete Objekt nicht mit eigenen Augen gesehen hat.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „,Ferngutachten‘ sind schadenrechtlich unbrauchbar“, UE 2/2013, Seite 3
    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 12 | ID 39475000