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  • 01.04.2008 · IWW-Abrufnummer 080958

    Amtsgericht Wesel: Urteil vom 13.09.2007 – 5 C 254/07

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    5 C 254/07

    Amtsgericht Wesel

    Urteil

    In dem Rechtsstreit XXX

    hat das Amtsgericht Wesel

    im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 13. September 2007 durch XXX
    für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 504,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 03.04.2007 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß den §§ 7, 18 StVG in Verbindung mit § 3 PflVG einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von noch 504,55 EUR.

    Die Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall vom 12.03.2007 ist unstreitig. Ein Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin der Beklagten verschuldete den Unfall, indem er aus Unachtsamkeit auf das Fahrzeug der Klägerin auffuhr.

    Der von der Beklagten im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung vorgenommene Abzug in Höhe von 504,55 EUR von den auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens vom 13.03.2007 fiktiv geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von netto 6.600,41 EUR ist nicht gerechtfertigt.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der im Gutachten des Sachverständigen zugrunde gelegten Stundensatze einer markengebundenen Fachwerkstatt. Entgegen der Auffassung der Beklagten schuldet diese auch bei fiktiver Abrechnung nicht nur den niedrigeren Stundenverrechnungssatz der von ihr bezeichneten markenfreien Fachwerkstatt, auch wenn es sich dabei um einen von der DEKRA zertifizi.erten Meisterbetrieb handelt, der Reparaturen und Instandsetzungen nach den Empfehlungen und Richtlinien der jeweiligen Hersteller durchführt.

    Nach dem Urteil des BGH vom 29.04.2003 (VI ZR 398/02) kann ein Geschädigter auch bei fiktiver Abrechnung auf Grundlage eines Gutachtens die Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt ersetzt verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob und ggfls. wie der Geschädigte sein Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt. Wie der BGH in seinem Urteil vom 29.04.2003 zutreffend ausführt, ist Ziel des Schadensersatzes die Totalreparatur, wobei der Geschädigte grundsätzlich sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei ist. Dies gilt auch für fiktive Reparaturkosten. Der Geschädigte. muss sich zwar auf eine ihm ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen, jedoch nicht auf die einer nicht markengebundenen, wenn auch billigeren Fremdwerkstatt. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten,- der im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Schadensbehebung in eigener Regie bestimmen darf, würde hierdurch zu stark eingeschränkt werden. Der Geschädigte muss sich jedenfalls dann nicht auf eine nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen lassen, wenn - wie hier - der Differenzbetrag zwischen den Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt und denen einer nicht, markengebundenen Fachwerkstatt weniger als 10 % der Reparaturkosten der markengebundenen Fachwerkstatt ausmacht. Ohne dass es im einzelnen auf einen Qualitätsvergleich ankommt, genügt bei dieser relativ geringfügigen Differenz bereits die in Verkehrskreisen verbreitete Erwartung, in einer Markenwerkstatt werde ein Schaden wegen des täglichen Umgangs mit dem Fabrikat höherwertiger bzw. verlässlicher beseitigt, um bei einer Verweisung auf eine sonstige Werkstatt einen unzulässigen Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Geschädigten anzunehmen. Die Reparatur in einer Markenwerkstatt kann mit Blick auf die in Verkehrskreisen verbreitete Erwartung. in einer Markenwerkstatt werde ein Schaden wegen des täglichen Umgangs mit dem Fabrikat höherwertiger beseitigt, auch bei einem möglichen Weiterverkauf des Fahrzeugs als Verkaufsargument dienen und ist damit auch insoweit von Belang.

    Unabhängig davon hat der Geschädigte regelmäßig keine Möglichkeit zu überprüfen, ob es sich bei der von der Versicherung benannten Werkstatt um eine zuverlässige und kompetente Firma handelt, die auch über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen gerade bezüglich seines speziellen Autotyps und der konkret anfallenden Reparaturen verfügt. Er müsste sich hier auf die Angaben der Versicherung verlassen, was dem gesetzlichen Leitbild des Schadensersatzrechts widerspricht, nach dem gerade der Geschädigte "Herr des Restitutionsgeschehens" ist. Vielmehr kann der Geschädigte verlangen, dass die Arbeiten in einer markengebundenen Fachwerkstatt seines Vertrauens durchgeführt werden. Die für die Wiederherstellung des geschädigten Fahrzeugs erforderlichen Kosten sind daher diejenigen, die bei Durchführung der Reparatur in einer ortsnahen markengebundenen Fachwerkstatt anfallen, nicht diejenigen. einer nicht markengebundenen Werkstatt (ebenso: AG München, Urteil v. 20.06.2006, Az.: 343 C 34380/05; AG Hagen, Urteil v. 26.01.2006, Az.: 19 C 340/05).

    Dass die im Gutachten des Sachverständigen zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze für eine markengebundene Vertragswerkstatt unangemessen hoch sein könnten, ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten muss die Klägerin sich auch keine Kürzung in Höhe der in dem Gutachten veranschlagten Entsorgungskosten in Höhe von 12,00 EUR netto gefallen lassen. Da die Klägerin zur Abrechnung auf fiktiver Grundlage berechtigt ist, ist es unerheblich, ob sie die Reparatur mit den damit verbundenen Entsorgungskosten durchführt oder nicht.

    Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf Verzug gemäß den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den § 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Das Gericht hat gemäß § 511 Abs. 4 ZPO die Berufung zugelassen,. weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

    Der Streitwert beträgt 504,55 EUR.

    RechtsgebieteUnfallregulierung, ReparaturkostenVorschriften§§ 7, 18 StVG, § 3 PflVG