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  • · Fachbeitrag · Arzthaftungsrecht

    Aufklärung in besonderen Situationen: Anwendung von Neulandmethoden

    von RA und FA für MedR Dr. Rainer Hellweg, M.mel., Hannover

    | Wenn unterschiedliche Behandlungswege existieren, ist die Methodenwahl grundsätzlich Sache des behandelnden Arztes ( CB 04/2018, Seite 8 ). Möchte der Arzt jedoch eine (noch) nicht allgemein eingeführte Behandlungsmethode („Neulandmethode“) anwenden, muss er den Patienten über deren besondere Risiken aufklären (Oberlandesgericht [OLG] Hamm, Urteil vom 23.01.2018, Az. 26 U 76/17). |

    Sachverhalt

    Eine im Streitjahr (2008) 50-jährige Patientin stellte sich wegen einer Belastungsinkontinenz im Krankenhaus vor. Die behandelnden Krankenhausärzte schlugen ihr nach Diagnose das operative Einbringen eines Netzes vor. Hierbei handelte es sich um eine damals nicht allgemein eingeführte Neulandmethode. Nach einem weiteren ärztlichen Aufklärungsgespräch stimmte die Patientin dem Eingriff zu. In der Folgezeit litt die Patientin an einer Dyspareunie und einer restlichen Harninkontinenz. Innerhalb eines Jahres unterzog sie sich fünf weiteren Operationen, bei denen weite Teile des Netzgewebes entfernt wurden. Danach verblieben persistierende Schmerzempfindungen. U. a. mit der Begründung, unzureichend über alternative Behandlungsmethoden und Risiken der Neulandmethode aufgeklärt worden zu sein, reichte die Patientin Klage ein. Das Gericht gab der Patientin Recht und sprach ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zu.

    Entscheidungsgründe

    Nach Auffassung der Richter war der Eingriff rechtswidrig, weil die Patientin vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt wurde. Zwar sei die Patientin neben der Neulandmethode auch über ein standardisiertes, klassisches Operationsverfahren aufgeklärt worden. Die Aufklärung über die Neulandmethode sei allerdings unzureichend gewesen: Die Ärzte hätten die Patientin nicht ausreichend auf die seinerzeit noch nicht abschließend bekannten Risiken der neuen Methode hingewiesen. Das OLG Hamm bewertete die Aufklärung insofern als mangelhaft, obwohl die Methode in zwei (!) Aufklärungsbögen ausdrücklich als „neues Operationsverfahren“ herausgestellt worden war.