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  • 07.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132402

    Landgericht Saarbrücken: Urteil vom 22.03.2013 – 13 S 199/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    13 S 199/12

    Amtsgericht Saarbrücken
    37 C 677/11 (02)

    verkündet am 22.3.2013

    LANDGERICHT SAARBRÜCKEN

    URTEIL

    Im Namen des Volkes

    In dem Rechtsstreit
    xxx

    hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken

    auf die mündliche Verhandlung vom 15.3.2013

    durch den Präsidenten des Landgerichts ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ...
    für R e c h t erkannt:

    I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 18.10. 2012 ‒ 37 C 677/11 (02) ‒ unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu zahlen
    - 2.974,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.2.2011;
    - Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 15.2.2011 bis 8.2.2012 auf 148,30 €
    - vorgerichtliche Anwaltskosten von 233,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2012 (Rechtshängigkeit).

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 70%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 36% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 64%.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    I.

    Der Kläger verlangt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 25.1.2011 in der ... in ... ereignet hat. Die Einstandspflicht der Beklagten für die Unfallfolgen ist nicht in Streit. Soweit in der Berufung noch von Belang ist Gegenstand der Klage die Frage, ob der Kläger auf der Basis eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens Reparaturkosten zuzüglich einer Wertminderung ersetzt verlangen kann, oder ob er auf die Geltendmachtung des Wiederbeschaffungsaufwands beschränkt ist.

    Nach dem Unfall holte der Kläger ein Sachverständigengutachten ein, das Reparaturkosten von netto 8.544,08 € (10.167,46 brutto), eine Wertminderung von 2.500,- € sowie einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von netto 13.445,38 € (16.000,- € brutto) auswies. Ein Restwert des beschädigten Fahrzeuges, eines am 26.7.2010 erstmals zugelassenen Smart Fortwo Cabrio, wurde nicht ermittelt. Mit Kaufvertrag vom 16.2.2011 erwarb der Kläger ein Ersatzfahrzeug und gab das beschädigte Fahrzeug zu einem differenzbesteuerten Kaufpreis von 6.250,- € in Zahlung.

    Der drittbeklagte Haftpflichtversicherer übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 7.6.2011 ein auf den 13.4.2011 datiertes und bis zum 4.5.2011 befristetes Restwertangebot eines überörtlichen Anbieters über 6.670,- €. Der Kläger wies mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 6.7.2011 darauf hin, dass das Fahrzeug längst verwertet sei und im Übrigen die Frist des Angebots im Zeitpunkt dessen Zugangs bereits abgelaufen war.

    Nachdem die Beklagten vorprozessual einen Großteil des Schadens ausgeglichen haben, rechnet der Kläger auf Reparaturkostenbasis ab und macht Nettoreparaturkosten von 8,544,08 € zuzüglich einer Wertminderung in Höhe von 2.500,- €, zusammen 11.044,08 € abzüglich vorprozessual hierauf gezahlten 6.775,38 € nebst gesetzlichen Zinsen und restlichen außergerichtlichen Anwaltskosten klagweise geltend. Die ebenfalls geltend gemachte Mehrwertsteuer der Sachverständigenrechnung in Höhe von 148,30 € haben die Beklagten nach Klageerhebung ausgeglichen. Insoweit ist die Klage für erledigt erklärt worden.

    Der Kläger behauptet, der von ihm erzielte Verkaufspreis sei nicht marktgerecht, sondern allein darauf zurückzuführen, dass er das Fahrzeug im Rahmen eines Neuwagenkaufs in Zahlung gegeben habe. Das Fahrzeug sei allenfalls noch 5.500,- € wert gewesen.

    Demgegenüber berufen sich die Beklagten darauf, dass der Restwert des Fahrzeuges mindestens in Höhe des tatsächlich erzielten Erlöses anzusetzen sei. Deshalb habe ein Totalschaden vorgelegen mit der Folge, dass der Kläger lediglich den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert ersetzt verlangen könne.

    Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Beklagten zu Zahlung von 420,- € sowie vorgerichtlichen Anwaltskosten von 233,82 € jeweils nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt, der Kläger könne lediglich den (Netto-)Wiederbeschaffungwert abzüglich Restwert abrechnen, weil ein Totalschadensfall vorgelegen habe. Als Restwert sei der von dem Kläger mühelos erzielte Verkaufspreis für das Unfallfahrzeug heranzuziehen, ohne dass dies einer von Klägerseite beantragten Überprüfung durch einen Sachverständigen bedürfe.

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen teilweise abgewiesenen Klageantrag weiter. Er meint, das Erstgericht hätte ein Sachverständigengutachten zur Höhe des Restwerts einholen müssen. Die Beklagten sind dem entgegengetreten und verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

    II.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

    1. Die Einstandspflicht der Beklagten für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gem. §§ 7, 17, 18 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) steht nicht im Streit.

    2. Zu Recht ist das Erstgericht ferner davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Schaden gem. § 249 BGB nicht, wie gefordert, auf der Basis des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens in Gestalt des „fiktiven“ Reparaturkostenaufwands zuzüglich der anfallenden Wertminderung ersetzt verlangen, sondern dass er lediglich auf Wiederbeschaffungsbasis abrechnen kann.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. etwa BGHZ 154, 395, 397 ff.; 162, 161, 164 f.; 163, 180, 184; zuletzt Urt. v. 5.2.2013 ‒ VI ZR 363/11, Juris), die das Erstgericht zugrunde gelegt hat, stehen dem Unfallgeschädigten für die Berechnung eines Kraftfahrzeugschadens im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines "gleichwertigen" Ersatzfahrzeugs. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug indes ‒ wie hier ‒ nicht reparieren lässt, sondern seinen Schaden (fiktiv) auf der Basis der geschätzten Kosten für die Instandsetzung berechnen will, kann die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck ‒ falls erforderlich ‒ verkehrssicher (teil-) reparieren lässt. Ist dies nicht der Fall, ist sein Ersatzanspruch auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt; er muss sich also den Restwert des geschädigten Fahrzeuges auf dessen ersatzfähigen Wiederbeschaffungswert anrechnen lassen (vgl. BGH aaO und Urt. v. 29.04.2008 ‒ VI ZR 220/07 = VersR 2008, 839; Urt. v. 23.11.2010 ‒ VI ZR 35/10 = VersR 2011, 280, jew. m.w.N.). So liegt es hier, denn der Kläger hat sein Fahrzeug kurz nach dem Unfallereignis in unrepariertem Zustand veräußert.

    3. Keinen Bedenken begegnet es ferner, dass das Erstgericht den Restwert mit dem vom Kläger bei der Inzahlungnahme des Unfallfahrzeuges erzielten Erlös von 6.250,00 € angesetzt hat.
    a) Der Geschädigte darf seiner Schadensabrechnung im Allgemeinen denjenigen Restwert zugrunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f; Urt. v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09 = VersR 2010, 963). Eine solche Wertermittlung lag hier indes nicht vor, vielmehr hat der Kläger durch Veräußerung seines Fahrzeuges einen Erlös erzielt, der als Anhaltspunkt für den tatsächlich erzielbaren Restwert zugrunde gelegt werden kann.

    b) Soweit der Kläger unter Anerbieten eines Sachverständigenbeweises behauptet hat, der auf dem regionalen Markt tatsächlich erzielbare Restwert habe unter dem von ihm erzielten Erlös gelegen, bedarf dies keiner weiteren Aufklärung. Denn auch wenn ein überdurchschnittlicher Erlös zugrunde gelegt würde, den der Geschädigte für seinen Unfallwagen aus Gründen erzielt, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun haben, ist dieser dem Schädiger gutzubringen, wenn der Geschädigte, was der Schädiger zu beweisen hat, für das Unfallfahrzeug ohne überobligationsmäßige Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2004 ‒ VI ZR 119/04 = VersR 2005, 381; Urt. v. 15.6.2010 ‒ VI ZR 232/09 = VersR 2010, 1197 m.w.N.).

    c) So liegt es hier. Eine Anrechnung erfolgt regelmäßig dann, wenn der Geschädigte, wozu er allerdings nicht verpflichtet ist, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch nimmt und hierbei ohne besondere Anstrengungen einen höheren Erlös erzielt (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2004 aaO m.w.N.). Nichts anderes muss gelten, wenn der Geschädigte ‒ wie hier ‒ durch die Inzahlungnahme seines Fahrzeuges beim Neuwagenkauf ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt, der den auf dem regionalen Markt sonst erzielbaren Restwert übersteigt. Dass der Kläger überobligationsmäßige Anstrengungen übernommen hätte, um den Verkaufspreis zu erzielen, hat er nicht einmal selbst vorgetragen und ist auch nicht aus den Umständen ersichtlich. Dass ein etwaiger "Übererlös" für den Unfallwagen aus Gründen erzielt worden ist, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun hatten (vgl. noch BGH, Urt. v. 5.3.1985 - VI ZR 204/83 = VersR 1985, 593), führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Ein Verbleib des Übererlöses würde nämlich gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen, wonach der Geschädigte zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem Schadensfall aber nicht verdienen soll. Deshalb kann ihn der Schädiger in solchen Fällen an dem tatsächlich erzielten Erlös festhalten (vgl. BGHZ 154, 395, 398; Urt. v. 7.12.2004 aaO und Urt. v. 15.6.2010 aaO, jew. m.w.N.).

    4. Ist danach die Höhe des ersatzfähigen Schadens auf der Grundlage einer Wiederbeschaffung zu berechnen, kann nicht außer acht gelassen werden, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug erworben hat und hierbei ausweislich des vorgelegten Kaufvertrages die gesetzliche Umsatzsteuer angefallen ist. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ist diese zu ersetzen, wenn und soweit sie im Rahmen der Wiederherstellung angefallen ist. Dies hat zur Folge, dass der Kläger den zur Wiederbeschaffung erforderlichen Aufwand einschließlich der hierfür geleisteten Umsatzsteuer ersetzt verlangen kann (vgl. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 5.2.2013 aaO; Urt. der Kammer v. 21.5.2010 ‒ 13 S 5/10, Juris, jew. m.w.N.). Der Schaden des Klägers ist daher nach dem gutachterlich ermittelten Bruttowiederbeschaffungswert unter Abzug des Bruttorestwerterlöses zu ermitteln und beträgt (16.000 ‒ 6.250 =) 9.750 €. Abzüglich der vorgerichtlich erfolgten Zahlung von 6.775,38 € ergibt dies einen noch offenen Betrag von 2.974,62 €.

    5. Daneben kann der Kläger weitere vorgerichtliche Anwaltskosten verlangen. Der ersatzfähige Gesamtschaden beläuft sich auf den bereits gezahlten unstreitigen Betrag von (9.525,89 + 148,30=) 9.674,19 € zuzüglich des noch offenen Betrages von 2.974,62 €, insgesamt also 12.648,81 €. Hieraus ergeben sich vorgerichtliche Anwaltskosten von 837,52 € (1,3 Geschäftsgebühr VV2300: 683,80 € + Auslagen VV7001, 7002: 20,- € + Mehrwertsteuer:133,72 €), so dass abzüglich des bereits vorgerichtlich hierauf erstatteten Betrags von 603,70 € ein noch offener Betrag von 233,82 € verbleibt.

    6. Diese Beträge kann der Kläger jeweils nebst gesetzlichen Zinsen gem. §§ 286, 288 BGB, hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten wie beantragt ab Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 BGB geltend machen; hinzu kommt der Zinsbetrag der sich für die Zeit bis zur Zahlung der Mehrwertsteuer von 148,30 € errechnet.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und sie keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).