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  • 27.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133044

    Amtsgericht Köln: Urteil vom 10.09.2013 – 274 C 87/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Köln
    274 C 87/13
    Tenor:
    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 492,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.09.2012 zu zahlen.
    2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Tatbestand:
    Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 313 a, 495 a ZPO abgesehen.
    Entscheidungsgründe:
    Die zulässige Klage ist begründet.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 492,68 € gem. §§ 7, 18 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit §§ 398 ff. BGB.
    Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die der Zendentin entstandenen Schäden aufgrund des Unfallereignisses, das sich am 23.08.2012 in Köln ereignet hat ist ebenso unstreitig wie die Tatsache, dass sich die Zendentin für ihr durch den Unfall geschädigtes Fahrzeug (Mietwagengruppe 5) noch am Unfalltag bei der Klägerin (PLZ-Gebiet 508) ein Fahrzeug (Mietwagengruppe 4) für 12 Tage angemietet hat.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf, wobei er nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH, NJW 2009, 58). Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit des gewählten Mietwagentarifs bildet dabei der am Markt übliche Normaltarif. Das bedeutet aber nicht, dass der Geschädigte eine Marktforschung betreiben muss, um den absolut günstigsten Preis für ein Ersatzfahrzeug herauszufinden. Dies ist ihm nicht zuzumuten. Es kommt vielmehr darauf an, welche Mietwagenkosten er für erforderlich halten durfte.
    Diesen kann der Tatrichter in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Anwendung des § 287 ZPO grundsätzlich auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) bzw. des arithmetischen Mittels des Schwacke-AMS im maßgebenden Postleitzahlengebiet ermitteln (vgl. etwa BGH, NZV 2011, 43 m.w.N.). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (BGH, a.a.O.).
    Derartige konkrete Tatsachen trägt die Beklagte nicht vor. Ihre Ausführungen erschöpfen sich zum Teil in allgemeinen Angriffen gegen die Schätzungsgrundlage und die angewandte Erhebungsmethodik des Schwacke-AMS sowie in einer Erläuterung der Vorzüge des Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen. Diese Argumente vermögen das Gericht nicht davon zu überzeugen, von einer Schätzung nach dem Schwacke-AMS abzurücken. Diesem ist vielmehr aus folgenden Gründen der Vorzug zu geben: Bei der Bildung der gewichteten Mittelwerte bzw. Moduswerte orientiert sich der Schwacke-AMS an den tatsächlichen Marktverhältnissen, wobei die Schwacke-Organisation als neutrale Sachverständigenorganisation auftritt. Es werden sowohl als Moduswert die häufigsten Nennungen herangezogen als auch in Gestalt des arithmetischen Mittels ein Mittelwert aus allen Nennungen gebildet. Ferner werden auch der minimale und maximale Preis genannt. Bei der Datensammlung wird bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auch auf Internetrecherche verzichtet, vielmehr nur schriftliche Preislisten ausgewertet, die für jeden frei zugänglich sind. Der Schwacke-AMS wird regelmäßig den neuesten Entwicklungen angepasst, wobei nicht nur die aktuellen Preislisten ausgewertet, sondern auch neuere Marktentwicklungen berücksichtigt werden.
    Auch die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote („screenshots“), mit denen sich das Gericht entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auseinanderzusetzen hat (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09; Urt. v. 18.05.2010, Az.: VI ZR 293/08), geben keine Veranlassung von der Schätzung nach dem Schwacke-AMS abzurücken. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten zitierten Urteils des BGH vom 18.12.2012, Az.: VI ZR 316/11. Hieraus folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass Internetangebote bereits für sich die Eignung des Schwacke-AMS als Schätzgrundlage erschüttern. Vielmehr fordert der 6. Senat des BGH entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (s.o.) lediglich eine Auseinandersetzung des erkennenden Gerichts mit den Angeboten. Eine solche ergibt, dass die Beklagte mit den vorgelegten „screenshots“ nicht hinreichend konkret dargetan hat, dass die Anmietung der Mietfahrzeuge bei diesen Vermietern zu wesentlich günstigeren Preisen möglich war und der im Schwacke-AMS ausgewiesene Tarif deshalb überhöht ist. Die Beklagte hat mit den vorgelegten Internetangeboten nicht hinreichend konkret dargetan, dass die Anmietung der Mietfahrzeuge bei diesen Vermietern zu wesentlich günstigeren Preisen möglich war und der im Schwacke-AMS ausgewiesene Tarif deshalb überhöht ist. Bereits eine Vergleichbarkeit der aus den „screenshots“ hervorgehenden Angebote mit der im hiesigen Fall vorliegenden Anmietsituation ist nicht gegeben. Der von der Beklagten vorgetragene, willkürlich ausgewählte Mietbeginn vom 07.06.2013 betrifft einen gänzlich anderen als den tatsächlichen Mietzeitraum. Soweit die Beklagte behauptet, die von ihr recherchierten Preise seien auch zum hier streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt unter den vorliegend gegebenen Umständen zugänglich gewesen, so stellt sich die insoweit beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar. Keines der Internetangebote lässt weiterhin erkennen, ob Vorbuchungsfristen einzuhalten sind (vgl. LG Köln, Urt. v. 28.02.2012, Az.: 11 S 253/11) und folglich auch nicht, ob eine unmittelbare Verfügbarkeit des Mietwagens, wie üblicherweise im Anschluss an eine Unfallsituation erforderlich, bei der Anmietung über das Internet gewährleistet ist. Im Gegenteil: Aus den Angeboten der Firma B. geht hervor, dass diese nur für eine Reservierung verfügbar seien. Auch fehlt in den Angeboten die Angabe etwaiger Nebenkosten, wie etwa die Kosten einer Zustellung und Abholung des Mietwagens (vgl. LG Köln a.a.O.). Weiterhin ist zu beachten, dass die Anmietung eines Fahrzeugs zu den im Internet angebotenen Preisen oft nur möglich ist, wenn auch unmittelbar über das Internet gebucht wird (vgl. LG Köln a.a.O.). Die vorgelegten Angebote repräsentieren nicht den regionalen Markt, sondern nur einen Sondermarkt, der sich nicht ohne weiteres mit dem regionalen Mietwagenmarkt vergleichen lässt (BGH, Urt. v. 02.02.2010, VI ZR 7/09, Rz. 21, zit. n. juris; LG Köln, a.a.O.). Die Angebote sind nur demjenigen zugänglich, der eine Zugangsmöglichkeit zum Internet besitzt. Eine solche steht keinesfalls jedem zur Verfügung, insbesondere nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unfallsituation, aus der heraus eine Anmietung erforderlich wird. Dass die ausgewiesenen Preise auch bei Anmietung an einer Station der Unternehmen Gültigkeit besäßen, hat die Beklagte nicht dargelegt, z.B. durch die Vorlage von Preislisten.
    Entgegen anderer in der Rspr. vertretener Ansicht, wie nunmehr das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 30.07.2013 – 15 U 212/12, ist das Gericht auch nicht der Auffassung, dass der Mittelwert zwischen der Erhebung des Frauenhofer Instituts und der Schwacke-Liste die geeignete Grundlage zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten bildet (ebenfalls ablehnend bzgl. der Bildung eines Mittelwertes etwa LG Köln, Urteil vom 13.08.2013 – 11 S 374/12). Die Bedenken des OLG Köln, die dazu geführt haben, dass das OLG Köln von seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung abweicht, teilt das hiesige Gericht nicht. Denn im Rahmen der Ermittlung der Preise der Schwacke-Liste werden die Angaben aus den zurückgesandten Umfragebogen nicht „blind“ übernommen, sondern es werden im großen Umfang Kontrollen durch Doppelerhebungen und Internetlisten durchgeführt. Auch der Umstand, dass die Preise in der Schwacke-Liste in den Jahren 2010 bis 2012 gestiegen sind, während die Preise der Frauenhofer-Liste gesunken sein sollen, führt bei dem Gericht nicht zu der Auffassung, dass die Schwacke-Liste keine geeignete Schätzgrundlage bildet. Dass die sinkenden Preise der Fraunhofer-Liste zutreffend sein sollen, ist nicht belegt; auch ist die Vergleichbarkeit der Listen aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden eingeschränkt. Zudem überzeugt der Verweis auf sinkende Preise und den behaupteten Preiskampf der Mietwagenunternehmen nicht ohne Weiteres. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Anstieg der Mietwagenpreise realistisch ist, da nach der dts-Nachrichtenagentur auch die Preise für die Anschaffung von Fahrzeugen steigen, wobei der Anstieg deutlich über die Inflation hinausgeht (Meldung der dts-Nachrichtenagentur vom 13.6.2013, zu finden über www.finanznachrichten.de). Dies spricht eher dafür, dass die Schwacke- Erhebungen zutreffender sind als die der Fraunhofer Agentur (vgl. AG Köln, Urteil vom 28.08.2013 – 261 C 65/13). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09, NJW 2011, 1947 ff., noch ausführt, dass der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, nicht genügt, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Abschließend ist noch einmal zu betonen, dass der BGH auch in seinen jüngeren Entscheidungen betont, dass der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage des "Schwacke-Mietpreisspiegels" im maßgebenden Postleitzahlengebiet ermitteln kann (u.a. BGH, Urteil vom 27.03.2012 – VI ZR 40/10).
    Insgesamt verbleibt es nach Auffassung des Gerichts trotz der Vielzahl der von dem Beklagten vorgebrachten Einwendungen bei der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage. Anzuwenden ist dabei grds. der Schwacke – AMS des Unfalljahres. Dies ist vorliegend 2012. Das Gericht ist ferner der Auffassung, dass die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach Wochen-, Dreitages- und Tagespauschalen bei der Schätzung zu berücksichtigen sind.
    Unter Berücksichtigung der angemieteten Fahrzeugklasse 04 ergibt sich für das am Anmietort ergebende Postleitzahlengebiet - 508 aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2012 ein zu ersetzender Normalpreis in Höhe von brutto 1.191,50 € (1x Wochenpauschale (Modus) à 513,50 €, 1x Dreitagespauschale (Modus à 355,00), 2x Tagespauschale à 161,50 €). Dies entspricht einem hier zu berücksichtigenden Nettotarif von 1.001,26 €. Ein über dem Normaltarif liegender Unfallersatztarif wird von der Klägerin nicht geltend gemacht, so dass es auf die Frage, ob ein zum Teil in der Rspr. gebilligter pauschaler Aufschlag auf diesen Tarif vorliegend zu berücksichtigen ist, nicht ankommt.
    Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem angemieteten Fahrzeug unstreitig um ein klassentieferes als das durch den Unfall geschädigte handelt, ist ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen nicht vorzunehmen.
    Daneben sind von der Beklagten die Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietfahrzeuges zu ersetzen. Mithin weitere 38,66 € (2 x 23 € abzgl. 19 % MwSt). Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietwagens sind ebenfalls erstattungsfähig, soweit diese Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Soweit die Beklagte vorliegend pauschal bestreitet, dass diese Leistungen tatsächlich erbracht wurden, erfolgt dieses Bestreiten vor dem Hintergrund des substantiierten Vortrages der Klägerin und der Tatsache, dass diese Leistungen in der Rechnung vom 04.09.2012 ausdrücklich aufgeführt sind, ersichtlich ins Blaue hinein und war daher unbeachtlich. Auf die Frage, ob der Geschädigte auf das Bringen und Holen des Fahrzeugs angewiesen war, kommt es nicht an (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, Az: 15 U 212/12).
    Bereits diese beiden Positionen addieren sich unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste 2012 auf 1.039,92 € netto.
    Auf die Frage, ob im vorliegenden Fall, tatsächlich eine Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 € gvereinbart wurde, kommt es nicht an, weil die von der Klägeirn in Rechnung gestellten Mietwagenkosten mit 1.021,68 € unter dem vorgenannten Betrag liegen und daher insgesamt erstattungsfähig sind.
    Da die Beklagte auf die Rechnung von 1.021,68 € bislang lediglich 529 € gezahlt hat verbleibt ein Restanspruch in Höhe von 492,68 €.
    Die geltend gemachten Zinsen stehen der Klägerin gem. §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu. In dem Schreiben der Beklagten vom 13.09.2012 ist eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung enthalten.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
    Streitwert: 492,68 €

    RechtsgebieteUnfallregulierung, MietwagenVorschriften§§ 7, 18 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 398 BGB