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  • 27.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060424

    Landgericht Mannheim: Urteil vom 13.08.2004 – 7 O 19/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit

    vertreten durch d. XXX

    - Klägerin -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt XXX

    gegen

    XXX
    vertreten durch d. Geschäftsführerin XXX

    - Beklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ..................................

    wegen Unterlassung u.a. (UWG)
    hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim auf die mündliche Verhandlung vom 02. Juli 2004 unter Mitwirkung von

    Vors. Richter am Landgericht XXX
    Richterin am Landgericht XXX
    Richter am Amtsgericht XXX

    für Recht erkannt:


    1. Der Beklagten wird untersagt,
    im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber letzten Verbrauchern zu werben wie folgt
    "FAST FÜR,UMME
    BEI XXX!!!
    Sie zahlen nur .'
    1,-EUR*
    beim Austausch ihrer Windschutzscheibe und bei Vorlage dieses Gutscheins.

    * bei einer Selbstbeteiligung bis 150,-EUR bei bestehender Kaskoversicherung für Windschutzscheiben! Ein Gutschein ist gültig für einen Austausch"
    und/oder
    entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren.
    2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 1 genannte Verbot wird der Beklagten Ordnungsgeld bis zu ? 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an der Geschäftsführerin angedroht.
    3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägeriri?189,00 nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 27.01.2004 zu bezahlen. 4~ Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte; 5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 ? vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, nimmt die Beklagte, welche in Mannheim die eine Autoglaserei betreibt, auf Unterlassung und Ersatz ihrer Abmahnkosten in Anspruch.

    Die Beklagte warb mit dem in der Anlage K 1 in Kopie vorgelegten Gutschein in Postkartengröße für eine im Zeitraum vom 01.11.2003 bis 31.12.2003 durchgeführte Aktion, mit folgender Aussage:


    "FAST FÜR UMME BEI..............................?

    Sie zahlen nur

    1,- EUR*

    beim Austausch ihrer Windschutzscheibe und bei Vorlage dieses Gutscheins.

    * bei einer Selbstbeteiligung bis 150,-EUR bei bestehender Kaskoversicherung für Windschutzscheiben! Ein Gutschein ist gültig für einen Austausch"

    Bei Vorlage des Gutscheins durch einen Kunden, der mit seiner Versicherung eine Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung bis 150,00 ? abgeschlossen hat, und Inanspruchnahme der Leistung der Beklagten, wies die Rechnung der Beklagten den üblicherweise von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag für den Austausch einer Autoscheibe ohne Hinweis darauf aus, dass sich der Kunde und die Beklagte bereits auf eine geringere Vergütung (nämlich der übliche Betrag minus der Selbstbeteiligung zuzüglich 1,00 ?) geeinigt haben. Nach Regulierung durch die Versicherung war der Kunde berechtigt, den Nachlass auf die der Beklagten geschuldeten Restsumme zu fordern.

    Die Klägerin ist der Ansicht, es handele sich im vorliegenden Fall um einen Fall leistungsfremden übertriebenen Anlockens. Dem letzten Verbraucher werde bei einer Beauftragung der Beklagten ein Rabatt in Höhe von ? 149,00 auf den von ihm ansonsten zu zahlenden Betrag der eigenen Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 ?, mithin ein Rabatt von 99,33% versprochen.

    Die Werbung sei insbesondere unzulässig, weil die Inanspruchnahme der Leistung aufgrund dieser Werbung nur im Wege der Teilnahme an einer strafrechtlich relevanten unlauteren Handlung erfolgen könne.

    Die Klägerin beantragt:
    wie erkannt.

    Die Beklagte beantragt:
    die Abweisung der Klage.

    Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage unzulässig sei. Sie weist darauf hin, dass sich auf den Präsidenten XXX als Vorstand im Sinne des § 26 BGB auf der gesamten Homepage der Klägerin gemäß Anlage 1 kein Hinweis finde.

    Die Beklagte verweist auf die unter Anlagenkonvolut A 2 vorgelegte Werbung und stellt Marktvorteile durch die Gutscheinwerbung in Frage.
    Da der Nachlass die Windschutzscheibe unmittelbar betreffe, könne kein übertriebenes Anlocken vorliegen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, dass es allein Sache des Verbrauchers sei, was mit dem Selbstbehalt nach Regulierung durch die Versicherung geschehe. Dies ergebe sich auch aus einer Erklärung einer Mitarbeiterin der XXX.

    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2004 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die zulässige Klage ist begründet. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin ordnungsgemäß vertreten (§ 51 ZPO). Die Klägerin hat durch XXX am 17. Juni 1994 zum Präsidenten gewählt wurde (vgl. Nr. 7 des Vereinsregisterauszugs). Aus Nr. 11 des vorgelegten Vereinsregisterauszugs ergibt sich, dass die Klägerin durch den Präsidenten alleine vertreten wird.

    II.

    1. Die Klage ist auch begründet. Zurecht streiten die Parteien nicht darüber, ob die Klägerin nach § 8 Abs. 3 UWG n.F. (bzw. § 13 Abs. 2 Nr. 2 a.F.) aktivlegitimiert ist. Die in § 8 Abs. 3 UWG n.F. genannten Voraussetzungen sind erfüllt (vgl. hierzu: BGH, WRP 2002, 434-H.I.V. Positiv).

    2. Die Werbung der Beklagten und die Durchführung der beanstandeten Aktionen ist wegen der Teilnahme an einer unerlaubten Handlung wettbewerbswidrig im Sinne der § 1 UWG a.F. und §§ 3,4 Nr. 11 UWG n.F. und ist deshalb von der Beklagten zu unterlassen. Durch die Werbung und die Durchführung der beworbenen Aktion erlangt die Beklagte einen sittenwidrigen Vorsprung durch Rechtsbruch. Denn durch die, Vorlage der Rechnung, die den von dem Versicherungsnehmer (wegen des Verzichts durch die Beklagte) tatsächlich nicht geschuldeten Betrag ausweist, wird die Versicherung darüber getäuscht, wie hoch der dem Versicherungsnehmer tatsächlich entstandene Schaden ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es der Versicherung insoweit nicht darauf ankommt, ob der Kunde den Betrag in Höhe der Selbstbeteiligung tatsächlich bezahlt hat.

    Denn gemäß § 13 Abs. 9 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) in der Fassung vom 15.11.2002 wird in der Fahrzeugteil- und Vollversicherung der "Schaden" abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung ersetzt. Insoweit ist davon auszugehen, dass hierunter der für die Herstellung erforderliche Geldbetrag fällt (vgl. § 249 Abs. 2 BGB). Insoweit ist unerheblich, dass einzelne Versicherungen, wie zum Beispiel die XXX (was von der Klägerin bestritten wurde) nicht an den Gutscheinen der Beklagten interessiert seien. Es kommt nicht auf die Verhältnisse einer konkreten Versicherung an. Insoweit ist entscheidend, dass es Versicherungen gibt, die nur deshalb den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag abzüglich der Selbstbeteiligung zahlen, weil sie davon ausgehen, dass es sich hierbei um den tatsächlich von dem Kunden zu erbringenden Betrag handelt. Bei diesem Sachverhalt ist ein Betrug im Sinne des § 263 StGB gegeben.

    3. Darüber hinaus ist die angegriffene Werbung auch gemäß § 1 UWG a.F. und §§3, 4 Nr. 11 UWG n.F. in Verbindung mit § 1 PangV zu beanstanden, da in der beanstandeten Werbung nicht der Preis angegeben wird, den die Beklagte von der Kraftfahrtversicherung letztlich erhält. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung Brillenpreise II (GRUR 1997, 767) ausgeführt, dass Endpreis im Sinne des § 1 Abs. 1 PangV beim Verkauf einer Brille an das Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung auch dann das Entgelt ist, das der Optiker von der Kasse und, dem Versicherten insgesamt erhält, wenn der Optiker Brillen nur an Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen abgibt. Insoweit wurde ausgeführt, dass der Augenoptiker allein durch die Benennung der Selbstbeteiligung, die beim Erwerb einer Sehhilfe auf das Kassenmitglied entfällt, das seiner Preisangabepflicht nicht genügt. Denn dadurch wird nur ein Teil des zu zahlenden Entgelts belegt. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten.

    Zweck der Preisangabeverordnung ist es, Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Vergleichsmöglichkeiten die Stellung des Verbrauchers gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken (vgl. BGH, GRUR 1997, 767, 769 Brillenpreise II). Diesem Zweck wird nur dann Rechnung getragen, wenn der Endabnehmer den Betrag erfährt, der insgesamt als Gegenleistung für die Ware, das Werk oder die Dienste des jeweiligen Anbieters aufzubringen sind (vgl. BGH, GRUR 1997, 767, 769 Brillenpreise II). Besonderheiten, die nur für einzelne Personen oder bestimmte Kundengruppen gelten, dürfen dem nach nicht allein Gegenstand der Preisangabe oder der Werbung sein. Ein effektiver Vergleich der Preise verschiedener Autoglasereien untereinander, auf den es hier ankommt, ist nur bei einer einheitlichen und für alle Autoglasereien maßgeblichen Ausgangsgröße möglich. Als solche ist der Selbstzahlerpreis anzusehen. Auf diesen Preisvergleich ist der Versicherungsnehmer, auch wenn er kaskoversichert ist, angewiesen, da er entscheiden muss, ob er - unter Verlust des Schadensfreiheitsrabatts- seine Versicherung in Anspruch nimmt oder selbst zahlt (vgl. insoweit §7 VI. (1) AKB). Ferner ist nicht ausgeschlossen, dass die Versicherung die Leistung berechtigterweise (z.B. wegen § 61 VVG) verweigert.

    4. Da sich der Wettbewerbsverstoß bereits aus §1UWG a.F. bzw. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG n.F. ergibt, kann im übrigen dahinstehen, ob die Werbung der Beklagten und die Durchführung der beworbenen Aktion als übertriebenes Anlocken zu beanstanden ist. Daran bestehen Zweifel, weil eine Werbung damit, dass beim Kauf von Waren besondere Vergünstigungen gewährt werden, als solche nicht Wettbewerbswidrig ist Ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt kann erst durch den Einsatz zusätzlicher, unsachlicher Mittel entstehen. Kennzeichen solcher Mittel ist, dass sie nicht die Preiswürdigkeit oder Qualität des Angebots steigern, sondern Kunden von einer preis- und qualitätsbewussten Prüfung verschiedener Angebote durch werbendes Herausstellen leistungsfremder Vergünstigungen abhalten (vgl. BGH; NJW-RR 2000, 1351 Nulltarif, mwN.).

    III.

    Die Verpflichtung zur Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus §§ 677, 683, 670 BGB (vgl. BGH, NJW:RR 2004, 687;688)

    IV.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegt § 709 ZPO zugrunde.

    XXX
    Vors. Richter am Landgericht

    XXX
    Richter am Amtsgericht

    XXX
    Richterin am Landgericht


    Beschluss:


    Der Streitwert wird festgesetzt auf ? 10.189,00

    XXX
    Vors. Richter am Landgericht

    XXX
    Richter am Amtsgericht

    XXX
    Richterin am Landgericht

    RechtsgebietWettbewerbsrechtVorschriften§ 8 Abs. 3 UWG, § 3, § 4 Nr. 11 UWG