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  • 28.06.2018 · IWW-Abrufnummer 202006

    Oberlandesgericht Braunschweig: Urteil vom 30.01.2018 – 7 U 3/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Braunschweig

    Im Namen des Volkes

    Urteil
     
    7 U 3/17
    5 O 921/16 Landgericht Braunschweig   

    Verkündet am 30. Januar 2018

    In dem Rechtsstreit

    der Frau E. I., ….,

    Klägerin und Berufungsklägerin,

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte A. & Kollegen, …..,

    gegen

    1. die H. H.-U.-K. Deutschlands VVaG, vertreten durch den Vorstand Dr. W. W., ……,

    2. Frau B. K., ……,

    Beklagte und Berufungsbeklagte,

    Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
    Rechtsanwälte Dr. S. & Kollegen, ……,

    hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig auf die mündliche Ver­handlung vom 9. Januar 2018 durch die Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. X, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Y und die Richterin am Oberlandesgericht Z für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braun­schweig vom 20. Dezember 2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin 1.259,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem je­weiligen Basiszinssatz seit dem 09. März 2016 auf 1.093,22 € und auf weitere 166,15 € seit dem 12. Oktober 2016 zu zahlen.

    Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, der Klä­gerin vorgerichtliche Anwaltskosten von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. März 2016 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklag­ten als Gesamtschuldner 2/11 und die Klägerin 9/11 zu tragen.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Berufungsstreitwert wird auf 6.806,84 € festgesetzt.

    Gründe

    Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 517 ZPO eingelegt innerhalb der antragsgemäß verlängerten Frist des § 520 Abs. 2 ZPO auch begründet worden. Sie ist jedoch nur zu einem geringen Teil begründet.

    1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten als Gesamtschuldner wegen des Verkehrsunfalls vom 02.01.2016 aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249ff BGB, 115 Abs. 1 VVG dem Grunde nach in Höhe von 20%, mithin auf Zahlung von 1.259,37 €.

    a) Der Unfall hat sich beim Betrieb des von der Beklagten zu 2 geführten und bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten Pkw ereignet.

    b) Das Landgericht ist aufgrund seiner Beweis­aufnahme in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin ein betriebsgefahrerhö­hen­des Verschulden der Beklagten zu 2 in Form des Verstoßes gegen § 37 Abs. 1 Nr. 2 S. 7 StVO (Nichtbeachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage) nicht bewie­sen hat. Die Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden; Denkfehler, Auslassungen, Un­klarheiten und an­dere Anhaltspunkte, die eine Wiederholung oder Ergänzung der Beweisaufnahme erforderten, sind nicht erkennbar; die Klägerin setzt mit der Beru­fungsbegründung lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derer der Kammer. Im Einzelnen gilt folgendes:

    aa) Unstreitig wollte der Zeuge I. am 02.01.2016 gegen 22.00 Uhr, also bei Dunkelheit, mit dem Pkw der Klägerin in S.-L. von der Ludwig-Er­hardt-Str. nach links in die B. Straße abbiegen und hatte sich dazu auch auf der Linksabbiegerspur eingeordnet. Die Gegenrichtung verfügt unstreitig über zwei Fahr­spuren, die der Zeuge mithin zum Linksabbiegen überqueren musste; die in die­ser Gegenrichtung rechte Fahrspur ist für Rechtsabbieger und Geradeausfah­rende, die linke nur für Geradeausfahrende vorgesehen (vgl. die polizeiliche Skizze, Bl. 8 der Akten Stadt S. 32.4/00.2600109). Auf dieser linken Gegenrich­tungsfahr­spur kam die Beklagte zu 2 unstreitig dem mit den Zeugen besetzten Pkw Audi A3 der Klägerin entgegen. Es ist weiterhin unstreitig, dass die Gegenrichtung später Grünlicht erhält als die Richtung, in der der Pkw der Klägerin fuhr.

    Naturgemäß konnten die Zeugen E. und S. I. im Pkw der Klägerin die Stellung der Lichtzeichenanlage für den entgegenkommenden Pkw Dacia Sandero der Beklagten zu 2 nicht einsehen. Die Klägerin stützt ihre Behauptung, die Beklagte zu 2 müsse bei Rotlicht gefahren sein, denn auch allein darauf, dass die Zeugen I. beim Einfahren in den Kreuzungsbereich einen haltenden Pkw auf der rech­ten der beiden Gegenrichtungsfahrspuren wahrgenommen hätten und dass nach dem Umschalten der Lichtzeichenanlage für den Zeugen I. auf Grünlicht bis zum Grünlicht für die Gegenrichtung ein Zeitraum zur Verfü­gung gestanden habe, der bei weitem ausgereicht hätte, um gefahrlos vor der Beklagten zu 2 abzubiegen.

    bb) Die Existenz des auf der rechten Gegenfahrspur haltenden Pkw haben die Be­klagten jedoch von Anfang an bestritten. Die Klägerin hat auch den genannten Zeit­raum zunächst nur vage auf „mindestens 10 Sekunden“ geschätzt (Klageschrift S. 3) und erst später aufgrund nachträglicher Videoaufnahmen auf 18 Sekunden (Re­plik S. 2). Ihr Vorbringen mag so zu verstehen sein, dass der Zeuge E. I. sogleich auf das Grünlicht für seine Fahrtrichtung angefahren sei und deshalb ge­nug Zeit zum Abbiegen vor dem entgegenkommenden Pkw der Beklagten zu 2 ge­habt hätte, bevor die Beklagte zu 2 ihrerseits Grünlicht bekommen habe; allein da­raus soll sich ergeben, dass die Beklagte zu 2 bei Rotlicht gefahren sein müsse. Dafür bleiben jedoch die An­haltspunkte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wie die Kammer in nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, zu schwach.

    (1) Schon das Klägervorbringen in der Klageschrift ist insoweit nicht ganz eindeutig, als es zwischen dem Einfahren des Zeugen in den Kreuzungsbereich, der anschlie­ßenden Prüfung, ob Gegenverkehr komme oder Fußgänger die ein­mündende Ber­liner Straße überquerten, und dem Beginn des Abbiegens trennt, was einen gewis­sen Zeitablauf beinhaltet, ohne diesen freilich näher zu bestimmen. Anhaltspunkte für dessen Dauer fehlen aber auch vollständig.

    (2) Entsprechendes gilt für die Aussagen der Zeugen I.. Der Zeuge E. I. hat seinen jedenfalls nicht ganz plötzlichen, aber von der Dauer her unge­wissen Abbiegevorgang bestätigt, indem er bekundet hat, zuerst noch auf den Ge­genverkehr, dann auf das Vorhan­densein von Fußgängern auf dem Überweg über die Berliner Straße geachtet zu haben und danach losgefahren zu sein (Prot. v. 29.11.2016 S. 3). Auch zur Entfer­nung des Fahrzeugs der Klägerin bei seiner Be­obachtung des entgegenkommen­den Verkehrs hat der Zeuge nichts aussagen kön­nen (ebenda S. 4 unten), aber sodann auffälligerweise zweimal bekundet, er habe die Länge der für ihn zur Verfügung stehenden Grünphase bis zum Grünlicht für den Gegenverkehr später mit sogar 45 Sekunden gestoppt (ebenda S. 3 unten; S. 5 oben). In demselben Sinne, wenngleich noch weniger deutlich hat die Zeugin S. I. bestätigt, ihr Cousin sei auf das Grünlicht hin langsam angefahren, also nicht gleich „losgebrettert“ (ebenda S. 6). Konkrete Anhaltspunkte für Geschwindig­keit, Dauer des Abbiegeversuchs und Entfernung des Pkw der Be­klagten zu 2 feh­len. Entgegen der Vorstellung des Klägervertreters kann auch nicht zumindest die Dauer eines Abbiegevorgangs nach der Lebenserfahrung bestimmt werden. Zum einen ist nach aller Lebenserfahrung das Startverhalten von Kraftfahrzeugführern an auf „Grün“ wechselnden Lichtzeichenanlagen höchst unterschiedlich, und zwar schon wegen unterschiedlicher Motorleistungen, aber auch etwa wegen Unterhal­tung mit Mitfahrern oder anderweitiger Ablenkung. Das gilt entsprechend nochmals für ein Wiederanfahren auf der Kreuzung nach Beachtung von Gegen- und kreu­zendem Fußgängerverkehr, wie es der Zeuge I. geschildert hat. Zum anderen wäre selbst bei Bestehen eines Erfahrungssatzes damit noch nicht gesagt, in wel­cher Entfernung sich die Beklagte zu 2 befand, als der Zeuge anfuhr. Ohne derartige Anknüpfungspunkte kann aber auch ein Sachverständiger den Verlauf des Ver­kehrsunfalls nicht rekonstruieren.

    Soweit beide Zeugen bestätigen möchten, der Zusammenstoß habe sich zu einem Zeitpunkt ereignet, zu dem der entgegenkommende Verkehr in Geradeausrichtung noch Rotlicht gehabt haben müsse, bleiben ihre Aussagen auch deshalb wenig nachvollziehbar, weil sie zwar zunächst jeweils den entsprechenden Klagevortrag pauschal bestätigt, aber auf Nachfragen wenig konkret reagiert haben. Besonders die Zeugin S. I. hat praktisch keine weiteren Details angeben können, so zur Entfernung des entgegenkommenden Pkw der Beklagten zu 2, zu Farbe und Typ des angeblich an der LZA in Gegenrichtung stehenden Pkw und zum Vorhan­densein von Pkw neben und hinter demjenigen der Klägerin (Prot. ebenda S. 5f). Auffällig bleibt auch die wiederholte Angabe des Zeugen E. I., die Dauer der Rotphase der Gegenrichtung nach dem Grünlicht für ihn selbst nunmehr sogar mit 45 Sekunden gestoppt zu haben, was noch weit über das Klägervorbringen von zuletzt 18 Sekunden hinausgeht.

    Soweit die Zeugen auch die behauptete Existenz eines auf der Geradeaus-/Rechts-Spur der Gegenrichtung stehenden Pkw bestätigt haben, um zu begründen, warum die Beklagte zu 2 bei Rotlicht gefahren sein müsse, kann davon ebenfalls nicht si­cher ausgegangen werden. Denn die Zeugen haben keine konkreten Angaben zu diesem Fahrzeug machen können, insbesondere nicht einmal die Farbe, ge­schweige denn einen Fahrzeugtyp übereinstimmend angeben können. Das be­hauptete Warten eines Pkw an der Lichtzeichenanlage für die Gegenrichtung wäre auch lediglich ein schwaches Indiz für die Stellung der Lichtzeichenanlage der Ge­genrichtung.

    Auch die Aussage der Zeugin S. I., die Beklagte zu 2 habe von sich aus erklärt, bei Rotlicht gefahren zu sein, steht allein da und ist auch wenig nachvoll­ziehbar angesichts dessen, dass die die Beklagte zu 2 den Unfallhergang nicht nur in ihrer Anhörung, sondern auch schon vor Ort gegenüber der Polizei anders ge­schildert hat (Prot. ebenda S. 2; Verkehrsunfallbericht in der Ermittlungsakte Bl. 5). Soweit der Klägervertreter im Senatstermin darauf aufmerksam gemacht hat, dass die beiden Darstellungen der Beklagten zu 2 sich untereinander nicht deckten, weil sie vor dem Landgericht angegeben habe, die Lichtzeichenanlage habe schon die ganze Zeit „Grün“ angezeigt, steht dies nicht der Feststellung entgegen, dass sie beide Male und damit auch schon gegenüber der Polizei am Unfallort keinen Rot­lichtverstoß eingeräumt hat. Aus dem Widerspruch hinsichtlich der Dauer des Grün­lichts in den Erklärungen der Beklagten zu 2 kann jedenfalls nicht die Richtigkeit der gegenteiligen Behauptung der Klägerin geschlossen werden, die Beklagte zu 2 habe überhaupt kein Grün-, sondern noch Rotlicht gehabt.

    cc) Die Kammer hat nach alledem zu Recht ausgeführt, dass die behauptete Dauer der Rotphase der Gegenrichtung nur dann auf einen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2 deuten würde, wenn weitere Anknüpfungspunkte für die Dauer des Abbiege­vorgangs des Zeugen E. I. bis zum Zusammenstoß feststünden. Daran fehlt es aber gerade. Es gibt keine unbeteiligten Zeugen, die das Anfahrmanöver des Zeugen E. I. beschreiben. Die Aussagen der – zudem als Angehörige der Klägerin am Ausgang des Rechtsstreits zumindest emotional interessierten - Zeugen I. begegnen zu vielen Bedenken, als dass die Kammer darauf hätte die Schlussfolgerung stützen können, die Beklagte zu 2 müsse beim Abbiegen des Zeugen E. I. noch Rotlicht gehabt haben. Schließlich besteht ohne konkre­tere Anhaltspunkte zum konkreten zeitlichen Ablauf der Fahrvorgänge auch kein Anlass zur Beiziehung des zum Unfallzeitpunkt geltenden Lichtzeichenschaltpla­nes, die die Klägerin übrigens auch nicht beantragt hat. Das angebotene Beweis­mittel der Augenscheinseinnahme von den Videoaufnahmen des Klägerver­treters schei­det, wie die Kammer zutreffend erkannt hat, schon deshalb aus, weil damit nicht feststünde, dass zum Unfallzeitpunkt dieselbe Schaltung aktiv war, wozu die Kläge­rin auch nicht vorgetragen hat. Insgesamt bestehen damit zu wenige gesi­cherte An­haltspunkte für eine Wiederholung oder Ergänzung der Beweisaufnahme; die Klä­gerin hat einen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2 nicht beweisen können.

    c) Demgegenüber hat die Kammer zu Recht - und insoweit auch durch die Berufung unbeanstandet - einen betriebsgefahrerhöhenden Verkehrsverstoß des Zeugen E. I. in Form des Linksabbiegens ohne Beachtung des entgegenkommen­den Geradeausverkehrs festgestellt (Urteil S. 9). Es handelt sich allerdings um einen Verstoß gegen § 9 Abs. 3 S. 1 StVO; die Vorschrift des § 9 Abs. 4 S. 1 StVO betrifft nur die Wartepflicht des Linksabbiegers gegenüber entgegenkommenden Rechtsabbiegern. Die Klägerin muss sich insoweit das Verschulden des Zeugen E. I. als des Fah­rers ihres Fahrzeugs zurechnen lassen. Auch wenn – wie nicht bewiesen ist – auf der rechten Fahrspur der Gegenrichtung tatsächlich ein Pkw vor der Lichtzeichenanlage gehalten haben sollte, hatte der Zeuge I. die auf der zweiten Gegenfahrspur fahrende Beklagte zu 2 durchfahren zu lassen. Dass sie dafür noch zu weit entfernt gewesen wäre, behauptet die Klägerin selbst nicht und wäre auch durch den tatsächlichen Unfallverlauf widerlegt. Ein Vertrauensschutz zugunsten des Zeugen I. kommt schon wegen der dem Linksabbieger nicht einsehbaren Lichtzeichenstellung für die Gegenrichtung nicht in Betracht.

    d) Bei der gem. § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG erforderlichen Abwägung der beiderseiti­gen Verursachungsanteile ist nach alledem auf Seiten der Beklagten nur die Be­triebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zu 2 anzusetzen, da ein Rotlichtverstoß ihrerseits nicht feststeht. Andererseits ist wegen Unaufklärbarkeit der Stellung der Lichtzeichenanlage für die Beklagte zu 2 auch keine Unabwendbarkeit des Unfalls i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG zu ihren Gunsten feststellbar.

    Auf Seiten der Klägerin fällt außer der Betriebsgefahr ihres Pkw noch der Verstoß des Zeugen I. gegen § 9 Abs. 3 S. 1 StVO ins Gewicht. Die Rechtsprechung nimmt an, dass der Linksabbieger bei Verkehrsregelung durch eine Lichtzeichen­an­lage jedenfalls dann allein für die Unfallschäden zu haften hat, wenn der entge­gen­kommende Geradeausfahrer Grünlicht hatte. In solchen Fällen streitet für den Ge­radeausfahrenden auch der Anscheinsbeweis, dass der Linksabbieger den Zu­sam­menstoß verschuldet hat (BGH NJW-RR 2007, 1077 - in Juris Rz. 8f -; KG MDR 2010, 266 - in Juris Rz. 4-7 -; Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 14. Aufl., Rz. 221 m.w.N.). Das jedoch steht hier; ob die Beklagte zu 2 „Grün“ hatte, ist vielmehr gerade streitig und ungeklärt geblieben. Es gab unstreitig auch keine be­sondere Grünphase für Linksabbieger, welche bei unklarer Stellung der Lichtzei­chenanlage für den Geradeausfahrer zu einem erheb­lichen Mithaftungsanteil des Linksabbiegers führen soll (BGH NJW 1996, 1405 - in Juris Rz. 17-19 -; Grüneberg a.a.O. Rz. 225 m. umfangr. Nachw.). Danach ist die Betriebsgefahr des Pkw der Klägerin durch den Verkehrsverstoß des Zeugen I. deutlich erhöht, wenn sie auch nicht zum Zurücktreten der Betriebsgefahr auf Klägerseite führt. Die Abwä­gung der beiderseitigen Verursachungsanteile ergibt vielmehr, dass die Beklagten als Gesamtschuldner der Klägerin für die Betriebsge­fahr des Pkw der Beklagten zu 2 mit 20% haften.

    2. Der Höhe nach gilt für den Schadensersatzanspruch der Klägerin folgendes:

    a) Den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes hat die Klägerin durch das Gutachten des Sachverständigen G. (Anlage A2, Anlagenband Kl.) be­legt. Bei einer Haftung der Beklagten zu 20% kann sie jedoch von einem zugrunde zulegenden Schaden von 4.820.- € nur
    964,00 € erstattet verlangen.

    Die Klägerin rechnet berechtigterweise auf Total­schadensbasis ab. Bei einem Wie­derbeschaffungswert von 6.500.- € ist jedoch nicht der im Gutachten angegebene Restwert von 1.020.- € abzuziehen oder der vom Ehemann der Klägerin erzielte von 1.170.- €, sondern der Preis des von der Beklag­ten zu 3 eingeholten und der Klä­gerin mitgeteilten Angebots über 1.680.- €. Das führt zu einer Differenz von lediglich 4.820.- €. Denn insoweit hat sich die Klägerin zurechnen zu lassen, dass sie den von ihr vorgenommenen Verkauf entgegen § 254 BGB nicht mit der Beklagten zu 2 ab­gestimmt hat. Ihrer Schadensminderungspflicht aus dieser Vorschrift hätte sie nur genügt, wenn sie den Verkauf der Beklagten zu 1, die ja ihrer Auffassung nach zah­len sollte, angekündigt hätte; das hat sie nicht getan.

    Wenn ihr der schnelle Verkauf des verunfallten Pkw wichtig war, weil sie auf ein Fahrzeug angewiesen war, hätte die Klägerin die Beklagte darauf aufmerksam ma­chen und für den Fall der Nichtzahlung die Aufnahme eines Kredits ankündigen müssen. Immerhin war nach dem Privatgutachten G. (Anlage A2 S. 6) eine Wiederbeschaffung in 9-11 Tagen möglich. Insoweit kann auch entgegen der Auf­fassung des Klägervertreters keine Rede davon sein, dass sich dann die Zeit des Nutzungsausfalls oder diejenige der Inanspruchnahme eines Mietwagens wesent­lich verlängert hätte; die dafür erforderlichen Zeiträume berechnen sich nur nach der Möglichkeit des Geschädigten, ein Ersatzfahrzeug zu erlangen, und haben nichts mit dem Verkauf des verunfallten Fahrzeugs zu tun. War die Klägerin drin­gend auf den Erlös aus dem Verkauf angewiesen oder konnte sie in anderer Weise die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs nicht finanzieren, so hatte sie die ersatz­pflichtigen Beklagten – hier in erster Linie die Beklagte zu 3 – entsprechend zu un­terrichten.

    Demgegenüber kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Klägerin den verunfallten Pkw verkaufte, bevor oder nachdem das Schreiben der Beklagten zu 1 mit einem Ankaufsangebot über 1.680.- L€ vorlag, wofür es auf die erstinstanzliche Aussage des Zeugen E. I. ankäme (Protokoll vom 29.11.2016 S. 7f Bl. 95f d.A.). Denn auch schon vor Eingang des solchen Angebots hätte die Klägerin den beab­sichtigten schnellen Verkauf zur Finanzierung der Ersatzbeschaffung der Beklagten zu 3 anzeigen müssen.

    b) Die allgemeine Unfallkostenpauschale von 25.- € haben die Beklagten als Ge­samtschuldner der Klägerin unter Berücksichtigung der Haftungs­quote von 20% i.H.v. 5,00 € zu erstatten.

    c) Die geltend gemachten Beträge für Mietwagenkosten und Nutzungsausfall von (357.- € + 228.- € =) 585.- € sind ohne Abzüge zu 20% zu erstatten. Soweit die Beklagten die Nutzung eines Mietwagens und dessen Erforderlichkeit bestritten ha­ben, ergibt sich die Nutzungsdauer aus der von der Klägerin vorgelegten Anlage A3. Die Erforderlichkeit hat der von der Klägerin im erstinstanzlichen Termin sistierte Zeuge E. I. im Ansatz bestätigt, indem er auf das Erfordernis der Rückreise des Zeugen E. I. an den Heimatort der Klägerin verwiesen hat (Prot. v. 29.11.2016 S. 7, Bl. 95 d.A.). Die geltend gemachte Nutzungsdauer von 3 Tagen hält der Senat bei Schätzung des Schadens gem. § 287 Abs. 1 ZPO mit der zusätz­lichen Erläuterung des Klägervertreters im Senatstermin für angemessen, zumal die Klägerin damit die nach Schadensgutachten und Zulassungsdatum des Ersatzfahr­zeugs (11.01.2016) mögliche Mietwagennutzung von jedenfalls 9 Tagen bei weitem nicht ausgeschöpft hat. Mithin sind zu erstatten 20% von 585.- € ent­sprechend
    117,00 €.

    d) Von den An- und Abmeldegebühren ist die letztere streitig. Da die Klägerin im Senatstermin unwidersprochen vorgetragen hat, bereits am verunfallten Fahrzeug ein Wunschkennzeichen besessen zu haben, ist auch dessen Weiterführung zu er­statten. Demnach sind zu erstatten 20% von (7,70 € + 28,40 € =) 36,10 € entspre­chend 7,22 €.

    e) Die Sachverständigenkosten haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu er­statten, nachdem der Anspruch rückabgetreten worden ist (Anlage A13). Das sind 20% von 830,74 € entsprechend 166,15 €.

    f) Insgesamt stehen der Klägerin damit zu (964,00 € + 5.- € + 117.- € + 7,22 € + 166,15 € =) 1.259,37 €.

    2. a) Die Zinsnebenforderung der Klägerin ergibt sich für alle Schadenspositionen außer den Sachverständigenkosten – mithin für 1.093,22 € - aus §§ 280, 286 BGB.

    Verzugszinsen auf Sachverständigenkosten i.H.v. 166,15 € stehen ihr jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzuges, sondern nur unter demjenigen der Rechts­hängigkeit gem. § 291 BGB zu. Denn bei Verzugseintritt war die Klägerin mangels Rückabtretung des Ersatzanspruchs zunächst nicht aktivlegitimiert. Daran ändert nichts die Erklärung der Klägerschriftsatz vom 20.10.2016; es geht beim Anspruch auf Zinsen gem. §§ 280, 286 BGB um die von der Klägerin den Beklagten gesetzte Zahlungsfrist bis 08.03.2016 (Klageschrift S. 5), nicht aber darum, ob ihr selbst eine solche Frist von dem Sachverständigen gesetzt worden ist. Mithin kommt es für den Zinsbeginn auf die Zustellung der Klagerweiterung wegen der Sachverständigen­kosten mit Schriftsatz vom 12.09.2016 an. Dieser ist jedoch nach Aktenlage nicht förmlich zugestellt worden (vgl. Bl. 66f d.A.); deshalb kann nur gem. 189 ZPO der Zugang spätestens am Tage der Erwiderung zugrunde gelegt werden (12.10.2016, Bl. 70 d.A.).

    b) Die vorgerichtlichen Anwaltskosten berechnen sich für einen berechtigterweise geltend gemachten Anspruch von 1.259,37 € wie folgt:
        Gebühr Nr. 2300 VV für bis 1.500.- €, 1,3fach             149,50 €
        Telekomm.-Pauschale                           20,00 €
        Zwischensumme                             169,50 €
        x 1,19 =                                 201,71 €.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Ein Anlass zur Zulassung der Revision i.S.v. § 543 Abs. 2 ZPO war nicht er­kennbar. Der Berufungsstreitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG nach der geltend gemachten Hauptforderung von 6.806,84 € festzusetzen.