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  • · Fachbeitrag · Akteneinsicht

    Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung

    • 1.Hält ein Tatrichter die Einsicht in die Bedienungsanleitung eines Messgeräts für erforderlich, so kann ein Freispruch des Betroffenen nicht damit begründet werden, dass die Verwaltungsbehörde die Herausgabe des Originals oder einer Ablichtung der Bedienungsanleitung unter Berufung auf urheberrechtliche Bedenken verweigert.
    • 2.Die Verwaltungsbehörde ist gem. § 71 Abs. 2 Nr. 2 OWiG verpflichtet, 
einem Ersuchen des Tatrichters um Übersendung einer Bedienungsanleitung nachzukommen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht eine Beschlagnahme und dafür auch eine Durchsuchung bei der Behörde anordnen.
    • 3.Das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers nach § 147 StPO umfasst nicht die Bedienungsanleitung für das Messgerät, wenn diese nicht bereits 
Aktenbestandteil geworden ist.

    (OLG Celle 26.3.13, 322 SsBs 377/12, Abruf-Nr. 132800)

     

    Praxishinweis

    Der erst jetzt bekannt gewordene OLG-Beschluss behandelt Fragen, die die Rechtsprechung betreffend die Fragen der Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung in den vergangenen Monaten verschiedentlich beschäftigt haben. Ihm ist teilweise zuzustimmen, teilweise aber auch zu widersprechen:

     

    • Folgen kann man dem OLG, wenn es das AG an seine Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) erinnert und die Erfüllung von ggf. durchzuführenden Maßnahmen anmahnt. Dabei wird es die Verwaltungsbehörden und auch die Hersteller der Messgeräte wenig freuen, dass das OLG auf die Möglichkeit von Durchsuchung und Beschlagnahme bei der Verwaltungsbehörde verweist. Soweit ersichtlich hat das bisher noch kein OLG getan.

     

    • Positiv ist auch der Hinweis des OLG auf § 45 UrhG zu sehen und die damit begründete Auffassung, dass das Urheberrecht des Herstellers der Einsicht in die Bedienungsanleitung nicht entgegensteht. Das ist dann inzwischen wohl h.M. (s.a. Cierniak zfs 12, 664, 675; Burhoff VA 13, 51; KG VA 13, 51).

     

    • Nicht zutreffend sind m.E. die Ausführungen des OLG zum Umfang der 
Akten. Denn das OLG setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob nicht der Anspruch auf ein faires Verfahren es gebietet, die Bedienungsanleitung beizuziehen, wenn sie sich nicht bei der Akte befindet (so z.B. Cierniak zfs 12, 664). Und ebenfalls nicht zutreffend ist das vom OLG angeführte „Black-Box-Argument“, wonach es für die Verwertbarkeit der Messung nicht darauf ankommen soll, ob man die Funktionsweise des Messgerätes kennt (ebenso OLG Zweibrücken VA 13, 10; OLG Zweibrücken 15.4.13, 1 SsBs 14/12, Abruf-Nr. 132384; OLG Hamm VA 13, 118; a.A. AG Landstuhl VA 12, 136).

     

    Weiterführender Hinweis

    • zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren siehe Burhoff, VA 13, 125 und VA 13, 51 (mit Checkliste und Rechtsprechungsübersicht)
    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 176 | ID 42286241