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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Vorsicht Falle: Ein bindendes Angebot kann ein privates Veräußerungsgeschäft auslösen

    | Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft über Grundstücke liegt vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG). Nachfolgend wird geprüft, ob das Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags schon als Veräußerung i.S. des § 23 EStG gewertet werden kann. |

    1. Sachverhalt

    A ist seit Ende 2005 Eigentümer eines fremd vermieteten Einfamilienhauses. Da sich der Immobilienmarkt gut entwickelt hat, möchte er die Immobilie an B gewinnbringend veräußern. Würde der notarielle Kaufvertrag jedoch noch in 2015 abgeschlossen, wäre sein Gewinn nach § 23 EStG einkommensteuerpflichtig. Er fragt seinen Steuerberater nach Lösungsmöglichkeiten. Dabei wird insbesondere thematisiert, inwiefern ein bindendes Angebot als Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG angesehen werden kann.

    2. Lösung

    Das Angebot auf Abschluss des Kaufvertrags bedarf der Annahme, damit der Verkauf zustande kommt. Selbst wenn sich der Verkäufer gebunden hat, so ist doch offen, ob der Verkauf tatsächlich wirksam wird, solange nicht auch der Käufer gebunden ist und frei entscheiden kann, ob er den Vertrag annehmen möchte. Damit löst ein (bindendes) Angebot auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrags innerhalb der Spekulationsfrist grundsätzlich kein privates Veräußerungsgeschäft aus (BFH 23.9.66, VI 147/65).

     

    Ausnahmsweise kann das Angebot allerdings doch schon als Veräußerungstatbestand i.S. des § 23 EStG angesehen werden, wenn sich die spätere Annahme des Angebots als juristische Formalität ohne wirtschaftliche Eigenbedeutung herausstellt. Dies muss jeweils nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden.

     

    Indizien für ein Veräußerungsgeschäft können sein:

     

    • Durch das Angebot wird rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen, wie sie auch aufgrund eines Verkaufsvertrags gegeben ist.

     

    • Das Angebot ist für den Verkäufer bindend, sodass er rechtlich nicht mehr in der Lage ist, von seinem Angebot zurückzutreten oder es zu widerrufen.

     

    • Der Steuerpflichtige tut über die Abgabe des Kaufangebots hinaus bereits alles, was er als Verkäufer zu tun hat. Dies schließt die zur Eigentumsübertragung erforderlichen Erklärungen ein, wie z.B. die Auflassung oder die Bewilligung der Eintragung einer Vormerkung zugunsten des potenziellen Käufers.

     

    • Der potenzielle Käufer kann die Immobilie bereits in Besitz nehmen (z.B. als Mieter) und muss die Lasten tragen, auch wenn er zivilrechtlich (noch) nicht Eigentümer ist.

     

    • In zeitlicher Nähe zum Angebot fließen Zahlungen an den Verkäufer, die auf den späteren Kaufpreis angerechnet werden.

     

    Damit das Kaufangebot bereits wirtschaftlich einer Veräußerung gleichsteht, reicht es nicht aus, wenn lediglich ein Merkmal erfüllt ist. Aus der Rechtsprechung ist ersichtlich, dass stets mehrere dieser Punkte gleichzeitig vorliegen müssen, damit ein Veräußerungsgeschäft realisiert wird. Insbesondere die Inbesitznahme des Grundstücks durch den potenziellen Erwerber und die Lastentragung vor dem Eigentumsübergang sind ein starkes Indiz (BFH 7.8.70, VI R 166/67).

     

    PRAXISHINWEIS | Gegen ein Veräußerungsgeschäft spricht, dass das Angebot erst ab einem bestimmten Zeitpunkt angenommen werden kann. Denn dies zeigt, dass der potenzielle Verkäufer jedenfalls vor diesem Stichtag nicht veräußern möchte (BFH 7.8.70, VI R 166/67).

     

    Ergebnis: A kann dem B ein notariell beurkundetes Verkaufsangebot machen, welches B frühestens Anfang 2016 - also nach Ablauf der Spekulationsfrist - annehmen kann. Auf eine vorzeitige Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums sollte A jedoch verzichten.

    3. Exkurs: Verkauf unter aufschiebender Bedingung

    Der BFH (10.2.15, IX R 23/13) hat jüngst klargestellt, dass die Zehnjahresfrist mit einer aufschiebenden Bedingung nicht ausgehebelt werden kann. Im Urteilsfall veräußerte ein Steuerpflichtiger ein ehemaliges Eisenbahngrundstück. Der Verkaufsvertrag wurde kurz vor Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist abgeschlossen und stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass die zuständige Behörde das Grundstück von Bahnbetriebszwecken freistellt. Diese Freistellung wurde nach Ablauf der Zehnjahresfrist erteilt.

     

    Der BFH entschied, dass das Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG bereits mit Vertragsabschluss verwirklicht wurde. Denn ein nach § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft ist für die Parteien bindend. Sie können die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen. Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung ist für die Besteuerung nach § 23 EStG insoweit unerheblich.

     

    PRAXISHINWEIS | Was bei der betreuungs-, nachlass- oder familiengerichtlichen Genehmigung gilt, ist derzeit noch ungeklärt. Hier ist der noch innerhalb der Spekulationsfrist geschlossene Vertrag schwebend unwirksam und die Vertragsparteien sind nicht gebunden. Nach Trossen (NWB 15, 1223) spricht dies grundsätzlich gegen ein privates Veräußerungsgeschäft, da regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt der Genehmigung alle Folgerungen aus dem bisher schwebend unwirksamen Vertrag gezogen werden können.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 157 | ID 43473730

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