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· Fachbeitrag · Krankengeld

So ist der Zeitraum zwischen Krankengeldbezügen zu berechnen

| Erkrankt ein Mandant nach ausgeschöpftem Krankengeld erneut an gleicher Krankheit, müssen zwischen Krankengeldablauf und neuer Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate liegen. Diese Frist muss aber nicht durchgehend vor der neuen Arbeitsunfähigkeit liegen, sagt das LSG Hessen. Zudem muss die Krankenkasse inhaltlich auf eine attestierte Arbeitsunfähigkeit eingehen, wenn sie Krankengeld ablehnt. |

 

Sachverhalt

Die 59-jährige Klägerin war über lange Zeiträume arbeitsunfähig erkrankt. Sie schöpfte zunächst aufgrund chronischer Schmerzen, einer Angststörung und Depression bis zum 15.3.15 den 78-wöchigen Anspruch auf Krankengeld aus. Es schloss sich der Bezug von Arbeitslosengeld als auch eine stationäre Behandlung an. Anschließend kam es zu zahlreichen Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen verschiedener Erkrankungen. Im weiteren Verlauf gewährte die beklagte Krankenkasse weitere Krankengeldzahlungen bis zum 30.9.15.

 

Das SG Darmstadt erkannte auf die Klage der Klägerin, dass ihr Krankengeld bis zum 9.10.15 zu gewähren sei. Ihre Berufung hatte Erfolg, das LSG Hessen sprach ihr Krankengeld über den 9.10.15 bis zum 12.2.16 zu (23.7.20, L 1 KR 638/18, Abruf-Nr. 217996). Das LSG entschied zum einen, dass eine Versicherte nicht einfach wieder arbeitsfähig ist, nur weil hiervon „auszugehen“ sei. Ferner sei die gesetzlich vorgeschriebene Zeit, die zwischen Ablauf des Krankengeldbezugs und der erneuten Arbeitsunfähigkeit liegen muss, auch erreicht worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beklagte hatte sich auf ihren MDK bezogen, der nicht auf die diagnostizierte Arthritis einging und lediglich einen OP-Bericht zitierte, nachdem „die chirurgische Diagnose Ende August/Ende September nicht mehr führend und arbeitsunfähigkeitsbegründend“ gewesen sei. Da die Arthritis ärztlich festgestellt und insoweit Krankengeld bis 30.9.15 gezahlt worden war, konnte das LSG nicht nachvollziehen, warum die Erkrankung plötzlich nicht mehr vorliegen sollte. Zudem erläuterte das Gericht, was beim Sechs-Monats-Zeitraum (§ 48 Abs. 2 SGB V) zu berücksichtigen ist (vgl. Grafik).

 

Relevanz für die Praxis

Viele Anwälte haben Mandanten, die bereits mehrfach Krankengeld wegen derselben Diagnose bezogen haben.

 

PRAXISTIPP | Ist aufgrund der gesundheitlichen Situation damit auch künftig zu rechnen, sollte dringend empfohlen werden, Krankengeldbescheide und AU-Bescheinigungen aufzubewahren. Häufig müssen zahlreiche Beginn- und Enddaten von Bescheinigungen, Bescheiden oder Arztberichten geprüft werden, sodass Sie auf die entsprechenden Unterlagen zugreifen können müssen.

 

Dabei müssen Sie darauf achten, dass die Krankenkasse auch unterbrochene Zeitabschnitte bei der Sechs-Monats-Frist einbezieht.

 

Musterformulierung / Textbaustein für Mandantenschreiben

Bitte bewahren Sie unbedingt Kopien Ihrer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und von Bescheiden Ihrer Krankenkasse auf! Hiervon hängt ab, dass wir später prüfen können, ob die Krankenkasse richtig gerechnet und mit korrekten Daten gearbeitet hat. Davon kann abhängen, ob Sie erneut Krankengeld für weitere Monate erhalten oder nicht.

 

Häufig geht der Krankengeldanspruch auch verloren, weil der erkrankte Mandant nicht rechtzeitig beim Arzt war, um sich eine Folgebescheinigung ausstellen zu lassen. Das BSG hat insoweit jüngst erklärt, dass es nicht die Schuld des Patienten ist, wenn ein rechtzeitiger Termin auf Wunsch des Arztes bzw. seines Personals verschoben wird. Etwa, weil man dort davon ausgeht, dass auch ein späterer Termin genügt, da eine AU-Feststellung auch rückwirkend möglich ist (26.3.20, B 3 KR 10/19 R). Erfolgt die AU-Bescheinigung dann doch zu spät, hat Ihr Mandant alles getan, um rechtzeitig eine Folgebescheinigung zu erhalten.

 

Weiterführende Hinweise

  • Wird Rente bezogen, besteht kein Anspruch auf Krankengeld, SR 20, 145
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: BAG zur Einheit des Verhinderungsfalls, SR 20, 101
Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 166 | ID 46855966