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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    Aufklärungsbogen allein reicht nicht zum Nachweis einer ausreichenden Patientenaufklärung

    von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Der Vorwurf des Patienten, vom behandelnden Arzt nicht richtig aufgeklärt worden zu sein, ist oft das scharfe Schwert des Arzthaftungsrechts. Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung reicht es jedoch nicht immer aus, dass der Arzt einen ausgefüllten Aufklärungsbogen mit Anmerkungen vorlegen kann, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz vom 17.01.2018 zeigt (Az. 5 U 861/17). |

     

    Der Fall

    Im verhandelten Fall machte eine Patientin u. a. einen Aufklärungsfehler geltend und verlangte Schmerzensgeld. Sie sei nicht ausreichend aufgeklärt worden, vielmehr habe es sich nur um ein kurzes fünf- bis zehnminütiges Gespräch gehandelt. In diesem sei es in erster Linie um ihre Operationsangst gegangen. Auch hätte sie als Türkin die Aufklärung in deutscher Sprache nicht verstanden. Das Landgericht wies ihre Klage in erster Instanz ab.

     

    Die Entscheidungsgründe

    Auf die Berufung hat das OLG das Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Ermittlung an das Landgericht zurückverwiesen: Von einer ordnungsgemäßen Aufklärung könne nicht allein aufgrund der vorgelegten Aufklärungsbögen ausgegangen werden. Diese könnten allenfalls ein Indiz für Inhalt und Umfang des Aufklärungsgesprächs bieten, seien jedoch kein Beleg dafür, dass tatsächlich ein ausreichendes Aufklärungsgespräch stattgefunden habe.

     

    PRAXISTIPPS | Das OLG Koblenz stellt hier hohe Anforderungen an den Inhalt des Aufklärungsgesprächs und erhöht die Anforderungen an den Nachweis der Aufklärung deutlich. Handschriftliche Anmerkungen auf dem Aufklärungsformular würden hiernach für sich genommen für den Nachweis einer erfolgten mündlichen Aufklärung nicht grundsätzlich ausreichen. Ob sich diese neue Rechtsprechung durchsetzen wird, ist zwar fraglich ‒ jeder Arzt sollte aber den für ihn sichersten Weg wählen und folgendes beachten, um auf Nummer sicher zu gehen:

     

    • Auf dem Aufklärungsformular sollte neben dem Nachnamen des Arztes auch sein Vorname notiert werden. Denn die Aufklärung wird oft an Assistenzärzte delegiert, die man im Nachhinein (oft vergehen Jahre bis zu einem Arzthaftungsprozess) ‒ zum Zwecke der Entkräftung des Vorwurfs fehlerhafter Aufklärung ‒ manchmal nur noch schwer identifizieren kann, weil sie die Klinik inzwischen wieder verlassen haben.

     

    • In der Rubrik „Anmerkungen“ sollte der Arzt auch Themen, zu denen der Patient Nachfragen hatte, stichwortartig notieren (z. B. Fragen zur Dauer der Rehabilitation, abgekürzt als „Fra Pat zu Dauer Reha“). Aus solchen spezifischen Anmerkungen kann das Gericht dann nämlich den Schluss ziehen, dass das Aufklärungsgespräch nicht lediglich vom Arzt „heruntergerattert“ oder gar nicht durchgeführt wurde.

     

    • Bei Patienten, die aus dem Ausland stammen, kann es hilfreich sein, auf dem Aufklärungsbogen (unter „Anmerkungen“) zu notieren, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gab (z. B. „Verständigung gut“ oder „keine Verst.probleme“). Bei Verständigungsschwierigkeiten ist es sinnvoll, die Aufklärung durch einen Arzt durchführen zu lassen, der die Landessprache spricht ‒ ersatzweise den Patienten aufzufordern, mit einem Angehörigen zu erscheinen, der die deutsche Sprache so gut beherrscht, dass er med. Zusammenhänge erklären kann.
     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2019 | Seite 2 | ID 45914715