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· Fachbeitrag · Sozialrechtsverfahren

Übergangener Beweisantrag: Beschwerde muss substanziiert begründet werden

| Wirft eine Partei dem Gericht vor, nicht ausreichend i. S. d. § 103 SGG aufgeklärt zu haben, muss sie dies genau begründen. Ein Verfahrensmangel liegt nur vor, wenn einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt wird. Das BSG nennt fünf Punkte, die eine Beschwerdebegründung enthalten muss ( 6.9.17, B 5 R 51/17 B, Abruf-Nr. 197318 ). |

 

1. Sachverhalt

Das LSG Bayern hatte eine vom Kläger begehrte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt und seine Berufung zurückgewiesen. Die Revision ließ es nicht zu, sodass der Kläger Beschwerde beim BSG einlegte. Er berief sich auf Verfahrensfehler und trug vor, dass LSG hätte zwei von ihm gestellten Beweisanträgen nachgehen und Beweise erheben müssen. Das BSG verwarf die Beschwerde.

 

2. Entscheidungsgründe

Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde ein Verfahrensmangel vorgetragen, müssen zunächst die (vermeintlich) begründenden Tatsachen substanziiert vorgetragen werden. Wenn ‒ wie hier ‒ gerügt wird, dass die gerichtliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt wurde, muss die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthalten:

 

Checkliste / Das muss die Beschwerdebegründung bei übergangenem Beweisantrag enthalten

  • Der für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbare Beweisantrag, dem das LSG nicht gefolgt ist, muss bezeichnet werden.
  • Die Auffassung des LSG ist wiederzugeben, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen.
  • Die von dem Beweisantrag berührten Tatumstände sind darzulegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten.
  • Das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme muss genannt werden.
  • Es ist zu genau zu schildern, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann. Das Gericht hätte also zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gekannt hätte.
 

Diese Punkte waren nicht erfüllt. Der Kläger habe die Tatsachen, aus denen sich der vom Gericht verkannte Aufklärungsbedarf ergibt, nicht ausreichend dargetan. Der Kläger gebe die vom LSG aufgeführten ärztlichen Befunde und Gutachten aus den Jahren 2006 bis 2008 wieder, ohne einen sich daraus aus der Sicht des Tatsachengerichts konkret ergebenden Bedarf zu begründen, warum weiter aufzuklären sei. In einem Rentenverfahren wie hier muss der Beweisantrag präzise darauf gerichtet sein, welche dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen das verbliebene Leistungsvermögen beeinflussen.

 

3. Relevanz für die Praxis

Verlangt der Bevollmächtigte, dass das Gericht sich den Gesundheitszustand seines Mandanten intensiver anschaut, muss er erklären, warum und auf welchem medizinischen Gebiet und inwieweit das Gericht bisher unzureichend aufgeklärt hat. Ferner kann auch ein Gutachten nach § 109 SGG beantragt werden. Dabei muss der Bevollmächtigte stets das sich dann stellende Kostenrisiko berücksichtigen.

 

 

Grundsätzlich ist schon aus Kostengründen anzustreben, dass das Gericht umfassend im Rahmen des § 103 SGG aufklärt. Daher ist auch der möglichst detailliert ausgefüllte Fragebogen des Gerichts mit allen bisher behandelnden Ärzten und Kliniken besonders wichtig. Der Mandant ist darauf hinzuweisen, den obligatorischen Fragebogen genauestens auszufüllen.

 

MERKE | Der Gutachter bewertet den Gesundheitszustand, schlussendlich entscheiden aber die Richter, ob die Ergebnisse einen Rentenanspruch stützen (Art. 92 HS. 1 GG). Entscheidender Inhalt eines Beweisantrags ist eine behauptete, bestimmte entscheidungserhebliche Tatsache und stützende Beweismittel. Als Beweisthema oder -antrag darf aber dem ärztlichen Sachverständigen nicht die Frage zugewiesen werden, ob die Klage begründet ist.

 

Weiterführende Hinweise

  • Befangenheit: In diesen Fällen kann ein Gutachter abgelehnt werden, SR 17, 41
  • Wenn das Gericht dem Gutachter Fristen setzt..., SR 17,78
Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 184 | ID 44939623