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  • 21.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143328

    Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 01.08.2014 – 11 U 23/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln

    11 U 23/14

    Tenor:

    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts vom 7.1.2014 (24 O 223/13) wird zurückgewiesen.

    2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

    3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Gründe:

    I.

    Die Klägerin betreibt einen Verkehrsflughafen. Am 02.02.2011 wurde durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug eine Kofferbrücke der Klägerin durch das oben bezeichnete Fahrzeug beschädigt. In der Folgezeit wurde die Kofferbrücke repariert. Die Kofferbrücke wird als Teil der Gepäckhalle A planmäßig zum Wechsel des Winterflugplans 2015/2016 zurückgebaut werden. Nach dem Vorfall vom 02.02.2011 erfolgte eine Begutachtung des Schadens durch einen von der Beklagten beauftragten Gutachter. Der Gutachter berechnete im Gutachten vom 19.06.2012 einen Neuwertschaden von insgesamt 698.368,63 € und einen Zeitwertschaden von 660.852,65 €. Den von ihrem Sachverständigen ermittelten Zeitwertschaden erstattete die Beklagte der Klägerin. Den Differenzbetrag zum Neuwertschaden in Höhe von 37.515,98 € machte die Klägerin als Betriebseinrichtungsschaden bei ihrer Betriebseinrichtungsversicherung geltend. Diese regulierte den Schaden unter Abzug des vereinbarten Selbstbehalts in Höhe von 25.000 € und zahlte an die Klägerin 12.515,98 €. Mit der Klage macht die Klägerin den Ersatz des nicht regulierten Neuwertschadens in Höhe von 25.000,-- € geltend. Sie hat die Ansicht vertreten, dass der in dem von der Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten ausgewiesene Neuwertschaden zutreffe, so dass die sich aus dem Neuwert- und Zeitwertschaden ergebende Differenz an sie – soweit nicht ihre Betriebshaftpflicht die Differenz schon reguliert habe – auszuzahlen sei. Insbesondere sei kein Abzug „Neu für Alt“ vorzunehmen, da sie die Gepäckhalle A nebst der Kofferbrücke im Jahre 2015 zurückbauen werde. Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, es sei lediglich nur der Zeitwert zu entschädigen, da bei Gebäudeschäden im Rahmen des Schadenersatzes eine Minderung der Ersatzleistung wegen des „Abzugs „Neu für Alt“ zu berücksichtigen sei. Nichts anderes könne gelten, wenn die Klägerin „in Berliner Manier“ Vermögenswerte zerstöre. Dies sei ihr eigenes Vergnügen, könne aber nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

    Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Zur Begründung wiederholen und vertiefen die Parteien jeweils ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung, die Berufungserwiderung, den Hinweisbeschluss des Senats vom 2.7.2014 und die Stellungnahme der Beklagten vom 25.7.2014 verwiesen.
    II.

    Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 2.7.2014 verwiesen. Dort hat der Senat ausgeführt:

    „1. Das Landgericht hat der Klage zu Recht auf der Grundlage des Neuzeitwertes stattgegeben, den der von der Beklagten beauftragte Sachverständige ermittelt hat. Die Beklagte hat diesen Neuwert nicht substantiiert bestritten. Das Landgericht verweist zutreffend darauf, dass der Sachverständige durch die Beklagte hinzugezogen worden ist. Er hat von dem ermittelten Neuwert einzelne Positionen in Abzug gebracht. Auf dieser Basis hat die Beklagte den vom Sachverständigen ermittelten Zeitwert beanstandungslos vorgerichtlich reguliert. Im Hinblick hierauf darf sich die Beklagte nicht auf ein einfaches Bestreiten zurückziehen.

    2. Die von dem Sachverständigen vorgenommenen Abzüge sind nicht unter dem Gesichtspunkt eines Abzuges neu für alt gerechtfertigt. Auch das hat das Landgericht zutreffend erkannt. Zwar ist bei der Bemessung des Schadensersatzes wegen Beschädigung oder Zerstörung einer durch Gebrauch und Zeitdauer im Wert gesunkenen oder schon vorher schadhaften Sache grundsätzlich ein Abzug zwecks Berücksichtigung des Unterschiedes von Alt und neu zu machen. Das gilt auch für langlebige Wirtschaftsgüter (BGHZ 30, 29 = NJW 1959, 1078). Der Abzug setzt voraus, dass dem Geschädigten durch die Ersatzleistung eine messbarer Vermögensmehrung eingetreten ist, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, und dass der Ausgleich dem Geschädigten zumutbar ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, vor § 249 Rn. 97 ff.). Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Vorteil dem Geschädigten aufgedrängt wird. Daraus ergeben sich für ihn Milderungen (Staudinger/Schiemann, BGB, Bearbeitung 2004, § 249 Rn. 176). Für den Abzug neu für alt ist entscheidend, ob und wie sich das individuelle Nutzungspotenzial für den Geschädigten erhöht hat; maßgeblich ist, ob die neue Sache gerade für den Geschädigten einen höheren Wert hat (vgl. BGHZ 30, 29, 34; Oetker in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 249 Rn. 49; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 78). Einen solchen Vorteil hat die Beklagte, die für die Voraussetzungen eines Abzuges neu für alt die Darlegungs- und Beweislast trägt (BGHZ 94, 195, 217 = NJW 1985, 1539; NJW-RR 1992, 1300), nicht dargetan:

    - Die Klägerin trägt unwiderlegt vor, dass sie die Gepäckhalle nebst der beschädigten Kofferbrücke in zwei Jahren zum Winterflugplan 2015/2016 abreißen werde. Insoweit ist durch den Umstand, dass ihr anstelle der älteren eine neuwertige Brücke zur Verfügung steht, kein konkreter Nutzungsvorteil entstanden. Es steht auch in ihrer Dispositionsbefugnis, den Gebrauch der neuen Brücke im Hinblick auf ihre Umbaupläne zeitlich zu begrenzen. Der Einwand der Beklagten, hiermit werde es ins Belieben des Geschädigten gestellt, sich eines Abzuges und neu für alt dadurch zu entledigen, dass er vortrage, er werde den Ersatzgegenstand vernichten, verfängt nicht. Natürlich kommt es darauf an, ob der Geschädigte eine derartige Absicht zumindest nachvollziehbar begründet. Das ist hier jedoch der Fall.

    - Es ist auch nicht dargetan, dass die neue Kofferbrücke für die Klägerin einen wirtschaftlichen Vermögenszuwachs darstellt. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Brücke wiederverwertbar wäre. Die Klägerin bestreitet mit nachvollziehbarer Begründung, dass es einen Markt für derartige Brücken gebe. Die Beklagte tritt für ihre, von der Klägerin bestrittene Behauptung, zumindest diverse Bauteile der Anlage ließen sich wiederverwerten, keinen Beweis an. Abgesehen davon, wäre ein solcher Wiederverwertungsvorteil erst dann zu berücksichtigen, wenn er sich, etwa durch den Verkauf der Anlage, realisiert hat (OLG Saarbrücken VersR 1975, 189; Schiemann a.a.O.; Soergel/Mertens a.a.O.). Ein derzeit zu berücksichtigender Ausgleich neu für alt könnte daher nur darin liegen, dass sich die Beklagte das Recht einräumen ließe, die Anlage nach dem geplanten Zurückbau der Gepäckhalle selbst zu verwerten.

    - Es ist schließlich auch nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Klägerin einen erheblichen und messbaren Vermögensvorteil durch die Ersparnis von Wartungskosten erlangt hätte, die sonst für die beschädigte Brücke angefallen wären. Die Klägerin verweist in der Berufungserwiderung zu Recht darauf, dass die technische Einrichtung lediglich vier Jahre alt gewesen sei. Das entspricht ihren – von der Beklagte nicht in Abrede gestellten - Angaben gegenüber dem Sachverständigen, nach denen die Förderbrücke ca. im Jahr 1992 errichtet worden sei, die Fördertechnik aber aus dem Jahre 2008 stamme (Gutachten S. 5, Bl. 43 d.A.). Da die Wartungsarbeiten aber jedenfalls in erster Linie für die technische Einrichtung anfallen und diese im Unfallzeitpunkt ebenfalls noch neuwertig war, fehlt für die Ersparnis von Wartungskosten jeglicher Anhalt.“

    Die Stellungnahme der Beklagten vom 25.7.2014 enthält keine erheblichen und noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte. Sie gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Die wirtschaftliche Vernünftigkeit ihrer Entscheidung hat die Klägerin dargelegt. Wenn die Beklagte der Auffassung ist, die Kofferbrücke habe auch nach dem – in der Dispositionsbefugnis der Klägerin stehenden - Zurückbau der Halle einen Wert, so mag sie sich das Recht der zukünftigen Verwertung abtreten lassen.
    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht durch Urteil, so dass über die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden konnte.

    Berufungsstreitwert: 25.000,-- €